Das Geheimnis des Templers - Episode III: Die Templer (German Edition)
damit stach das Tier aus der Masse hervor, genau wie sein Reiter. Mit seinem schwarzen Schopf und dem gestutzten Bart sah der Schotte längst nicht mehr so wild aus, aber immer noch imponierend genug. Fabius hatte recht, wenn er sagte, dass man leicht auf den Gedanken kommen konnte, Struan wäre ein zu groß geratener Sarazene.
Alles in allem waren von den ehemals fünfzig Bewerbern nur zweiundzwanzig übrig geblieben, die auf Zypern eine zusätzliche Ausbildung als Soldaten Christi erhalten sollten, bevor sie sich dem Aufnahmeritus als Tempelritter unterziehen mussten. Der Rest musste sich mit Verwaltungsposten zufriedengeben oder war gleich ganz ausgesondert worden, mit der Empfehlung, einem gewöhnlichen Mönchsorden beizutreten.
Am Ende bestand die Truppe, die nach Zypern aufbrach, aus achtundzwanzig Männern, wenn man die sechs gestandenen Ritterbrüder mitrechnete, die sie bis nach Marseille begleiteten.
Auf dem Weg dorthin übernachteten sie beinahe jeden Abend in einer anderen Komturei. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass allein Franzien über mehr als tausend Templerhäuser verfügte. Gero war schlagartig klargeworden, wie perfekt die Organisation des Ordens funktionierte. Und Fabius hatte recht: Die Männer, die den vermeintlich „Armen Rittern Christi“ vorstanden, mussten irgendein bedeutendes Geheimnis hüten, das ihren Ideenreichtum und den damit verbundenen Erfolg begründete.
„Gigantisch“, entfuhr es Fabius, als sie am Morgen vor Mariä Verkündigung, einen Tag vor Geros Geburtstag, endlich den Hafen von Marseille erreichten. Eine beeindruckende, helle Stadt mit Festungen, Kaufmannspalästen und Kirchen. Am Hafen blies ein heftiger Wind, der meterhohe Wellen gegen die befestigte Hafenmole branden ließ, deren Gischt bis auf den von Menschen übervölkerten Vorplatz spritzte. Soldaten, Arbeiter und Reisende aus aller Herren Länder liefen zwischen den Anlagestellen durcheinander, vor denen die verschiedenen Schiffstypen auf der schäumenden See wie Nussschalen auf und ab tanzten.
Ein paar Frauen, offenbar wohlhabender Herkunft, die in Sänften über den Platz getragen wurden, kreuzten ihren Weg. Im Augenblick war es jedoch zu stürmisch, um auf heftig wiegenden Planken an Bord eines Schiffs gehen zu können, deshalb zogen es die edlen Damen vor, in einem Gasthaus abzuwarten, bis der Wind sich legte.
Es gab allerdings auch andere weibliche Gestalten, wie Gero beiläufig bemerkte, halb nackt und grell geschminkt wie Theaterpuppen, die sich trotz es stürmischen Wetters an die Männer heranmachten, anscheinend um ihnen auf unanständige Weise das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Raoul de Gisy, der den Trupp der Templer als Anführer bis zu den Anlegestellen begleitet hatte, warf den leicht bekleideten Mädchen missbilligende Blicke zu, die sie sogleich auf Abstand hielten. Allerdings waren die meisten der jungen Templernovizen ohnehin viel zu sehr mit dem Anblick der vergleichsweise riesenhaft anmutenden Handelsschiffe beschäftigt, auf deren eingeholten weißen Segeln das rote Ordenskreuz schon von weitem zu erahnen war.
„Hast du schon einmal einen Ozean gesehen?“, fragte Fabius mit verträumt blinzelndem Blick auf das sich aufbäumende Meer.
„Nein“, gestand Gero ehrlich und sog gierig die milde, salzige Luft ein, die mit jedem neuen Windstoß über den Hafen wehte. Es roch nach Salz, Sonne und Fisch, aber auch nach flüssigem Pech, mit dem die Schiffsplanken versiegelt wurden. Das vor ihnen liegende Templerschiff, „Die Rose von Aragon“, das sie nach Limassol bringen würde, wartete, was die modernsten Entwicklungen im Schiffsbau betraf, mit einer Besonderheit auf, wie ihnen Raoul de Gisy beiläufig erklärte. Im Bug verbarg sich ein Tor, das, sobald der Wind sich gelegt und die See sich beruhigt hatte, herabgelassen würde. Dann konnte man bequem Pferde und Proviant in den Bauch des Schiffes verladen, ohne einen Flaschenzug oder einen Laufkran in Anspruch nehmen zu müssen.
Anschließend, nachdem man das Tor wieder geschlossen hatte, wurden die Ritzen mit Hanf und Pech versiegelt, damit während der Überfahrt kein Wasser eindringen konnte.
Raoul de Gisy wechselte ein paar Worte mit dem Komtur des Gewölbes, der für die Templer als Hafenmeister fungierte und in allen organisatorischen sowie finanziellen Angelegenheiten seine Zustimmung geben musste. Mit einem gesiegelten Pergament bestätigte der ältere Mann, dass sie, sobald sich der Sturm gelegt hatte, mit dem Verladen
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