Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)
geraten. Nun war endlich das Ende des Weges in Sicht, und er wollte Ellie gerade auf ihr Ziel aufmerksam machen, als er Stimmen vor ihnen in der dunklen Gasse hörte. Nik blieb stehen und sah sich um. Es gab keine Seitenstraße, in die sie fliehen konnten, und in wenigen Augenblicken würden die Männer vor ihnen aus den dunklen Häuserschatten treten. Ellie griff nach seinem Arm und deutete auf einen gemauerten Eingang. Ein Vorsprung schützte die Tür vor dem schlechten Wetter und er würde sie vor dem Licht des Mondes und der Straßenlaterne verbergen. Sie kauerten sich in seinen Schatten und zogen die Köpfe ein. Niks Herz schlug laut und hektisch, während Benthe reglos auf seinen Knien lag. Stiefel polterten vor ihnen über die Straße.
»Wollen wir uns noch einen schnappen?«
»Nein.« Luuks Stimme hatte schärfer geklungen als beabsichtigt.
»Warum nicht?«, fuhr ihn Thijs aufgebracht an. »Irgendwann kommt Nik zurück und dann ist es vorbei mit dem schönen Geld.«
»Wenn es zu viele sind, reden die Jungen miteinander.«
»Lass sie reden!« Thijs lachte. »Wir kriegen sie trotzdem. Zwei habe ich schon erwischt.« Er holte die Tücher aus der Tasche und wickelte sie aus. Jost beugte sich über seine Hand und grinste.
»Es ist doch immer wieder ein Wunder, wie sich Scherben mit Blutflecken in Geld verwandeln.« Er rieb sich die Hände und Thijs schlug ihm feixend auf die Schulter.
»Wenn wir mehr Jungen erwischen, brauchen wir uns bald nicht mehr die Hände am Holz aufzureißen.«
Luuk wandte sich ab. Die beiden sollten sein angewidertes Gesicht nicht sehen. Er konnte nicht begreifen, welche Freude sie daran hatten, den Kindern mit Scherben in die Hände zu schneiden. Wie konnten die beiden nur daran denken, die Arbeit mit dem Holz aufzugeben?
Luuk betrachtete seine Hände, die seit seiner Kindheit nach Sägemehl gerochen hatten. Er wollte Schiffe bauen, die über die sieben Meere segelten, und sonst nichts. »Ich gehe zu Heinrich und bringe ihm die Scherben.«
»Wir warten in Monkelbaens Toorn .« Die beiden grölten und machten sich auf den Weg.
Luuk seufzte und ging in die entgegengesetzte Richtung.
Nik und Ellie traten aus dem Schatten des Hauseingangs.
»Wer war das?«, flüsterte Ellie. »Was haben sie gesagt?«
Nik setzte Benthe neben sich auf die Stufen vor dem Haus. Er schüttelte seine Arme. »Ich weiß es nicht. Sie scheinen Heinrich zu kennen und haben von Scherben und Blut geredet.«
»Es hat irgendetwas mit dir zu tun. Sie haben deinen Namen genannt.« Ellie ließ sich neben ihn auf die Treppe fallen und starrte ihn an.
Nik hob ratlos die Schultern. »Keine Ahnung. Was sollte das Ganze mit mir zu tun haben?«
»Vielleicht hat er dich gesehen, als du dich im Keller versteckt hast?«
»Nein, da bin ich mir sicher. Sie haben mich nicht gesehen. Außerdem kennen sie meinen Namen nicht.«
Ellie schnaufte. »Hast du nichts gelernt aus den letzten Tagen in London? Sie wissen mehr, als dir lieb ist.«
Nik schwieg.
Ellie ließ den Kopf sinken und fuhr sich mit den Fingern durch das verfilzte Haar. »Haben sie Luuk gesehen? Hat er es ihnen gesagt?«
Nik schüttelte den Kopf. »Luuk und die anderen hatten die Suche nach mir schon aufgegeben, als ich noch im Keller war.«
»Woher weißt du das?«
»Von Benthe.«
Ellie hob den Kopf und drehte sich zu dem Mädchen um, das zwischen ihnen auf der Treppe lag. Ihr Kopf lehnte an Niks Schulter.
»Hat sie deinen Namen verraten?«
»Nein.« Nik schüttelte den Kopf.
»Aber sie ist die Einzige, die …«
»Nein, Ellie«, unterbrach Nik sie. »Das würde sie niemals tun.«
Ellie zuckte mit den Schultern. Sie sah nicht überzeugt aus. Nik überlegte, wie er ihr deutlich machen konnte, wie bedingungslos er Benthe vertraute. Er legte seinen Arm um die Schultern des Mädchens, das er schon gekannt hatte, bevor er seinen eigenen Namen wusste.
»Was machen sie mit Blut und Scherben?« Ellie stand auf und sah die Straße entlang, in der Luuk verschwunden war.
Nik schob den anderen Arm unter Benthes Knie und erhob sich.
Er folgte der Straße, die Thijs und Jost genommen hatten.
Unregelmäßige Schritte erklangen hinter ihm. Ellie folgte ihm, doch sie drehte sich immer wieder um und sah zurück.
»Wie bist du aus dem Keller gekommen?«, wollte sie wissen, als sie abbogen und zum Hafen hinuntergingen.
»Durch das Fenster.« Nik schnaufte. Mit jedem Schritt wurde Benthe schwerer auf seinen Armen.
»Konntest du es öffnen?«, fragte
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