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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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mir das Zimmer des Scriptors zu zeigen.
    Ich überließ Helena ihrer Aufgabe, alte Abschriften des Anzeigers zu lesen. Sie tat das in Anwesenheit unserer Töchter. Julia Junilla, letzten Monat drei geworden, konnte einen Aufruhr verursachen, dessen Niederwerfung den Einsatz der Stadtkohorten erforderte, wenn sie sich obstinat fühlte; im Augenblick spielte sie die Niedliche. Sie tat das stilvoll, und mein Herz schmolz. Sosia Favonia, eine kleine Range von nur vierzehn Monaten, stand nackt in ihrer Wiege, da sie inzwischen gelernt hatte, sich hochzuziehen, selbst wenn es schaukelte. Das nächste Kunststück: rauszufallen und sich den Kopf aufzuschlagen. Doch Albia hatte zur Schadensbegrenzung einen Läufer danebengelegt. Um lesen zu können, bediente sich Helena eines probaten Mittels. Sie gab ihnen ein neues Spielzeug (alle Puppen-, Ball-, Ring-, Pfeifen- und Holztiermacher in Rom kannten und verehrten uns), dann zog sie sich leise zurück, während die Kinder beschäftigt waren. So konnte sie sich in Ruhe auf ihre Schriftrollen konzentrieren, bis der nächste kreischende Streit ausbrach.
    Ich küsste die Mädchen. Sie beachteten mich nicht, daran gewöhnt, dass ich das Haus verließ. Manchmal schienen sie zu denken, ich sei nur der Lieferbursche des Gemüsehändlers. Nein, der wäre viel aufregender gewesen.

    Mit Nux, die mir zwischen den Beinen herumlief in dem Versuch, mich zum Stolpern zu bringen, kehrte ich zur Porta Marina zurück. Ein verdammt langer Weg, nur um festzustellen, dass der neue Mieter ausgegangen war. Deprimiert klopfte ich an der Tür der Vermieterin, und in diesem Moment zeigten die Parzen Mitleid mit mir. Sie war ebenfalls ausgegangen, und so lernte ich endlich ihren für sämtliche Funktionen einsetzbaren Sklaven Titus kennen. Dieser stupsnasige, narbengesichtige Bengel in einer locker sitzenden einschultrigen Tunika war bei vorherigen Besuchen von mir ferngehalten worden. Er war knallhart und gewitzt. Wie alle seines Standes kannte er seinen Wert für einen bedürftigen Mann ganz genau. Mit dem Hungerlohn, den mir die Scriptorlinge vom Anzeiger zahlten, würde man bei jemandem wie Titus nicht weit kommen, aber laut seiner Einschätzung war er einmalig. Also war das in Ordnung.
    Titus war derjenige, der das Zimmer ausgeräumt hatte, nachdem Diocles verschwunden war.
    »Gute Nachrichten. Nun verdien dir die klirrenden Münzen, die du mir gerade abgeluchst hast, Titus. Ich weiß, was Diocles angeblich zurückgelassen hat – ein paar getragene Tuniken und leere Notiztafeln. Jetzt erzähl mir, was sonst noch da war, und halt dich dabei nicht zurück.«
    »Soll das heißen, ich hätte was gestohlen?«, wollte Titus ungeduldig wissen. Immer begierig, bei einem Krawall mitzumischen, trottete Nux auf ihn zu und beschnüffelte ihn. Der Sklave beäugte sie mit einem sichtlich unbehaglichen Gefühl.
    »Dir stehen Vergünstigungen durchaus zu, junger Bursche.«
    »Tja, so sehe ich das auch.« Er beruhigte sich. Nux verlor das Interesse. »Er hatte noch zwei Tuniken – saubere. Da er nicht zurückkam, hab ich sie mir genommen.«
    »Auf dem Gebrauchtkleidermarkt verkauft?«
    »Ganz genau.«
    »Diocles war für den ganzen Sommer nach Ostia gekommen«, sinnierte ich. »Er wird hier ja nicht nur mit einem Rucksack und einem Päckchen Tintenfischklößen angekommen sein, aber selbst dann …«
    »Was wollen Sie damit sagen, Falco?«
    »Wo ist sein Rucksack hinmarschiert?«
    »Er hatte zwei. Hab einen guten Preis dafür bekommen.«
    »Waren sie leer?«
    »O ja.« Das klang wahr. Ich sah ihn durchdringend an. »Ich hab sie ausgeschüttelt, Falco.«
    »Und wo ist dann sein Geld geblieben?«
    Titus zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, ehrlich.« Ihn in dieser Hinsicht unter Druck zu setzen hatte keinen Zweck. Ich bemerkte, dass der Sklave nicht gefragt hatte: Welches Geld?
    »Wie viel Gepäck hatte er, als er ankam? Würdest du sagen, Diocles hätte was davon in eine andere Unterkunft bringen können?«
    »Was er mitgebracht hatte, blieb hier, als er abgehauen ist. Ein Hocker, anderes Zeug …«
    »Vergiss den Hocker!« Den hatte ich bereits. Der Klapphocker war wacklig, und ich hatte mir daran die Finger geklemmt. »Gab es eine Waffe?«, knurrte ich.
    »Nein, Herr!«
    Da stimmte aber was nicht. In Rom ist es gegen das Gesetz, Waffen zu tragen (was aber keinen davon abhält), doch wenn wir reisen, bewaffnen wir uns alle. Ich wusste von Holconius und Mutatus, dass Diocles immer einen Dolch bei sich trug

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