Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
hier?«
»Nein«, erläuterte Gero tonlos. »Sie hat inzwischen geheiratet und will uns wohl nur verabschieden.«
»Woher wusste sie denn, dass wir heute abreisen?« Arnaud grinste breit und begann, wie ein Wilder mit seinen Armen zu fuchteln, was bei Warda trotz der traurigen Haltung, die Gero ihr unzweifelhaft ansehen konnte, offenbar ein Lächeln hervorrief.
Sie lächelte immer noch, als die Segel gesetzt waren und der Wind das rote Kreuz des Ordens derart aufblähte, dass unverzüglich der Anker gelichtet werden musste, weil ansonsten die Kette zu reißen drohte. Während die anderen Brüder zum Bug gingen, um für eine glückliche Überfahrt zu beten, blieb Gero noch einen Moment an der Reling stehen und beobachtete, wie Wardas schwarze Gestalt immer kleiner wurde, bis ihre Kontur schließlich mit der gelben Küste verschwamm.
Für einen kurzen Moment empfand er Trauer. Warda zu verlieren, tat auf seltsame Weise weh, wenn es auch nicht im Geringsten mit Lissys Tod zu vergleichen war. Aber mit ihr gingen die Erinnerungen. An eine vertane Chance, an ein verlorenes Land und an einen Freund, mit dem er einst so frohgemut in Zypern angelandet war. Die sterblichen Überreste des Fabius von Schorenfels würden nun auf ewig auf Antarados, dieser von Gott verlassenen Insel, zurückbleiben müssen. Vielleicht würde er dessen Vater, der Mundschenk beim Grafen von Luxemburg war, einen Brief schreiben, wenn er erst einmal in Franzien angekommen war, und ihm vom heldenhaften Tod seines Sohnes berichten. Gero bekreuzigte sich und sprach ein Gebet, mit der Bitte an Gott den Allmächtigen, dass er Fabius einst im Paradies wiederbegegnen durfte.
Fast drei Monate dauerte es, bis sie auf ihrer anschließenden Reise endlich die Champagne erreichten. Dort war es beinahe Sommer, und Gero verliebte sich vom ersten Augenblick an in die sanften Hügel mit den goldgelben Weizenfeldern und die endlos erscheinenden Weinberge, die von dunklen Eichenwäldern begrenzt wurden. Es erinnerte ihn an seine Heimat, die an der Mosel lag, nicht weit weg von Trier. Als er vor zwei Jahren mit Fabius hier entlanggeritten war, hatte ein eisiger Winter geherrscht, und er selbst hatte nur Gedanken für seine verstorbene Frau und seine bevorstehende Aufnahme als Templer gehabt. Dabei war ihm die Schönheit dieser Gegend vollkommen entgangen.
Zwischendrin passierten Gero und seine Kameraden immer wieder tiefe, wildreiche Laubwälder, die sich zum Teil im Besitz des Königs von Franzien befanden, aber partiell auch verschiedenen Grafschaften und Ordensgemeinschaften wie Zisterziensern, Hospitalitern und auch Templern gehörten, wie ihnen ein Bruder aus Troyes erklärte, der sie von Marseille aus bis hierher geführt hatte. Da es schwierig war, die genauen Grenzen zu erkennen, kam es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den jeweiligen Grundherren, vor allem was die Jagdrechte, Zölle und die Sicherung der Wege betraf. Deshalb hatte der Orden alle Beteiligten an einen Tisch gebracht und für die Templer ein generelles Durchgangsrecht erstritten, was aber auch die ständige Sicherung der düster erscheinenden Waldgebiete durch die Ritter des Ordens beinhaltete.
»Darin treiben in letzter Zeit vermehrt Räuberbanden ihr Unwesen«, berichtete ihnen Henri d’Our, der sie als ihr neuer Komtur gleich nachdem er sie im mit Basaltsteinen gepflasterten Hof der Templer-Komturei von Bar-sur-Aube begrüßt hatte.
Kapitel V
Franzien – Templerkomturei Bar-sur-Aube 1303 – 1307
M it den vier trutzigen Türmen und den hohen Festungsmauern glich die neuerbaute Unterkunft der hiesigen Templer eher einer Wehrburg als einem Kloster, was bei größeren Ordenshäusern durchaus üblich zu sein schien. Bei der Begrüßungsrede beeindruckte ihr neuer Befehlshaber sie nicht nur mit seiner Redegewandtheit, sondern auch ein weiteres Mal mit einer Größe von fast sieben Fuß, was ihn zusammen mit dem gänzlich weißen Haar und dem dazu passenden struppigen, weißen Bart besonders auffallend machte. Seine wachsamen grauen Augen vermittelten Gero trotz aller Sympathie, die er für Henri d’Our empfand, das ungute Gefühl, dass der Mann einem bis auf den Grund der Seele schauen konnte. »Eure Hauptaufgabe in den nächsten Wochen und Monaten wird es sein, diese Schurken, die unsere Wälder und Handelswege belagern, auf Trab zu halten und ihnen wenn möglich den Garaus zu machen. Denn bei unseren Geldtransporten quer durch das Königreich geht es nicht nur um den Goldschatz
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