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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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Laterne alle Kerzen an, die sich im Zimmer fanden — ganze vier an der Zahl —, dann gingen die drei Männer davon.
    Melisande lauschte deren Schritten, die sich entfernten, und sah sich schaudernd um. Sie war in einer Art Salon gelandet wenn man es so nennen konnte, denn wohnlich war es hier nicht gerade. Einige Stühle und Sessel, alle sehr alt und sehr hässlich, standen verloren im Raum herum. Die alte, geschnitzte Holzdecke lag so hoch droben, dass der dürftige Kerzenschein kaum bis ganz hinauf drang. Melisande meinte zudem, Spinnweben herabhängen zu sehen. Auch die Wände waren mit dunklem Holz getäfelt. Einzige Zier waren das Schnitzwerk und eine Vielzahl ausgestopfter Tierköpfe: mottenzerfressene Hirsche mit riesigen Geweihen, ein paar Dachse, ein Fuchs. Ihre gläsernen Augen funkelten unheimlich im flackernden Licht.
    Angewidert schüttelte sich Melisande und ging entschlossen zum mannshohen Kamin aus schwerem, grauem Stein hinüber. Auch er war alt — älter vermutlich als all das hölzerne Schnitzwerk — und rußgeschwärzt. Neben dem Kamin stand eine Kiste, in dem sie ein einzelnes Holzscheit und ein paar dürre Äste fand. Vorsichtig stapelte Melisande alles in den Kamin — zuerst das Scheit, obenauf die Äste — und versuchte, dabei nicht allzu viel an krabbelnde, schwarze Spinnen zu denken. Mouse kam schnüffelnd herbei, um zu schauen, was sie da Schönes trieb, fand es aber wohl recht langweilig und trottete wieder davon, um in den dunklen Ecken und Winkeln auf Erkundung zu gehen.
    Schließlich erhob Melisande sich wieder und klopfte sich die staubigen Hände ab. Vorsichtig tastete sie über den Kaminsims und stieß auf ein Glas mit verstaubten Zündhölzern. Sie zündete eines an der Kerzenflamme an und hielt es dann an die dürren Äste, doch die wollten kein Feuer fangen, und ehe sie sich versah, war der Zündspan abgebrannt. Melisande nahm sich einen neuen Span und wollte ihn gerade anzünden, als Mouse bellte.
    Erschrocken fuhr sie herum. Ein Mann stand hinter ihr — hochgewachsen, schlank, finster. Sein Haar war schulterlang und hing ihm wirr ins Gesicht. Er schaute Mouse an, der zu seinen Füßen stand und die Ohren spitzte, doch als Melisande sich umdrehte, wandte auch er den Kopf und sah sie an. Seine linke Gesichtshälfte war von schrecklichen Narben entstellt, die im flackernden Kerzenschein gewiss noch schlimmer aussahen, als sie tatsächlich waren. Die Augenhöhle war leer und tief eingesunken.
    Melisande ließ den Holzspan fallen.
    Munroes Diener ließ sie wissen, dass es im ganzen Haus keine sauberen Laken gäbe — „tut mir leid" —, und Jasper wollte den grässlichen kleinen Mann gerade wieder beim Schlafittchen packen, als er Mouse bellen hörte. Er wechselte einen Blick mit Pynch, und ohne ein Wort machten sie kehrt und rannten die dunkle Wendeltreppe wieder hinunter. Jasper fluchte. Er hätte Melisande nicht allein lassen sollen.
    Vor dem Salon hielt Jasper inne und pirschte sich dann lautlos heran. Mouse hatte nur einmal gebellt, danach war es still gewesen, was ein gutes oder ein schlechtes Zeichen sein konnte. Vorsichtig spähte er in das Zimmer. Melisande stand am anderen Ende des Raums, mit dem Rücken zum Kamin. Mouse stand vor ihr, wachsam und schützend, gab jedoch keinen Mucks von sich. Und vor den beiden stand ein hochgewachsener Mann in altem Jagdrock und Ledergamaschen.
    Jasper versteifte sich.
    Munroe drehte sich um, und Jasper ertappte sich dabei, wie er zusammenzuckte. Als er den Mann das letzte Mal gesehen hatte, waren seine Wunden ganz frisch gewesen, hatten noch geblutet. Es war ein schrecklicher Anblick gewesen. Die Zeit hatte die Wunden verheilen lassen und die ganze linke Gesichtshälfte mit Narben überzogen, was es indes kaum besser machte.
    „Renshaw", sagte Munroe heiser. Seine Stimme war schon immer etwas rau gewesen, aber nach Spinner's Falls klang sie gebrochen, so, als hätten seine Schreie ihr alle Kraft genommen. „Aber Lord Vale heißt es jetzt, oder?"
    „Ja." Jasper trat näher. „Und das ist Melisande, meine Frau."
    Munroe nickte, drehte sich jedoch nicht noch einmal nach ihr um, wie es die Höflichkeit geboten hätte. „Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich Ihnen geschrieben, dass Sie nicht kommen sollten."
    „Ich habe keinen solchen Brief erhalten", erwiderte Jasper ehrlich.
    „Manch einer würde auch daraus schließen, dass sein Besuch nicht erwünscht ist", sagte Munroe trocken.
    „So würde er das?" Jasper holte tief

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