Das Geheimnis des Viscounts
liebsten gebraten."
Einen Moment hielt er ihren Blick gefangen, ihre lachenden, braunen Augen. Im Zimmer war es ganz still geworden, die Diener irgendwo draußen im Flur. Jasper konnte jeden Atemzug hören, spürte die Zeit stillstehen, als er in die Augen seiner Frau blickte. Er meinte, an einen Scheideweg gelangt zu sein — an einen Wendepunkt in seinem Leben, der ihm neue Sichtweisen eröffnete, neue Gefühle —, was genau, wusste er nicht, doch es war zum Greifen nah. Er musste nur den einen, entscheidenden Schritt wagen.
Doch Melisande war es, die den Bann brach. Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf.
„Haben Sie vielen Dank für diese ausgesprochen amüsante Geschichte, Mylord", sagte sie und ging zur Tür des Speisezimmers. Jasper blinzelte. „Willst du mich denn schon verlassen?"
Sie blieb stehen und hielt ihm ihren aufreizenden, aufrechten Rücken zugewandt. „Ich hatte eigentlich gehofft, dass du mich nach oben begleitest." Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter — ernst, geheimnisvoll und allenfalls ein bisschen kokett. „Meine Regel ist vorüber."
Leise schloss sie die Tür hinter sich.
Kaum hatte sie die Tür des Speisezimmers hinter sich geschlossen, vernahm Melisande verhaltenes Fluchen, gefolgt von Gebell. Sie lächelte. Gewiss hatte Jasper vergessen, dass er Mouses Leine ums Handgelenk gebunden hatte. Rasch eilte sie die Treppe hinauf, warf jedoch nicht einen Blick zurück. Das Herz pochte ihr wild in der Brust; sie wusste, dass er ihr folgen würde. Der Gedanke ließ sie nur noch schneller eilen, und wenig später hatte sie auch schon den oberen Korridor erreicht.
Schwere Schritte stürmten hinter ihr die Treppe hinauf, kamen geschwind näher. Er schien immer zwei Stufen auf einmal zu nehmen. Völlig außer Atem, und das nicht nur vom schnellen Laufen, gelangte sie bei ihrem Zimmer an. Sie stieß die Tür auf, fand das Zimmer leer und eilte zum Kamin. Erst da drehte sie sich um.
Kurz darauf kam Jasper hereingeschlendert.
„Was hast du mit Mouse gemacht?" Sie bemühte sich, ruhig zu klingen.
„Ihn einem der Lakaien gegeben", sagte er knapp und schloss die Tür hinter sich ab.
„Verstehe."
Als er sich wieder umdrehte, hielt er inne und sah sie mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an. Er schien darauf zu warten, dass sie den nächsten Schritt tat.
Melisande holte tief Luft und ging zu ihm. „Gewöhnlich schläft er bei mir."
Sie streifte ihm seinen Rock von den Schultern.
„Hier, in diesem Zimmer?"
„In meinem Bett." Sorgsam hängte sie den Rock über einen Stuhl.
Er runzelte die Stirn. „Was du nicht sagst."
„Was ich nicht sage", wiederholte sie mit weicher Stimme, löste seine Krawatte und legte sie über den Rock. Die Hände bebten ihr, als leide sie am Schüttelkrampf.
„In deinem Bett."
„Ja." Sie knöpfte seine Weste auf.
Er streifte sie sich ab und ließ sie zu Boden fallen. Melisande sah es mit leisem Missfallen, beließ es dann dabei und wandte sich seinem Hemd zu.
„Man sollte meinen ..." Dann verstummte er, schien in Gedanken abzuschweifen.
Sie zog ihm das Hemd über den Kopf und sah ihn an. „Ja?"
Er räusperte sich. „Vielleicht sollten wir uns setzen."
„Warum?" Diesmal sollte es nicht wieder so ablaufen wie in ihrer Hochzeitsnacht. Mit den Fingerspitzen berührte sie seine Brust, strich über seinen Bauch, genoss es einfach, seine warme, nackte Haut zu spüren.
„Ah ..." Er holte scharf Luft und zog den Bauch ein.
Sie war derweil bei seinen Breeches angelangt und tastete nach den Knöpfen.
„Moment."
„Du meinst, wir sollen es langsamer angehen lassen?”, fragte sie ihn sanft und ließ die Knöpfe einen nach dem anderen durch die schmalen Knopflöcher schlüpfen.
„Nun ja ..."
„Ja?" Seine Hose klaffte auf.
„.Ah ..."
„Oder nein?" Sie schob ihre Hand in seine Leibwäsche und fand ihn so heiß und erregt, als warte er nur auf sie. Wohlige Vorfreude breitete sich in ihr aus. Heute Nacht würde sie ihn haben — und zwar so, wie sie es wollte.
„Nein", stieß er hervor und schloss gepeinigt die Augen.
„Gut", murmelte sie. „Das sehe ich genauso."
Damit fasste sie auch mit der anderen Hand in seine Breeches. Einen Moment schwankte er wie benommen, stemmte dann beide Beine fest auf den Boden.
Sie freute sich ihrer Entdeckungen. Seltsamerweise war sie auf einmal ganz ruhig, auch die Hände zitterten ihr nicht mehr, nun, da sie — endlich! — den verborgensten, intimsten Teil seines Körpers berührte. Sie
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