Das Geheimnis des Templers - Episode VI: Mitten ins Herz (German Edition)
ihn liebe und dass ich ihn haben will, und wenn es auch nur ein einziges Mal sein sollte.«
Die Antwort, die Justine ihr darauf gegeben hatte, gefiel ihr ganz und gar nicht. »Ich hoffe, das ist es wert«, hatte sie abschließend mit spitzer Zunge bemerkt. »Mir tut der arme Kerl jetzt schon leid, für den Fall, dass ihr erwischt werdet. Falls ans Licht kommt, dass er mit Wissen und Wollen gegen die Regeln verstößt. Bon Dieu! Komm zur Vernunft! Du kannst doch nicht ernsthaft wollen, dass ein so unglaublicher Held deinetwegen seinen weißen Mantel verliert und demnächst mit einer Kette um den Hals wie ein Hund für ein Jahr vom Boden frisst.«
Kapitel X
V ernunft. Das Wort hallte in Amelies Gedanken immer noch nach, während sie beiläufig die kräftigen Hände ihres auserwählten Tempelritters betrachtete, die leicht gebräunt und von einigen Narben gezeichnet ganz entspannt auf seinen muskulösen Schenkeln ruhten. Er war ein unglaublich gutaussehender Mann, und er strahlte mit seiner unergründlichen Ruhe etwas Geheimnisvolles aus, das sie von allen Vorzügen, die er besaß, am meisten faszinierte.
Was hatte es schon mit Vernunft zu tun, wenn man jemanden aus der Tiefe seiner Seele begehrte und mehr von ihm erwartete als nur einen Kuss? Ihn mit Haut und Haaren zu wollen, mit jeder Faser seines Herzens, für immer und ewig – oder wie sie: nur für ein einziges Mal.
Wenn man etwas wirklich will, dann bekommt man es auch – der Lieblingsspruch ihres Vaters. In den wenigsten Fällen interessierte sie, was er zu sagen hatte, aber in diesem Fall würde sie den Beweis antreten, dass er recht behielt. Nur wie sie ihren Feldzug am besten beginnen konnte, wusste sie noch nicht.
Sie atmete tief durch und rief sich innerlich zur Ruhe, bevor sie ihrem ansehnlichen Gegenüber die längst fällige Antwort gab.
»Ich habe kein direktes Anliegen an Euch, aber Ihr sollt wissen, dass Ihr mir nicht gleichgültig seid und es mein dringender Wunsch war, mit Euch einmal ungestört sprechen zu können, weitab von der Komturei und unbelastet von allen Verpflichtungen.«
Ihr Blick war offen und ohne jegliche Regung.
»Dann bin ich beruhigt«, entgegnete Struan halb im Scherz. Dabei wagte er kaum, ihr in die Augen zu schauen, sondern zog es vor, eingehend seine staubigen Stiefel zu betrachten. »Ich habe mir schon Sorgen gemacht, Eure Erwartungen nicht erfüllen zu können. «
»Ihr braucht Euch nicht zu sorgen«, antwortete sie, um ein Lächeln bemüht. »Eure Anwesenheit ist mir Erfüllung genug.«
Struan hatte das Gefühl, sein Herz würde sich unvermittelt in einen Schmiedehammer verwandeln. Beunruhigt rückte er ein wenig von ihr ab. Dabei sehnte er sich so sehr nach ihrer Nähe, dass ihm angst und bange wurde.
»Wie auch immer«, begann er und erwiderte nun doch ihren intensiven Blick, um seine Verlegenheit zu überspielen. »Eure Botschaften waren recht eindeutig, und ich habe mich ernsthaft gefragt, ob ich Euren Vorstellungen entsprechen kann. Wenn ich ehrlich bin, befürchte ich, dass dem nicht so ist.«
Das werden wir noch sehen, dachte Amelie hartnäckig und schenkte ihm trotz des eisigen Gefühls, das seine Bemerkungen in ihrer Magengrube verursacht hatten, ein bezauberndes Lächeln.
Er war unmerklich von ihr abgerückt, was sie ein Stück weit mutloser werden ließ. Wenn er doch nur nicht so echt, sondern aus Stein gemeißelt wäre, dachte sie voller Sehnsucht, dann hätte sie kein Problem damit, ihm hemmungslos um den Hals zu fallen und ihn von oben bis unten mit Küssen zu bedecken. Aber Steinstatuen hatten den Nachteil, dass sie Küsse nicht erwiderten. Und schließlich war es das, worauf es ihr ankam.
»Macht Euch keine Gedanken um meine Vorstellungen. Ihr bereitet mir eine Freude, indem Ihr mir ein wenig Eurer kostbaren Zeit schenkt. Nicht mehr und nicht weniger.«
Wie sie ihn bei diesem Gesprächsverlauf dazu bringen sollte, das Lager mit ihr zu teilen, war ihr ein Rätsel. Fast verließ sie der Mut.
Schließlich war sie nicht unerfahren. Obwohl ihr Vater stets versucht hatte, sie streng zu behüten, führte seine ständige Abwesenheit aufgrund seiner kaufmännischen Reisen zu Lücken in seinem dicht gesponnenen Überwachungsnetz, die es ihr durchaus ermöglichten, ab und an ein unbeobachtetes Eigenleben zu entwickeln. Dabei war sie kein Kind von Traurigkeit.
Vor drei Jahren, also bereits mit fünfzehn, hatte sie ihre Jungfräulichkeit verloren. Allerdings war ihr erstes Mal leider nicht so
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