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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette Lühmann
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Monaten beängstigend fremd geworden war.
    Dabei stolperte er über den matten Körper eines Mädchens und fiel der Länge nach auf den Boden. Er rappelte sich auf und drehte sich um. Er war über das Bein eines Mädchens gefallen, das hinter dem Herd zusammengebrochen war.
    Gustav legte den Arm um ihre Fesseln und zog sie an den Füßen zu den beiden anderen. Er befühlte ihre Stirn, die ganz heiß war, weil sie so dicht am Ofen gelegen hatte. Ihr Gesicht war übersät mit braunen Altersflecken. Er hatte in seinem ganzen Leben noch nie ein älteres Gesicht gesehen.
    Gustav fröstelte. Er ging auf den Ofen zu und suchte den Boden ab. Hinter Heinrich lehnten zwei weitere Mädchen mit dem Rücken an der Wand.
    »Heinrich«, flüsterte Gustav noch einmal. Doch der Spiegelmacher beachtete ihn nicht. Leise vor sich hin murmelnd, schwenkte er die Kolben.
    Als sich endlich die Dämmerung über die Stadt senkte, machten sich Ellie, Nik, Benthe und Luuk auf den Weg zu Gustavs Werkstatt. Sie hatten am Nachmittag stundenlang gestritten, wer gehen sollte. Irgendwann hatten sie beschlossen, sich gemeinsam durch die Stadt zu schlagen.
    In dieser Nacht lagen die Straßen nicht verlassen da. Viele Menschen waren unterwegs, um die Glut zu betrachten, die eine ganze Straße ausgelöscht hatte. Der Geruch von verbranntem Holz und berstenden Steinen lag in der Luft.
    Nik fühlte sich elend. Er sah immer wieder zu Ellie und wünschte, er könnte ihre Gedanken lesen. Hatte sie auch ein schlechtes Gewissen, weil sie das Unglück zu den Menschen gebracht hatten?
    Sie beobachtete aufmerksam die Gegend und stieß die anderen in einen Häusereingang oder hinter ein Fuhrwerk, wenn sie Geräusche hörte. Auf diese Weise waren sie allen Begegnungen ausgewichen.
    Nik seufzte. Er wandte den Kopf und betrachtete Benthe. Ihr Gesicht war ein offenes Buch und zeigte jedes ihrer Gefühle. Vielleicht verstand er sie auch nur besser, weil er sie schon sein ganzes Leben lang kannte.
    Als sie in die Gegend kamen, in der Benthe und er damals die Kutsche aus den Augen verloren hatten, lächelte ihn Benthe müde an. Nik dachte an den Anfang ihres Abenteuers. Damals hatte die Neugier sie durch die Straßen getrieben, doch mittlerweile war es die Angst um das eigene Leben und das Wohlergehen derer, die ihnen am Herzen lagen.
    Luuk zeigte auf das Schild eines Glasers, das am Ende der Straße müde im Wind schaukelte. Nik lehnte sich keuchend gegen eine Wand. Mit grimmiger Genugtuung sah er zu, wie auch Luuk stehen blieb und die Hände schnaufend auf die Rippen legte, wo ihn Niks Stiefel in der vergangenen Nacht getroffen hatten.
    Ellie kniete vor dem Schloss und wühlte in dem Beutel, den sie unter ihrem Hemd hervorgezogen hatte. Wieder hantierte sie völlig lautlos und wenige Augenblicke später schwang die Tür zur Werkstatt des Glasers mit einem leisen Quietschen auf.
    Es war eine klare Nacht, als die vier in die finstere Werkstatt spähten. Ellie drückte sich an den Jungen vorbei. Sie stolperte ein paar Schritte in den Raum hinein und blieb wieder stehen.
    Nik schüttelte den Kopf, doch niemand bemerkte es.
    Nach einer Weile gewöhnten sich seine Augen an das silberne Licht des Mondes, das sich durch ein paar schmutzige Fenster stahl und Umrisse von Schränken und Tischen erkennen ließ.
    Nik tastete sich an einem Regal entlang und stieß gegen kleine Gefäße. Es klirrte leise, doch sie fielen nicht zu Boden. Er hielt den Atem an. Dann griff er entschlossen in sein Hemd und zog einen Kerzenstummel heraus.
    »Wo suchen wir zuerst?«, fragte Benthe und drängte sich an ihm vorbei.
    Dabei fiel ihm das Zündholz aus der Hand, und er kniete sich auf den Boden, um es wieder aufzuheben.
    Jemand stieß gegen seinen Kopf und stolperte dann gegen seinen Rücken. Nik hörte den dumpfen Aufprall auf den Boden, Stroh raschelte und Luuk fluchte.
    »Scht«, machte Ellie. Sie griff nach Niks Arm.
    »Ich bin das«, zischte er. Er wollte sie abschütteln, um im Stroh weiter nach dem verlorenen Zündholz zu tasten, doch sie hielt ihn weiter fest. Seine Suche blieb erfolglos und so ließ er sich schließlich von ihr auf die Beine ziehen.
    »Verdammt«, stöhnte Luuk, und als er sich wieder aufrappelte, traf er Nik in der Kniekehle, sodass der gegen die Tür taumelte.
    »Was soll das?«, zischte er. Das musste doch Absicht gewesen sein! Schon wieder hatte er den unbändigen Wunsch, sich auf Luuk zu stürzen.
    »Du bist mir auf die Hand getreten«, donnerte Luuk. Er gab sich

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