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Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition)

Titel: Das Geheimnis des Spiegelmachers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette Lühmann
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Kerker«, warnte er sie.
    »Nicht, wenn ich schnell genug wieder in London oder irgendwo sonst auf der Welt bin.«
    »Wo willst du denn hin? Wieder zu deiner alten Tante? Du hast doch sonst keine Familie mehr.«
    Trotzig schob Ellie die Unterlippe vor, und Nik konnte kaum den Impuls unterdrücken, die Hände nach ihr auszustrecken und sie in seine Arme zu ziehen, weil sie plötzlich so hilflos aussah. Als er sich zu ihr hinüberbeugte, bemerkte er, wie Benthe zwischen ihm und Ellie hin und her sah. Zaghaft berührte er Ellie an der Schulter. »Wenn wir ihnen einen Beweis bringen würden …«
    Nik dachte an die Kugel, die sein Vater so liebte. Jan van Leeuwenhoek hatte seinen Sohn ein Jahr nicht gesehen. Seine Freude war echt und herzlich gewesen, und trotzdem hatte sein Vater nicht gefragt, warum Nik wieder in Amsterdam war und das Haus in der Nacht mit einem Bündel Decken verließ. Er hatte sich aus der lähmenden Verzweiflung lösen können, in die ihn der Kummer um seine Söhne gestürzt hatte, aber er war noch meilenweit davon entfernt, wieder der Vater von früher zu sein. Vielleicht gelang ihm das jetzt mithilfe der Kugel. Nik seufzte.
    »Wenn wir die Kunstwerke hätten …«, sagte er und sah seinen Vater vor sich, wie er wieder in die Trauer zurückfiel. Das schlechte Gewissen wog tonnenschwer auf seinen Schultern.
    »Ja«, rief Ellie und nickte, »das wäre etwas anderes. Aber wir haben nur zwei Namen. Heinrich Sehfeld und Gustav Schmieder. Die anderen werden einfach weitermachen.«
    »Und Flambert, den Tuchmacher«, warf Benthe ein.
    Nik dachte an die Gestalten, die mit Heinrich und Gustav in das Haus des reichen Handwerkers gekommen waren, und an das Gespräch, das er im Keller belauscht hatte. »Sie haben von einem anderen Schiff geredet. Wir wissen nicht, ob er auch in Amsterdam gelandet ist.«
    »Gibt es jemanden, den wir fragen können, wie die Tuchmacher in Amsterdam heißen?« Ellie schlug sich unternehmungslustig auf die Knie.
    »Es gibt so viele Tuchmacher in dieser Gegend wie Sterne am Himmel.«
    »Das ist doch Unsinn, Nik.«
    »Nein, wirklich. Frag mal in den Londoner Mooren nach einem Schäfer. Da wird dir auch keiner antworten können, weil es einfach zu viele sind und ein halbes Dutzend auch noch den gleichen Namen trägt.«
    »Aber der Stadtregent kennt doch sicher alle Handwerker in dieser Stadt.« Benthe gähnte und begann, ihre zerzausten Haare mit den Fingern zu entwirren, um sie zu einem Zopf zu flechten.
    Die Aussicht, an die Tür des Stadtregenten zu klopfen, bereitete Nik Unbehagen. Würden sie ihn von dem ungeheuerlichen Verdacht überzeugen können? Wahrscheinlich würde man sie ohne Beweise gar nicht erst zu ihm lassen.
    Nik sah, wie Ellie zögerte. »Eines nach dem anderen«, sagte er schnell. »Mit den Kunstwerken hätten wir etwas in der Hand.«
    Er stand auf, während die Mädchen sitzen blieben. Ellie starrte auf ihre Hände. Benthe sah weiter zwischen Nik und Ellie hin und her.
    Nik räusperte sich geräuschvoll. »Wir haben nicht viel Zeit. Sehfeld kennt meinen Namen. Ich möchte kein Messer in den Rücken gestoßen bekommen, wenn ich durch Amsterdam laufe.« Er schluckte. Das hatte er nicht ernst gemeint. Er wollte die Mädchen lediglich aus ihrer Starre aufwecken und zum Handeln antreiben. Aber als er in ihre bestürzten Gesichter sah, spürte er einen kalten Stich in der Brust. Er könnte wirklich bald tot sein. Es war nicht unwahrscheinlich und der Gedanke machte ihm Angst. Die Gilde verhielt sich rücksichtslos, und er wäre in der Themse ertrunken, wenn Ellie ihn nicht wieder herausgefischt hätte.
    Nik fröstelte bei dem Gedanken an die Flucht aus London. Benthe unterbrach seine Erinnerung, als sie aufstand und an das kleine Fenster trat. »Die Sonne geht bald unter«, sagte sie. »Wir gehen besser und holen die Kugel. Nach der Arbeit wird Luuk die Scherbe zu Heinrich bringen und dann kannst du dich in der Stadt nicht mehr sehen lassen.«
    Nik ballte die Hände zu Fäusten. Die Aussicht auf das, was er seinem Vater antun würde, gefiel ihm ganz und gar nicht. Ellie trat neben ihn. Sie legte eine Hand auf seinen Arm.
    »Benthe hat recht«, sagte sie. »Wir müssen die Kugel holen. Du weißt, wie skrupellos die Männer sind. Ich habe schon Conrad verloren und ich will nicht noch … jemanden an diese Verbrecher verlieren.«
    Nik schluckte. Ellie zog ihre Hand zurück, und er wünschte sich, sie hätte sie noch einen Augenblick dort gelassen. Jetzt war sie wieder so

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