Das Geheimnis des Scriptors
hervorragend, und man nimmt an, dass sie es manchmal sogar mit der Doppelflöte probiert.«
Um die unflätigen Gedanken meiner Liebsten nicht noch weiter zu ermutigen, konzentrierte ich mich darauf, das Kleiderbündel zwischen einem Tempelportikus und dem Karren eines Steinmetzes hindurchzuquetschen, der sehr eng an der Häuserwand abgestellt war.
Erhitzt und müde, machten wir bei dem Haus halt, in dem Petronius und Maia untergekommen waren, und gestatteten Maia, uns Luft zuzufächeln und mit Minzetee zu erfrischen.
Wir waren gezwungen, mit dem Besitzer bekannt gemacht zu werden, der vorbeigekommen war, um die Aufstellung eines Brunnens zu überwachen. Dieser Brunnen bestand aus der Statue eines nackten jungen Dionysos. Während er das Weintrinken noch erlernte, benutzte der gutaussehende Gott (der, wie ich fand, mir als jungem Mann recht ähnlich sah) seinen Pimmel als Wasserspeier. Da der Hausbesitzer Bauunternehmer war, nahm ich an, dass dieses geschmackvolle Kunstwerk einem bedauernswerten Klienten abgenommen worden war. Vielleicht war es bei der Lieferung an den Weintrauben leicht beschädigt und daher als »Reklamation« zurückgegeben worden, ohne dass es eine Erstattung gegeben hatte.
Petros Wohltäter hieß Privatus und hatte einen schimmernden Kahlkopf, über den er lange Strähnen dünnen grauen Haars gekämmt hatte. Sie überlappten sich auf dem Schädel und schufen ein loses Gewirr falscher Locken, die beim kleinsten Windhauch verweht werden würden. Nicht besonders groß, war der Baulöwe knochig und X-beinig. Ich war Männern mit mehr Fleisch auf den Knochen begegnet, doch er roch nach gesellschaftlichem Ehrgeiz und dem Bewusstsein seines eigenen Erfolgs. Sie haben es erraten, er war mir nicht sympathisch.
Petronius war ausgegangen. Hochnäsig teilte Maia Privatus voller Vergnügen mit, dass ich ein Privatermittler sei und in Ostia nach einem vermissten Scriptor suche. Ich ziehe es vor, Schweigen über meine Aufträge zu wahren, bis ich einen neuen Bekannten einschätzen kann. Maia wusste das.
»Und wie beurteilen Sie Ihre Chancen, diesen Diocles zu finden?«, fragte Privatus. Eine redliche Frage. Ich versuchte mich im Zaum zu halten.
»Im Moment sieht es so aus, als käme ich nicht voran.« Ich klang liebenswürdiger, als ich mich fühlte.
»Marcus Didius ist zu bescheiden«, verkündete Helena loyal. »Er hat schon viele schwierige Fälle gelöst.«
Privatus wirkte nervös. Das passiert in solchen Fällen meist. »Und was ist Ihrer Meinung nach geschehen, Falco?«
»Das lässt sich in diesem Augenblick unmöglich sagen.«
»Wie geht ein Privatermittler – entschuldigen Sie übrigens, dass ich so viel frage –, wie gehen Sie vor, um eine vermisste Person zu finden, Falco?«
Die Leute stellen immer neugierige Fragen zu meiner Arbeit. Ich seufzte und machte mich daran, ihm den üblichen Senf aufzutischen: »Bevor ich Rom verließ, habe ich im Tempel des Asklepios nachgefragt, falls der Vermisste dort krank eingeliefert worden war – oder auf seine Bestattung wartete. Hier fragte ich Petronius Longus, ob der Mann aus irgendeinem Grund von den Vigiles verhaftet worden war – negativ –, und nun halten die Patrouillen nach ihm Ausschau. Sie müssten ihn entdecken, falls er in benebeltem Zustand herumläuft. Wenn er nur seine Unterkunft gewechselt hat, weil er seine Vermieterin nicht ausstehen konnte, wird meine Aufgabe viel schwieriger werden.«
»Klingt nach harter Arbeit«, rief der Baulöwe aus, ohne davon überzeugt zu sein.
Ich lächelte tapfer. »Haben Sie in Ostia von jemandem namens Damagoras gehört?«
Privatus tat, als dächte er nach. »Leider nicht, Falco.«
Ich hätte Privatus nach seiner Arbeit fragen sollen. Doch er hatte wahrscheinlich schon gehört, dass Ermittler schlechte Manieren haben. Sein Leben war vermutlich ein langer glücklicher Kreislauf aus Umbauten der Kais, wenn durch die Löcher, die er beim letzten Mal dringelassen hatte, Wasser einzusickern begann.
Helena und ich tranken rasch unseren Minzetee aus, dann brachte ich sie nach Hause. Sie vergaß die Notiztafeln nicht. Mit einigem Geschick gelang es mir, Diocles’ dreckige Wäsche zurückzulassen, die ich auf dem sauber gekehrten Marmorboden im Atrium von Privatus’ geschmackvollem Haus deponiert hatte.
VIII
A m nächsten Tag kehrte ich zur Unterkunft des Scriptors zurück – diesmal am Morgen. Mit etwas Glück würde die Vermieterin ausgegangen sein, und ich konnte ihren neuen Mieter bitten,
Weitere Kostenlose Bücher