Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
umrundete er die auf seinem Weg liegenden Betten der übrigen Brüder und begab
sich lautlos nach draußen.
Die anderen Teilnehmer der Mission, von denen einige schon im Bett gelegen hatten, zogen sich in Windeseile ihren Ordenshabit
über und schlüpften in ihre weichen, schmucklosen Lederschuhe, die sie innerhalb der Komturei trugen.
Gero wartete, bis der letzte bereit war. Keiner der anderen schien einen Einwand oder eine Frage zu haben.
Bis auf einen.
Guy de Gislingham erhob sich von seinem Lager und bedachte Gero mit einem abschätzenden Blick.
»Ihr werdet Gründe haben, Bruder Gero, warum Ihr auf meine Gefolgschaft bei dem morgigen Ereignis verzichten wollt«, erklärte
er gereizt. »Aber seid gewiss, dieser Umstand wird Euch nicht zum Vorteil gereichen, darauf könnt Ihr Euch verlassen. Ihr
dürft getrost damit rechnen, dass ich Eure Abwesenheit zu nutzen weiß.« Guys Miene verriet tiefste Verachtung.
Die meisten Brüder schauten gebannt auf, in gespannter Erwartung, was Gero auf diese Unverschämtheit zu erwidern gedachte.
Doch Gero hatte beschlossen, den ungeliebten Engländer nicht mit weiterer Aufmerksamkeit zu adeln. Angesichts der Katastrophe,
die den gesamten Orden heimzusuchen drohte, war das unflätige Benehmen eines einzelnen Ritterbruders so unbedeutsam wie ein
einzelner Wassertropfen in einer herannahenden Sintflut.
Gero wandte sich an Johan van Elk, der neben ihm stand und genauso verdutzt dreinblickte wie der Rest der Mannschaft. Dann
gab er das Zeichen zum Aufbruch.
Bruder Guy blieb mit zorniger Miene zurück. Die ausgesuchten Männer folgten Gero indes, und gemeinsam ging man schweigend
über den Hof in Richtung Hauptgebäude.
Auf dem freien Platz vor dem Scriptorium herrschte ein stetiges, wenn auch unauffälliges Treiben. Im spärlichen Lichtschein
der Fackeln trugen Knechte und Ordensbrüder Kisten und Säcke aus dem |50| für gewöhnlich um diese Zeit vergitterten und ständig bewachten Magazin heraus und luden sie auf einen in unmittelbarer Nähe
aufgestellten Planwagen. Fast geräuschlos versahen die Männer ihren Dienst.
Johan gesellte sich zu der kleinen Truppe um Gero und räusperte sich verhalten. Als sein deutscher Bruder ihn ansah, konnte
er seine Frage nicht zurückhalten.
»Kannst du mir sagen, was hier vor sich geht?«
»Später. Die Sache ist ziemlich heikel«, flüsterte Gero und setzte eine verschwörerische Miene auf. »Ich werde versuchen,
Euch soviel wie möglich an Wissen zukommen zu lassen, aber hab’ Verständnis dafür, dass ich nicht alles preisgeben kann.«
Johan nickte wissend und verzichtete auf weitere Fragen. Er konnte sich denken, was in Gero vorging, war er doch selbst oft
genug als Kommandoführer in Verlegenheit geraten, seine Mitstreiter nur unvollständig in die Gründe für einen Einsatz einweihen
zu dürfen.
Struan, der hinter Johan her ging, beteiligte sich nicht an dem Gespräch.
Er war viel zu beschäftigt mit dem Gedanken, was Gero damit gemeint haben könnte, der Orden werde angegriffen, und was diese
Offenbahrung für einen Einfluss auf sein eigenes weiteres Schicksal haben mochte.
Rasch wurden ein paar Kienspäne im Scriptorium entzündet, und die Männer nahmen Aufstellung zwischen den eng stehenden Pulten.
In wenigen Zügen erläuterte Gero den Abmarsch in den Wald des Orients, ohne jedoch auf weitere Hintergründe einzugehen.
»Francesco, es ist deine Aufgabe, die Knappen zu unterrichten«, fuhr Gero mit gespielter Gelassenheit fort, »damit sie die
Pferde rechtzeitig aufzäumen. Der Komtur wünscht, dass die Schlachtrösser gesattelt werden. Zudem wird uns sein Neffe begleiten.
Matthäus soll sich um die Packpferde kümmern.«
Der Spanier, der als Bannerträger für den Einsatz und die Fortbildung der Knappen verantwortlich war, hob fragend eine Augenbraue.
Ihm war es bereits seltsam erschienen, dass d’Our ihn ohne weitere Erklärung zu sich gerufen und ihm den Befehl erteilt hatte,
die Knappen in Begleitung der Sergeanten für den morgigen Abend und die darauf folgende Nacht nach Clairvaux zu entsenden.
Warum mit Matthäus |51| ausgerechnet einer der jüngsten Knappen und dazu noch der Neffe d’Ours den Einsatzzug der Ritter begleiten würde, war ihm
ebenso unverständlich. Es kam ihm jedoch nicht in den Sinn, die Entscheidung seines Vorgesetzten offen zu hinterfragen.
»Abmarsch ist nach der Non. Unser Komtur wünscht, dass ein jeder seine Herkunftsnachweise mit sich
Weitere Kostenlose Bücher