Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)
Männer zurückgeschreckt. Die Gilde war mächtiger, als er geahnt hatte, und sie legten Wert darauf, ihre Geheimnisse zu bewahren und ihre Spuren zu verwischen.
Nik richtete sich auf und drückte seine linke Hand auf die schmerzende Seite. »Wir können uns im Moor verstecken. Ich kenne eine Hütte im Wald«, keuchte er.
»Nicht so schnell«, bat ihn Ellie und drückte ihn zurück auf die Kiste. »Weißt du, ob ein Mann namens Gustav Schmieder bei den Brüdern war, die nach Amsterdam geflohen sind?«
Nik hustete. Es fühlte sich an, als ob seine Rippen zerbrachen. »Ja, ein Gustav war dabei. Woher weißt du von ihm?« Seine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern.
»Erzähl ich dir später.« Sie zögerte kurz.
Ihr Gesicht verschwamm vor seinen Augen. Er versuchte, sich auf ihre Augen zu konzentrieren.
»Ich muss mit Gustav sprechen. Wenn er zur Gilde gehört, kann er mir vielleicht helfen, den Mörder von Conrad zu finden. « Sie ballte die Hände zu Fäusten und runzelte die Stirn.
Langsam hob Nik den rechten Arm und zeigte auf den Hafen hinter Ellies Rücken. »Die Matthew fährt im Morgengrauen nach Flandern«, sagte er und schloss die Augen.
Der Hafen drehte sich, sobald er die Augen öffnete. Nik stolperte neben Ellie am Ufer der Themse entlang. Sie suchten das Schiff, das er am Morgen im Auftrag von Joseph Chadwick beliefert hatte. Der Gedanke, die beiden ohne ein Wort des Dankes zu verlassen, gefiel ihm gar nicht. Auch die Bücher seines Vaters und das Pergament aus Conrads Werkstatt lagen noch in der Truhe in seinem kleinen Zimmer unter dem Dach. Nik blieb stehen. Doch dann spürte er warmes Blut unter seiner Hand. Es gab kein Zurück. Die Wunde an seiner Seite hatte wieder angefangen zu bluten.
Nik fühlte sich auf einmal wie auf den Dächern der Stadt. Er sah seine Gedanken klar und deutlich. Ihr Leben war in Gefahr, und wenn er sie beide retten wollte, musste er mit Ellie vor Sonnenaufgang das Schiff erreichen.
Er versuchte, trotz des Schwindelgefühls die Augen offen zu halten und die Matthew zu erkennen, die er heute Morgen mit John und den anderen beladen hatte.
Nik deutete auf das Schiff und Ellie blieb stehen.
»Verdammt«, entfuhr es ihr.
Er hätte es nicht treffender sagen können. Die ganze Mannschaft war schon auf den Beinen. Ladung wurde festgezurrt und der letzte Proviant gesichert. Einige Seeleute kletterten in der Takelage herum und bereiteten die Segel vor.
Auch London erwachte hinter ihnen zum Leben. Sie hörten die ersten Pferde, die die Karren der Bauern zum Markt zogen. Die Schmiede, Glaser und Köche entfachten ihre Feuer. Schwarze Rauchschwaden erhoben sich in den klaren Himmel.
Nik tastete nach seinem Geldbeutel. Er ließ den Inhalt in seine Hand fallen und zählte die Münzen.
»Das reicht nicht für die Überfahrt.« Er sah Ellie an.
Die schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts, und so wie du aussiehst, lassen sie uns auch nicht für die Überfahrt arbeiten.«
Er hätte beinahe gelacht. Seine Hosen waren zerrissen, und er sah aus wie einer der unzähligen Londoner Diebe, die um ihr Überleben kämpften. Doch nur ein großer Sack Münzen könnte vielleicht eine Mannschaft dazu bringen, ein Mädchen an Bord zu nehmen. Sie war zu schön, um als Junge verkleidet hundert Mann Besatzung zu täuschen.
»Dann fragen wir nicht, ob sie uns mitnehmen können«, beschloss Ellie.
Nik hob den Kopf und betrachtete die Segler. Vor dem Fischmarkt von Billingsgate lagen sie dicht gedrängt an den Stegen und dahinter in zweiter und dritter Reihe vor Anker. Dazwischen waren Ruderboote und die Einmaster der Fischer festgemacht.
Wenn sie vom Steg über die kleinen Boote bis zur Westseite der Matthew kletterten, konnten sie vielleicht unbemerkt an Bord gehen. Die hinteren Geschützklappen lagen nur fünf Fuß über der Wasseroberfläche. Sie konnten versuchen, sie zu öffnen und sich hindurchzuzwängen.
Im Osten erhoben sich die ersten Sonnenstrahlen über der Themse. Die Westseite lag jedoch noch immer dunkel im Schatten des Seglers.
Nik erklärte Ellie seinen Einfall. Sie runzelte die Stirn und sah von der Klappe zu Niks verletzter Schulter.
Jemand rief die ersten Befehle, die das Ablegen der Matthew ankündigten.
Nik drehte sich um und trat auf die Fischerboote am Ufer zu. Von dort würden sie über drei kleine offene Ruderboote zur Westseite der Matthew kommen. Er hörte Ellies Seufzen hinter sich und dann ihre Schritte, als sie ihm zögernd folgte.
Nik kletterte
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