Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
Schweigegebot seines Komturs verstieß, ignorierte er geflissentlich.
Die Lage seines schottischen Freundes erschien ihm nicht weniger aussichtslos als die des Ordens. Daher sah Gero es als einen
Akt der Gnade an, dass er Struan mit der viel größeren Sorge um ihrer aller Zukunft ein wenig ablenken konnte. Doch der Schotte
ließ sich nicht beirren.
»Und was soll jetzt aus Amelie und mir werden?« Struan sah ihn fragend an. »Ungeachtet aller anderen Katastrophen, wird das
Kind in vier Monaten das Licht der Welt erblicken.«
»Bleib ruhig«, riet ihm Gero. »Lass uns abwarten, was morgen geschieht, und danach finden wir eine Lösung.«
Struan erhob sich und wandte sich seinem deutschen Bruder zu, der ebenfalls aufgestanden war. Er umarmte Gero fest und küsste
ihn anschließend auf den Mund. »Es tut gut, einen Freund wie dich zu haben«, sagte er rau. »Was auch geschieht, du wirst immer
ein Teil von mir sein.«
Als Gero wenig später zusammen mit Struan den menschenleeren Hof überquerte, spürte er eine Eiseskälte in sich aufsteigen.
Gnadenlos breitete sie sich in seinem Gedärm aus, kroch in dämonischer Langsamkeit den Rücken hinauf und bemächtigte sich
seiner Gedanken. Gleichsam überflutete ihn ein Gefühl, das er am meisten von allen Gefühlen hasste: Angst.
Die tanzenden Schatten im Kreuzgang erschienen ihm auf einmal wie hämisch grinsende Teufel, die ihre ungeteilte Freude über
Tod und Verdammnis verkündeten.
Struan erging es offenbar nicht viel besser. Stumm folgte er Gero in die Mannschaftsräume. Die Luft war stickig. Draußen hatte
es sich empfindlich abgekühlt, und um die Kälte nicht ins Innere dringen zu lassen, hatte man die Ziegenlederrollos heruntergelassen
und die Fenster von außen mit hölzernen Klappen geschlossen.
»Wo wart ihr?«, fragte Johan verblüfft. »Eure Abwesenheit beim Vespermahl ist allen aufgefallen.« Er schaute sich prüfend
um, doch in dem allgemeinen Durcheinander beachtete ihn niemand. Grinsend |48| zog er unter seinem Wams ein Stück Käse und zwei Brotkanten hervor. »Hier, für euch beide« sagte er und steckte Struan das
Essen zu.
Der immer hungrige Schotte schien sich indes nicht zu freuen. Gero ignorierte die freundliche Gabe gleichfalls. Er räusperte
sich nur und straffte seine Schultern.
»Männer, darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten«, rief er im Befehlston, worauf alle bis auf Bruder Guy ihre Beschäftigung
unterbrachen und ihn anschauten. »Der Komtur hat mir das Kommando für einen Auftrag übertragen. Für sechs von uns bedeutet
das, dass wir morgen Nachmittag einen Ausritt unternehmen. Dafür sind die folgenden Männer, deren Namen ich gleich aufrufen
werde, bis auf weiteres von den Stundengebeten befreit.«
Er warf einen prüfenden Blick in die Runde. Vierundzwanzig Augenpaare waren wie gebannt auf ihn gerichtet. Außer einem Husten
oder einem Räuspern war nichts zu vernehmen. »Also, die Sergeanten können sich entspannt zurücklehnen. Es trifft nur die Ordensritter.«
Betten knarrten und Decken raschelten, während einige der Männer sich erleichtert zur Ruhe zurückzogen. Gero blickte jeden
einzelnen seiner Auserwählten an, bevor er deren Namen nannte. »Johan van Elk, dann … Francesco de Salazar, Stephano de Sapin,
Arnaud de Mirepoix …« Als letzten nannte er Struan MacDhughaill.
In lautem Ton fuhr er fort. »Wir treffen uns unverzüglich zu einer kurzen Besprechung im Scriptorium. Der Rest kann sich zur
Nachtruhe begeben.«
»Ach … Arnaud«, rief Gero einem drahtigen, dunkelhaarigen Bruder zu, der mit seinem zwar gestutzten, aber struppigen Bart
eher zu einer Räuberbande gepasst hätte als zu einem Ritterorden. »Sorge dafür, dass die Ausgabe der Waffen morgen Mittag
ohne Verzögerung vor sich geht und die Listen komplett sind, damit wir keine Zeit mit nachträglichen Schreibarbeiten verschwenden
müssen. Außer Äxten und Morgensternen nehmen wir zwei Armbrüste mit und ausreichend Bolzen von der schnellen, kurzen Sorte.«
Arnaud nickte. Im alltäglichen Ablauf der Komturei stand er den Sergeanten vor, die für die Lagerung und Ausgabe der Waffen
verantwortlich waren. Weil er darüber hinaus ausgezeichnet mit der Armbrust umgehen konnte, war es für Gero keine Frage, ihn
in den Einsatz |49| mit einzubeziehen. Für Arnaud hatte das zur Folge, dass ihm ein nicht geringer Anteil an Verantwortung für die Vorbereitungen
zufiel. Mit der Geschmeidigkeit einer Katze
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