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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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großer Gelassenheit wie möglich führte er seinen Gefangenen durch die Menge ab. Einige seiner Männer hakten sich unter, um ihm freien Durchgang zu verschaffen.
    »Nein, nein, Cotys war Theopompus’ Chef. Cotys«, jammerte das Mädchen, »hätte Theopompus niemals umbringen lassen!«
    Rubella blieb stehen. Cotys wurde immer noch mit brutalem Militärgriff festgehalten. Welche Art Zenturio Rubella auch gewesen sein mochte, Rekruten mit einem sanften Gutenachtlied in ihre Feldbetten zu bringen hatte nicht dazugehört. »Hör dir das an!«, staunte Rubella, an Cotys gewandt, nur wenige Zoll vom Gesicht des Piraten entfernt. »Die kleine Prinzessin sagt, du hättest das nicht tun können, weil du der Chef des Toten warst. Ist das nicht süß?« Dann drehte er Cotys um, schob ihn vor sich her und marschierte eilig los. Über die Schulter rief der Tribun zurück: »Klären Sie sie auf, Falco! Nehmen Sie sie für ein Plauderstündchen mit, und passen Sie auf sie auf.« Er meinte, bring das Mädchen so schnell wie möglich von den restlichen Illyriern weg.
    Die Aufgabe war nicht leicht. Männer, an die ich mich von der Liburne erinnerte, umringten Rhodope jetzt mit deutlicher Absicht. Petronius, stets wachsam, übergab seinen Gefangenen zwei Vigiles und bewegte sich auf uns zu. Sogar die Frauen drängten vorwärts und funkelten Rhodope wütend an. Geistesgegenwärtig wie immer versuchten Helena und Albia das Mädchen eilends von ihnen fortzuziehen.
    Rhodope war in Gefahr, war sich dessen aber überhaupt nicht bewusst. Den Illyriern war klar, dass sie über ihre Entführung aussagen, ja, sogar Namen nennen könnte. Sie konnte die Greifer identifizieren, die Theopompus in der Nacht abgeholt hatten, in der er ermordet wurde. Theopompus hatte ihr vielleicht alle möglichen Geheimnisse verraten. Selbst den Kilikiern ging die Gefahr allmählich auf. Die Illyrier, nun ohne Anführer, wuselten durcheinander, doch Cratidas und Lygon wechselten einen Blick und steuerten direkt auf Rhodope zu. Mit gezogenen Schwertern stellten Petro und ich uns ihnen in den Weg. »Lauf, Helena!«
    Vigiles waren an unserer Seite – offiziell unbewaffnet, doch plötzlich mit Stäben und Stangen ausgerüstet. Wir hätten die Kilikier aufhalten und der Tag hätte noch immer gerettet werden können. Aber Rhodope, eine gramerfüllte Jugendliche mit gewaltigen Gefühlen, war plötzlich eingefallen, dass sie die Bestattung ihres Geliebten zu leiten hatte.
    Sie machte sich von Helena und Albia los und durchbrach unseren Sicherheitskordon. Sie schubste Lygon aus dem Weg, indem sie ihm ihre brennende Fackel voll ins Gesicht schlug. Auf flinken Füßen wich sie Cratidas aus. Frauen zogen sich schreiend zurück. Männer kamen verblüfft herbei.
    »Ich habe ihn geliebt!«, kreischte Rhodope und flitzte zum Scheiterhaufen.
    Sie warf den tragbaren Altar um. Sie verfluchte den Priester, der entsetzt über die verhunzte Opferhandlung aufschrie. Sie drängte sich durch die auseinanderstiebenden Akolyten und schlüpfte an den Musikern vorbei (die schon bei vielen Bestattungen Ärger erlebt hatten und beiseitesprangen). Die gemieteten Klageweiber kreisten langsam um den Scheiterhaufen, der endlich richtig brannte, jammerten und rissen sich an den Haaren. Rhodope stieß sie weg, in der eindeutigen Absicht, sich auf die brennende Leichenbahre zu werfen.
    Ein aufgeweckter junger Flötist schlang ihr den Arm um die Taille. Als das verstörte Mädchen sich selbst zu verbrennen versuchte, packte er es wie ein ziemlich tolpatschiger Gott, der mit einer widerstrebenden Nymphe rauft, kurz bevor sie sich in einen Baum verwandelt. Sie schlug in seinen Armen wild um sich. Der Junge, der dick und eindeutig gutmütig war, schaltete auf stur und ließ nicht los. Ihre Hände griffen nach den blumengeschmückten Rändern des Scheiterhaufens. Der Flötenspieler zog an ihr. Rhodope kämpfte sich vorwärts, zerrte verzweifelt an den teuren Girlanden. Der Junge schleifte sie tapfer mit, und plötzlich stolperten sie beide rückwärts. Lange Schlangen ineinander verflochtener Lilien und Rosen wurden von der Bahre losgerissen und kamen mit ihnen. Dann neigte sich die Bahre. Zwei Beine knickten auf dem Scheiterhaufen ein, und die Bahre kippte um. Girlanden zerrissen. Die Bahre richtete sich wieder auf.
    Aber zuvor hatte sie Theopompus in die Senkrechte katapultiert, wo er kurz auf den Füßen stehen blieb, steif in Habtachtstellung. Seine Leiche wurde von den herrlichsten züngelnden

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