Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)
Dachboden hinaufführte.
»Was ist dort oben?«, fragte er.
»Nur die Strohlager zum Schlafen.«
»Wollen wir nachsehen?«
Ellie antwortete nicht. Sie griff nach einem Stuhlbein, klemmte es unter den Arm und stieg die Leiter hinauf. Nik zögerte kurz, dann folgte er ihr.
Auf der Leiter rutschte er ab, als er auf eine schiefe Sprosse getreten war. Er biss sich auf die Lippen, um nicht zu schreien, denn das heiße Wachs der stummeligen Kerze war ihm über die Finger geflossen.
Als er oben ankam, krabbelte Ellie auf Händen und Knien zwischen den Strohsäcken herum, die auf dem Boden verteilt waren.
Nik blieb neben der Leiter stehen und sah sich um. Außer dem Stroh gab es nichts, worin man sich verstecken konnte. Das Dach war mit Holzbrettern verkleidet. Vielleicht hatte sich eine Maus durch eine Ritze gedrängt und krabbelte zwischen Strohdach und Holz entlang. Aber als er einen Schritt weiterging, fühlte er sich plötzlich beobachtet. Nik fuhr herum, doch außer ihnen beiden war niemand hier. Ellie kniete zwischen den Säcken und starrte auf die Leiter hinter ihm.
»Hast du etwas entdeckt?«, flüsterte Nik.
Ellie erhob sich. »Ich habe das Gefühl, dass jemand hier ist.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber das ist unmöglich.«
Niks Hand begann zu zittern. Er zwang sich, ruhig einund auszuatmen. Er wollte sich nicht noch einmal die Finger verbrennen.
Sie standen still da und starrten in die Dunkelheit.
Schließlich hob Nik ungeduldig die Kerze und Ellie nickte. Sie kletterten die Leiter wieder hinunter. Doch das seltsame Gefühl, in diesem unheimlichen Haus des toten Glasers nicht allein zu sein, wurde Nik nicht wieder los. Außerdem hatte er Angst vor dem zerschlagenen Glas, an das er bei jedem Schritt in der Werkstatt erinnert wurde, weil es unter seinen Stiefeln knirschte und zu immer feineren Scherben zerrieben wurde. Wenn die Tücher Fieber und Beulen verursacht hatten, konnte das Glas es vielleicht auch.
Ellie ging zu der Kommode und versuchte erneut, mit lautem Stöhnen und Zerren, die Schublade herauszuziehen. Nik bemühte sich, an etwas anderes zu denken, doch er konnte das ungute Gefühl nicht wieder abschütteln und wollte das Haus so schnell wie möglich verlassen. Kerzenwachs schwappte auf seine zitternde Hand. Nik fluchte leise und ging zu der Feuerstelle. Die Kerzenstummel waren heruntergebrannt und zu einem Talgklumpen verschmolzen, der nur noch einen kleinen Lichtkreis schuf. Zwei Schritte vom Kamin entfernt war es fast zu dunkel, um Ellie bei der Kommode zu erkennen. Nik kniete sich vor die Feuerstelle und suchte nach einem Span, den er an den Kerzen entfachen konnte, um den Weg zum Fenster zu erleuchten.
Als es hinter ihm polterte, drehte Nik sich erschrocken um. Ellie hatte eine Schublade herausbekommen und war mit ihr rückwärts auf einen Haufen Gerümpel gefallen. Fluchend befreite sie sich aus dem Chaos von Körben, Stühlen und anderen zerbrochenen Möbelstücken.
Nik beugte sich über das Feuer und stocherte mit den Fingern in den kalten Resten herum. Er fand einen Span, der noch nicht ganz verkohlt war, und zog ihn heraus. Dann hielt er inne. Etwas Weißes war darunter zum Vorschein gekommen. Nik pustete die feine schwarze Kohle zur Seite und wühlte in den Überresten des Feuers. Er fand ein paar halb verbrannte Pergamente und zog ein Tuch aus seinem Hemd, um die verkohlten Überreste darin einzuwickeln. Behutsam steckte er das Paket unter sein Hemd. Als er aufstand, spürte er wieder dieses bedrohliche Prickeln im Nacken. Nik starrte zur Decke. Die Kerzen verloschen, und der Span in seiner Hand verbreitete kaum genug Licht, um seine eigenen Füße zu erkennen. Nik stolperte auf das Fenster zu.
»Komm«, rief er Ellie zu und stieg hinaus. Er drehte sich noch einmal um und leuchtete ihr den Weg.
Ellie warf eine Schublade aus dem Fenster und kletterte ihm dann hinterher.
»Hast du etwas gefunden?«, fragte Nik.
Ellie nahm seine Hand, hob die Schublade auf und zog ihn aus dem Innenhof bis zur Straße. An dem Haus an der Ecke brannte eine Laterne. Darunter blieb sie stehen und hob das kleine Fach ins Licht. Sie drehte es um und deutete auf einen Fleck an der Unterseite. Es war rotes Siegelwachs.
»Er hat etwas versteckt«, stellte Ellie fest.
»Jemand hat es vor uns gefunden.«
Nik beugte sich über die Schublade, bis seine Nase fast das Holz berührte. Die Hälfte eines Siegels war zu erkennen.
Der Rest war zusammen mit dem Gegenstand abgerissen worden.
»Es sieht aus,
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