Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
sicher zu gehen, dass sich auch wirklich niemand sonst dort aufhielt, zog Struan den Kopf ein und eilte durch einen
niedrigen, wenn auch breiten Durchgang. Gero folgte ihm im Lichtkegel einer Pechfackel, die durch ein offenes Fenster von
draußen herein leuchtete. Gemeinsam ließen sie sich auf dem Rand eines Steinbottichs nieder.
Gero hob seine Brauen zu einer fragenden Miene.
Struan hatte die Hände in den Schoß gelegt und lenkte sein Augenmerk auf das heruntergebrannte Kaminfeuer. Dann räusperte
er sich erneut, doch seine Stimme blieb belegt. »Sie erwartet ein Kind.«
Einen Moment später schaute er Gero doch ins Gesicht, dabei hob er entwaffnend die Schultern. Es hatte keinen Sinn, an diesem
Umstand etwas zu beschönigen oder zurückzuhalten.
Gero riss vor Überraschung die Augen auf. »Ein Kind? Von dir?«
»Würde ich es sonst erwähnen, du Einfaltspinsel«, erwiderte Struan, dabei sackte er resigniert in sich zusammen.
»Wie konnte so etwas geschehen?«, fragte Gero, nachdem er seine Fassung wieder erlangt hatte.
»Wie wohl?«, knurrte Struan. Er kratzte sich verlegen hinterm Ohr und lächelte säuerlich. »Schau sie dir doch an! Sie hat
den prachtvollsten Hintern, den man sich vorstellen kann und Brüste wie reife Pfirsiche. Und sie hatte keinerlei Scham mir
all diese Schätze zu offenbaren.«
»Stru, wenn es dich so sehr nach einer Frau verlangt hat, warum bist du nicht zu den Huren in Voigny gegangen? Sie sind diskret,
und es kostet dich nicht mehr als einen fetten Kapaun, wenn du ihnen eine Stunde beiwohnen möchtest.«
Die Augen des Schotten weiteten sich vor Entrüstung. »Du kannst Amelie Bratac nicht mit irgendwelchen dahergelaufenen Huren
vergleichen«, stellte er mit Nachdruck klar. »Sie ist eine außergewöhnliche Schönheit, und darüber hinaus bin ich selten so
einer gescheiten Frau begegnet.«
»So gescheit, dass sie dir hemmungslos den Kopf verdreht hat.« Gero kniff die Lippen zusammen und schenkte seinem Freund einen |44| verständnislosen Blick. »Ehrlich gesagt, hatte ich dich für vernünftiger gehalten.«
»Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, ihren weichen Körper zu spüren, ihre sanften Küsse … wie es sich anfühlt, wenn
sie mich berührt, leicht wie eine Feder … und doch so voller Leidenschaft wie ein tosender Orkan«, rechtfertigte sich Struan
flüsternd. Sein Blick war abwesend und fixierte ein im Halbdunkel kaum noch auszumachendes, verlassenes Schwalbennest. Dann,
als würde er aus einem Traum erwachen, wandte er sich seinem besten Freund zu, und eine trotzige Entschlossenheit lag in seiner
Stimme. »Um bei ihr zu liegen, würde ich alles riskieren, nicht nur meine Ehre.«
»Auch deinen Mantel?«
»Vielleicht«, antwortete Struan und senkte zerknirscht den Kopf. Gleich darauf hob er ihn wieder, und sein Blick verdüsterte
sich. »Verdammt, was sollte ich denn machen? Sie wollte mich. Sag mir einen, der einer solchen Frau entwischen kann. Entweder
ist er nicht normal im Kopf oder ein Sodomit.«
»Oder ein Mönchsritter, der sich an sein Gelübde hält …«, gab Gero vorsichtig zu bedenken.
Der schottische Bruder erwiderte nichts, sondern nickte nur mit einem tiefen Seufzer.
»Wie lange geht die Geschichte schon?«
»Seit April«, antwortete Struan leise. »Kurz bevor wir nach Poitiers aufgebrochen sind, habe ich sie das erste Mal heimlich
getroffen.«
»Und wie lange ist sie schon guter Hoffnung?«
»Fünf Monate, nach allem was ich weiß.«
»Wer rechnet auch schon damit, dass der Samen sogleich eine Frucht hervorbringt?« Gero schüttelte leise lachend den Kopf.
»Findest du das vielleicht noch lustig?« Struan blickte entrüstet auf und musterte seinen Kameraden verärgert. »Mir ist nicht
nach Späßen zumute. Seit ich es erfahren habe, zermartere ich mir den Kopf, um eine Lösung zu finden, damit wir zusammen bleiben
können.« Für einen Moment schimmerten die Augen des Schotten verdächtig. Er schluckte die Tränen hinunter und räusperte sich.
»Ich habe sie ohne Zweifel entehrt, und wenn mir nichts Brauchbares einfällt, werde nicht nur ich, sondern auch sie und das
Kind dafür büßen müssen.«
|45| »Und wie soll es jetzt weitergehen?« Geros Frage klang harmlos, aber dahinter verbarg sich eine gewaltige Anspannung. »Willst
du den Orden verlassen?«
»Wie denn?« Struan schüttelte verzweifelt den Kopf. »Der Großmeister wird mir nicht die Ehre erweisen und meiner Entlassung
zustimmen.
Weitere Kostenlose Bücher