Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
fühle mich schon seit längerem nicht wohl. Der Alte weiß Bescheid.«
|41| »Aha?« Gero stellte sich unwillkürlich die Frage, warum Struan so auffällig darauf bestand, dass der Komtur Bescheid wusste.
Wenn sie ein Leiden plagte, mussten sie als erstes dem Komtur Meldung machen. Seltsamerweise hatte Struan ihm nie etwas darüber
erzählt. Bisher erfreute sich der Schotte einer geradezu strotzenden Gesundheit. Und so sehr Gero auch in seiner Erinnerung
kramte, ihm kam kein einziger Bruder in den Sinn, der jemals die Dienste des Eremiten in Anspruch genommen hätte, ohne sterbenskrank
gewesen zu sein. Trotz seiner unumstrittenen Heilkunst waren die Methoden des kauzigen Templerveterans eher etwas für siechende
Greise, denen der Orden bei seinen Kreuzzügen im Outremer das Mark aus den Knochen gesogen hatte und die nun verzweifelt ihren
letzten Kampf kämpften, um dem Tod auf ihre alten Tage ein weiteres Mal ein Schnippchen zu schlagen.
Ohne es zu wollen, bedachte er seinen Freund mit einem abschätzenden Blick.
Struan drehte sich wortlos ab, um seinen Weg zur Unterkunft fortzusetzen. Gero hielt ihn am Ärmel seines Kettenhemdes zurück,
um wenigstens eine halbwegs vernünftige Antwort zu erhalten. Struan riss sich von Gero los.
»Was ist?«, fauchte er unwirsch.
Gero ließ sich nicht entmutigen. »Der Eremit hat nicht zufällig lange, goldblonde Haare, den Augenaufschlag eines Rehs und
ist dazu noch die Tochter unseres Weinhändlers?«
Struan erwiderte nichts. Seine Gesichtsfarbe wechselte von hellem Braun zu dunklem Rot.
»Dacht ich’s mir«, entfuhr es Gero.
Struan seufzte ergeben und fuhr sich mit seiner großen Hand nervös übers Gesicht, geradeso, als wolle er alle verdächtigen
Spuren daraus entfernen. Dabei starrte er für einen Moment in den tiefblauen Abendhimmel, als ob dort eine Erklärung für seinen
Fehltritt zu finden sei.
»Warum vertraust du dich mir nicht an?« Geros Frage hatte einen provozierenden Unterton.
Struan kniff die Lippen zusammen und schluckte verlegen. »Zweifelst du an unserer Freundschaft, weil ich dir nichts gesagt
habe?«
|42| »Dummkopf«, tadelte Gero ihn leise. »Meinst du, mir ist nicht aufgefallen, dass da was im Busche ist? Ich habe zufällig mitbekommen,
wie sie dir das erste Mal schöne Augen gemacht hat. Schon damals drängte sich mir die Frage auf, ob das gut gehen kann.«
Nach Geros Meinung gehörte Struan mit seinen fünfundzwanzig Lenzen nicht zu jener Sorte von Männern, die ohne Sinn und Verstand
jeder dahergelaufenen Frau verfielen. Es war sicher auch nicht so, dass ihn der Anblick eines hübschen Mädchens völlig unberührt
ließ, aber bei Amelie Bratac verhielt es sich ein wenig anders. Ihr Vater, der Wein- und Keramikhändler Alphonse Bratac, war
dem Orden äußerst verbunden, und Amelie half ihm bei der anfallenden Buchführung und Auslieferung seiner Waren. Im Gegensatz
zu den überwiegend ungebildeten Mädchen ihres Standes war sie des Lesens, Schreibens und Rechnens kundig. Darüber hinaus war
sie mit einer solch überirdischen Schönheit gesegnet, dass das Einhalten gewisser Ordensregeln leicht zur Tortur werden konnte.
»Und, wirst du mich jetzt verpfeifen?« Struans Stimme, die ohnehin stets den Eindruck erweckte, als hätte sie jemand mit Sand
geschmirgelt, klang noch rauer als gewöhnlich.
»Wie kannst du so etwas auch nur denken!«, entgegnete Gero entrüstet.
Struan schluckte hart. Während er Gero mit seinen schwarzen Augen ansah, drückte seine ganze Körperhaltung Unsicherheit, aber
auch Kummer aus.
»Es wäre allerdings nicht gut, wenn dein Fehltritt in der momentanen Lage ans Licht käme«, fuhr Gero fort. »Die Ordensleitung
wird wohl kaum erfreut sein, wenn Papst und König sich in ihrer Annahme bestätigt sehen, dass bei den Templern allzu lockere
Sitten herrschen. Das könnte dich den Mantel kosten.«
Ein unechtes, heiseres Lachen entwich Struans Kehle. »Das ist im Augenblick mein geringstes Problem.«
Gero rückte näher an ihn heran und legte ihm vertrauensvoll eine Hand auf die mächtige Schulter. »Es gibt nichts, was sich
nicht regeln ließe.«
»Nicht hier«, zischte Struan und fuhr sich nervös mit den Fingern durch die schwarzen, kurzen Haare. Er blickte dabei nach
allen Seiten, |43| um sicher zu gehen, dass keine ungebetenen Zeugen in der Nähe lauerten.
Dann machte er kehrt und wandte sich den Waschräumen zu, während Gero ihn unaufgefordert begleitete.
Um ganz
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