Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
Vom Netzwerk:
besonnener, wohlwollender Mann, aber sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass hinter der freundlichen Fassade Abgründe lauerten.
    „Melisande?"
    Sie drehte sich um. Er war auf der Treppe stehen geblieben und wartete auf ihre Antwort. Sein Gesicht lag im Dunkel, doch seine türkisblauen Augen leuchteten.
    Sie gab sich einen Ruck und nickte. „Ganz wie du wünschst." Da kam er auch die restlichen Stufen herunter, nahm sie bei der Hand und führte sie zu den Küchenräumen.
    Die Gesindegänge waren eng und düster, die Küche hingegen riesig. Eine ins Mauergewölbe gesetzte Feuerstelle dominierte den Raum auf einer Seite, zwei Fenster an der Rückseite des Hauses ließen Licht herein — zumindest bei Tage. Im Augenblick brannten Kerzen, um das abendliche Dunkel zu erhellen.
    Die Köchin, drei Küchenmädchen, einige Lakaien und der Butler waren mit den Vorbereitungen für das Abendessen ihrer Herrschaft beschäftigt. Als eben diese nun hereinkam, ließ die Köchin den Rührlöffel in die brodelnde Suppe fallen, und alle standen wie erstarrt da. Unter ihnen hallte Mouses Gebell im Kellergewölbe wider.
    „Mylord ...", setzte Oaks an.
    „Lassen Sie sich nicht bei der Arbeit stören", sagte Jasper. „Ich wollte nur dem Hund meiner Gemahlin einen Besuch abstatten. Ach ja ... Pynch."
    Der Kammerdiener hatte sich von einem Stuhl am Herdfeuer erhoben.
    „Haben Sie einen leckeren Happen Fleisch gefunden?", fragte Jasper.
    „Jawohl, Mylord", entgegnete Pynch. „Die Köchin war so freundlich, mir etwas von dem Rindfleisch von gestern Abend zu geben." Er reichte seinem Herrn ein kleines, in ein Taschentuch gewickeltes Bündel.
    Melisande räusperte sich.
    Jasper sah sie an. „Ja, meine Liebe?"
    „Falls das für Mouse ist ... er mag lieber Käse", meinte sie entschuldigend.
    „Wenn du das sagst, dann soll es so sein." Jasper wandte sich zur Köchin, die noch immer reglos neben der Suppe verharrte. „Haben Sie vielleicht ein Stück Käse für mich?"
    Die Köchin knickste. „Gewiss, Mylord. Annie!", rief sie. „Hol mal den Laib Käse aus der Kammer."
    Eines der Küchenmädchen huschte davon und kam mit einem runden Käselaib zurück, der fast größer war als ihr Kopf. Sie setzte ihn auf dem großen Holztisch ab und schlug vorsichtig das Tuch zurück.
    Die Köchin schnappte sich ein scharfes Messer und schnitt ein Stück heraus. „Ist das so recht, Mylord?"
    „Perfekt, Mrs Cook." Jasper grinste charmant, und die Wangen der Köchin färbten sich rosig. „Ich stehe für immer in Ihrer Schuld. Wenn Sie mir nun Ihren Keller zeigen wollen, Mr Oaks?"
    Der Butler ging ihnen voran durch die Vorratskammer zu einer Tür, hinter der eine Treppe hinab ins Kellergewölbe führte.
    „Stoß dir nicht den Kopf", sagte Jasper zu Melisande. Er selbst musste gebückt gehen, um die paar Stufen hinabsteigen zu können. „Danke, Oaks. Wir finden uns jetzt zurecht."
    Der Butler wirkte erleichtert, in die behagliche Küche zurückkehren zu können. Feucht und kühl war es im Keller, die Wände von Regalen gesäumt, auf denen reichlich Speis und Trank gelagert wurden. In einer Ecke war eine kleine Holztür, hinter der Mouse eingesperrt war. Sowie er Schritte auf der Treppe vernommen hatte, hatte er zu bellen aufgehört. Melisande konnte sich vorstellen, wie er hinter der Tür stand, den Kopf lauschend zur Seite geneigt.
    Jasper sah Melisande an und legte den Finger an die Lippen. Sie nickte und presste die Lippen fest zusammen.
    Er grinste und öffnete die Tür einen Spaltbreit. Sogleich reckte sich ein schwarzes Näschen heraus. Jasper ging in die Hocke und brach ein Bröckchen Käse ab.
    „So, Sir Mouse", murmelte er und hielt ihm den Käsehappen hin. „Habt Ihr über Eure Sünden nachgedacht?"
    Das Näschen zuckte kurz, dann nahm Mouse ganz, ganz vorsichtig den Käse aus Jaspers Hand und verschwand wieder.
    Melisande hätte erwartet, dass ihr Gatte die Tür jetzt ganz öffnen und sich Mouse schnappen würde, doch er wartete einfach, hockte da auf dem blanken Steinboden, als hätte er alle Zeit der Welt.
    Und siehe da: Kurz darauf erschien das schwarze Näschen wieder und schnupperte. Diesmal hielt Jasper den Käse außer Reichweite des Hundes.
    Gespannt hielt Melisande den Atem an. Mouse konnte schrecklich stur sein. Andererseits liebte er Käse geradezu abgöttisch. Der Terrier stupste die Tür mit der Schnauze auf. Hund und Herr beäugten sich einen Moment, dann kam Mouse herausgetrottet und nahm sich auch den zweiten

Weitere Kostenlose Bücher