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Das Geheimnis des Scriptors

Das Geheimnis des Scriptors

Titel: Das Geheimnis des Scriptors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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draußen auf dem Land, wo die Leute nach eigenen Regeln mit Fremden verfahren, weit weg von unseren Eseln und in der falschen Richtung unterwegs. Unsere Verfolger hatten uns nach wenigen Schritten eingeholt.
    Zuerst wurden wir von einigen Sklaven überwältigt. Ich befahl Gaius, sich nicht zu wehren. Rasch gab ich zu, unbefugt auf das Grundstück eingedrungen zu sein, und appellierte an ihren gesunden Menschenverstand. Ich konnte mich gerade noch vorstellen, als der Wütende herankam und uns zornig anblitzte. Seine Höflichkeit beschränkte sich auf das Minimalste. Ich kriegte eine gescheuert. Gaius Baebius erlitt das Schicksal der Törichten – er bekam eine reingehauen, wurde zu Boden geworfen und getreten. Dann beging er den Fehler, den Heckenschneider wegen Undankbarkeit zu beschimpfen – und bekam noch ein paar Tritte. Diesmal von dem Heckenschneider.
    Wir wurden zur Villa zurückgezerrt und irgendwo mit dem Kopf voran hineingestoßen. Als sich unsere Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, das durch einen Lüftungsschlitz über der Tür hereindrang, erkannten wir, dass wir in einem kleinen Lagerraum eingeschlossen waren.
    Eine Weile wollte ich nicht reden. Gaius Baebius sackte in sich zusammen und schwieg vorübergehend auch. Ich wusste, dass er sich zerschlagen, hungrig und verängstigt fühlen würde. Mir stand einiges an Nörgelei bevor, und nichts davon würde uns weiterhelfen.
    Ich war der Meinung, wenn sie uns hätten töten wollen, dann hätten sie das sofort getan. Aber es gab noch viele andere entsetzliche Dinge, die geschehen konnten.
    Obwohl Helena Justina ungefähr wusste, wohin wir hatten gehen wollen, würde es noch einige Zeit dauern, bevor ihr klarwurde, dass wir in Schwierigkeiten stecken mussten. Dann würden wir darauf warten müssen, dass sie Petronius Longus alarmierte und er sich auf die Suche nach uns machte. Bald würde es zu dunkel dafür werden. Angesichts der Brutalität unseres Kerkermeisters war die Aussicht, über Nacht seine Gefangenen zu sein, nicht besonders reizvoll.
    Ich fragte mich, ob Diocles dasselbe passiert war. Wenn ja, könnte er noch hier sein. Aber irgendwie hielt ich es für wahrscheinlicher, dass der Scriptor längst fort war.
    »Marcus …«
    »Ruh dich aus, Gaius.«
    »Aber werden wir nicht zu fliehen versuchen?«
    »Nein.« Ich hatte mich nach Möglichkeiten umgesehen, konnte aber keine entdecken.
    »In Ordnung. Dann greifen wir sie das nächste Mal an, wenn jemand kommt?«
    Auch daran hatte ich gedacht, würde aber Gaius nicht vorwarnen, damit er die Sache nicht vermasselte. »Wir können nichts tun. Versuch deine Energie zu sparen.«
    Wir lagen in der zunehmenden Dunkelheit und bemühten uns, anhand des unbestimmten beunruhigenden Geruchs festzustellen, was vor uns in diesem Lagerraum aufbewahrt worden war. Gaius Baebius stöhnte, als ihm unsere hoffnungslose Lage bewusst wurde. Dann veranlassten Gewissensbisse den lächerlichen Ehemann meiner Schwester zu einem Geständnis. Er hatte eine sehr wichtige Tatsache über diese Villa und ihren Besitzer für sich behalten.
    »Mir wurde etwas Merkwürdiges über Damagoras mitgeteilt … Ist jetzt der richtige Zeitpunkt, es zu erwähnen?«
    »Gaius, wenn du mir etwas Wichtiges zu sagen hast, hättest du das längst tun sollen. Spätestens, bevor wir über sein Tor geklettert sind, würde ich meinen. Was weißt du über diesen Mann?«
    »Mir wurde gesagt, er sei ein Pirat im Ruhestand.« Gaius war vernünftig genug, diese Aussage so stehenzulassen und mich nicht weiter zu reizen.

XV
    F ackeln kündigten an, dass jemand kam. Kein schweinischer Pirat in theatralischen Gewändern, die Zähne wild im flackernden Licht gefletscht. Stattdessen schwang die Tür vor einem hochgewachsenen, dickbäuchigen älteren Mann auf, gekleidet in eine saubere weiße Tunika im römischen Stil und begleitet von zwei adretten Haussklaven. Ich hätte ihn für einen Bankier im Ruhestand gehalten. Er roch nach Geld, und damit meine ich nicht nur, dass er in einem regelrechten Palast mit Meeresblick wohnte. Er war selbstsicher – und sehr sicher, dass er uns verabscheute.
    Wir lagen auf dem Boden, Gaius aus Bequemlichkeitsgründen gegen mich gelümmelt. Unfähig, ihn rechtzeitig beiseitezuschubsen, um den Neuankömmling anzuspringen, blieb ich, wo ich war. Inzwischen äußerst deprimiert und bedrückt, folgte Gaius meinem Beispiel.
    »Wer sind Sie?«, fragte der Mann kurz angebunden, während er uns anstarrte. Er hatte einen starken

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