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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette Lühmann
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Schultern, die sie als Schleppen drapiert hatten. Matthijs, der Claas auf den Stoff trat, das Kichern der beiden, als sie stolperten und die letzten beiden Stufen hinunterkullerten. Fröhliches Kreischen, als sie unten auf dem Boden lagen. Nik erinnerte sich an den Riss in dem Stoff und daran, wie sie die Treppe flüsternd wieder hinaufgerannt waren, um das Missgeschick zu verbergen. Er sah seinen Vater vor sich, der am Tag ihres Todes den Stoff unter ihren Betten gefunden und in seiner Trauer verbrannt hatte.
    Wie konnte er das alles vergessen haben?
    »Gibt es auch einen Tuchmacher bei Euch?« Nik erschrak über den Klang seiner eigenen Stimme. Sie hörte sich fremd an.
    Gustav sah Nik überrascht an. »Ja, aber er ist nach Flandern gegangen. Er wollte nicht mit uns in Amsterdam leben.«
    »War er vorher in London?«
    Gustav nickte. »Wir sind seit fast zwanzig Jahren zusammen und helfen uns gegenseitig, Außergewöhnliches zu erschaffen.« Ein bisschen Stolz schwang in seiner Stimme mit und er saß etwas aufrechter da als vorher. Doch als sein Blick Ellies Gesicht streifte, fiel er wieder in sich zusammen. »Ich wusste es«, flüsterte er.
    »Was?«, fragte Ellie scharf.
    »Ich wusste es. Conrad hat einen Lehrling nach dem anderen verloren und fieberhaft nach dem Grund gesucht. Wir hatten den gleichen Verdacht.«
    »Du wusstest es und hast ihm nicht geholfen«, stellte Ellie leise fest.
    »Wir wollten doch nur etwas Besonderes erschaffen und es all denen zeigen, die uns immer davon abhielten, nach dem zu suchen, was eigentlich unmöglich war. Und als wir endlich die Formel gefunden hatten, mit der wir unsere Liebe, unsere Jugend oder unsere Schönheit in unsere Kunstwerke hineinweben konnten, begannen die Unfälle, die plötzlichen Krankheiten und verheerenden Brände. Langsam wuchs der Verdacht in mir …« Er schluchzte. »Es tut mir leid, es tut mir leid. Ich träume von Conrad und den anderen … Ich kann nicht mehr schlafen, Elisabeth. Ich kann nicht mehr schlafen … Es tut mir leid, es tut mir alles furchtbar leid.«
    Ellie drehte sich angewidert um und ging nach draußen in die kühle Nacht.
    Gustav sank schluchzend nach vorn und wiegte sich vor und zurück wie ein kleiner Junge.
    Nik sah, wie Benthe und Luuk die Werkstatt verließen und zu Ellie auf die Straße traten. Doch er konnte noch nicht gehen. »Können wir die anderen aufhalten?«, fragte Nik hoffnungsvoll.
    Gustav sah ihn nicht an. Er wimmerte und hielt den Blick auf das Stroh gerichtet, mit dem seine Werkstatt ausgestreut war.
    Nik wusste nicht, ob er ihn verstanden hatte. »Können wir die anderen aufhalten?«, versuchte er es etwas lauter.
    »Nein.« Gustav sah Nik ins Gesicht. Seine Stimme klang jetzt fest und beherrscht. Er schüttelte den Kopf. »Sie glauben mir nicht. Ich habe versucht, meinen Verdacht zu erklären, aber niemand hat mir geglaubt. Heinrich hat … Sie sagten, es sei Zufall. Feuer und Pest hätte es in der Stadt auch schon gegeben, als wir noch in Halle waren und versucht haben, verbotene Bücher aus dem Orient zu schmuggeln.« Dann wiegte er seinen Oberkörper wieder vor und zurück.
    Nik wartete. Gustav sagte nichts mehr.
    »Wie heißt der Tuchmacher?«, fragte Nik.
    Er wagte nicht, den Glaser zu berühren. Er schien in einen Zustand zwischen Wachen und Schlafen gefallen zu sein.
    »Wie ist der Name des Tuchmachers?« Nik hatte lauter gesprochen, doch Gustav reagierte nicht. Er summte eine seltsame, misstönende Melodie und schaukelte vor und zurück.
    »Habt Ihr eine Kugel?« Nik wartete nicht auf die Antwort des Glasers, sondern stand auf und durchsuchte im Schein der Kerzen die Werkstatt nach einem Kunstwerk. Enttäuscht ging er nach draußen zu den anderen, nachdem er in allen Regalen und Schränken nur Zutaten in bunten Gefäßen und Schachteln gefunden hatte.
    Ellie liefen Tränen über die Wangen. Benthe hielt ihre Hand und Luuk hatte ihr unbeholfen den Arm um die Schultern gelegt.
    Nik betrachtete die drei und spürte einen spitzen Stich in der Brust, weil er untätig danebenstehen musste, während die anderen sich um Ellie kümmerten.
    »Dafür wird er bezahlen«, sagte sie plötzlich mit harter Stimme und schüttelte die tröstenden Hände ab.
    »Gustav?« Nik konnte sein Entsetzen nicht verbergen. Der Mann war kaum mehr ein Schatten seiner selbst. Wie konnte sie so viel Abscheu und Hass in ihre Stimme legen?
    »Ja, der auch.« Ellie fuhr sich mit dem Ärmel über das feuchte Gesicht. »Aber zuerst

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