Das Geheimnis des Scriptors
anzuschauen. Zur Abwechslung waren die zwei kleinen Mädchen mal ganz still. Mein Schwager Aulus tat unbesorgt, als könnte er nichts für das, was auch immer passiert war. Er begrüßte mich mit einer schweigenden Grimasse und vertiefte sich dann wieder in eine Notiztafel. Von Nux war weit und breit nichts zu sehen. Alle schienen dankbar zu sein, dass ich heimgekommen war, um die Geschosse abzuwehren und meine Lieben zu retten.
Helena Justina schnitt weiterhin Lauch auf einem miesen Holzbrett, das wir mit der Wohnung übernommen hatten. Lauch ist eine Spezialität von Ostia. Mir war mein Lieblingsgericht versprochen worden. Es sah so aus, als würde Sand in den Lauchstangen bleiben. Absichtlich.
»Helena, mein Herzblatt! Soll ich noch mal rausgehen und zerknirschter wieder hereinkommen?«
»Willst du damit andeuten, dass irgendwas los ist, Falco?«
»Natürlich nicht, Liebste. Ich möchte es nur ganz deutlich machen, dass ich diese Schankkellnerin nicht angefasst habe, was auch immer das Mädchen behauptet, und wenn jemand eine tote Ratte im Rinnstein hat liegenlassen, dann war ich das nicht. Das ist absolut nicht meine Vorstellung von Humor.«
Helena holte lange und tief Luft und sah von ihrem Schneidebrett mit einem Blick auf, der mir bedeutete, sie nähme die Sache mit der Schankkellnerin durchaus ernst. Vielleicht war der Witz doch zu riskant gewesen.
Sie hielt immer noch das Messer in der Hand. Mir wollte keinerlei Grund für ein schlechtes Gewissen einfallen, und so schwieg ich und schaute nur demütig. Nicht zu demütig. Helena war leicht zu reizen.
Sie hatte die Luft angehalten und ließ sie jetzt ganz langsam wieder raus. »Niemand sollte wegen seiner Familie getadelt werden«, verkündete sie.
»Aha!« Es ging um einen meiner Verwandten. Kein Wunder. Ich hätte die Möglichkeiten im Kopf durchgehen können, aber es gab viel zu viele.
»Deine Schwester war da«, sagte Helena, als hätte das nichts mit der Atmosphäre zu tun.
»Maia?« Allia oder Galla erwähnte ich nicht mal. Die zwei waren nutzlose Trutschen, die ständig was borgen wollten, aber zum Glück wohlbehalten in Rom verweilten.
»Junia.«
Ach je. Junia war zurückgekommen. Typisch. »Was auch immer sie getan oder gesagt hat, ich entschuldige mich für sie, Liebste.«
»Es war nicht das, was sie getan hat«, knurrte Helena, meine sanfte, tolerante, diplomatische Partnerin. »Es liegt nie an dem, was Junia tut. Es liegt daran, was sie verdammt noch mal ist. Wie sie hier in ihren geschniegelten Sachen sitzt, mit ihrem sorgfältig ausgewählten Schmuck und ihrem zappelnden Sohn in seiner sehr sauberen Tunika und ihrem sabbernden Hund, der überall rumschnüffelt, und ich kann nicht mal genau sagen, was dazu führt, aber vielleicht bringt mich ihr banales Geschwätz und selbstgefälliges Gehabe dazu, dass ich einfach nur noch schreien möchte!«
Jetzt fühlte sie sich besser.
Ich setzte mich und nickte mitempfindend. Helena schnippelte weiter. Für ein Mädchen, das dazu erzogen wurde, Küchen als Orte zu betrachten, die sie nur betrat, um Anweisungen zu Rezepten für Patrizierfestmahle zu geben, konnte sie inzwischen sehr geschickt mit scharfen Messern umgehen. Ich sah mich nach einem Tuch um, mit dem sich Blut stillen ließ, und beobachtete sie dann voller Vorsicht. Ich hatte ihr beigebracht, sich nach Möglichkeit nicht die Finger abzusäbeln, aber es schien am besten, sie nicht abzulenken, bis sie fertig war. Helena hatte wunderschöne lange Hände.
Nach einiger Zeit warf sie den Lauch in eine Schüssel mit Wasser, schwenkte sie zum Säubern herum, wischte das Messer ab, knallte einen Topf auf die Kochbank, die ich improvisiert hatte, blickte sich abwesend nach dem Olivenöl um und gestattete mir, es für sie zu finden. Ich langte nach dem Topfgriff. Sie entriss ihn mir. Ich trat höflich beiseite. Sie schubste mich wieder zurück und ließ mich das Kochen übernehmen. Aulus, mit beispiellosem häuslichem Gefühl, wuchs über sich selbst hinaus und schenkte einen Becher Rotwein ein, den er seiner Schwester formell in die Hand drückte.
Helena lehnte sich an den Tisch und nahm einen Schluck Wein. Ihre gerunzelte Stirn entspannte sich. Bald erzählte sie mir verdrießlich, dass Petronius am Morgen vorbeigekommen sei. Er habe in der Liste der Unerwünschten nachgesehen, die von den Vigiles geführt wurde, und keine Erwähnung eines Damagoras gefunden. Dann kamen wir zum Kern der Sache. Helena fügte hinzu, der Grund für Junias
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