Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman
vollgestopft sein wird, wog sie noch rasch ab, bevor sie die Tür öffnete.
Mattes hob gerade den Arm, um erneut anzuklopfen. Als Greta bei seinem Anblick die Augenbrauen in die Höhe rutschten, räusperte er sich, ohne jedoch etwas zu sagen. Einen Moment lang standen sie unschlüssig voreinander. Fado hingegen waren solche Verlegenheiten fremd, er drängte sich kurzerhand an Greta vorbei, auf der Suche nach einem molligen Plätzchen, um sich das von der Frostluft berührte Fell aufzuwärmen.
»Fado, wir sind nicht vorbeigekommen, um uns einzunisten!«, rief Mattes seinem Hund hinterher. Allerdings nicht halbwegs mit der gleichen Autorität, mit der er ihm ansonsten Kommandos erteilte. »Tut mir leid, dass Fado einfach …«
»Was machst du hier, Mattes?«, unterbrach ihn Greta. Mit einem Schlag breitete sich die Wut in ihr aus, die sie vorhin noch vermisst hatte. Was dachte sich dieser Kerl eigentlich dabei, hier aufzutauchen? Er konnte froh darüber sein, dass sie sich überhaupt die Mühe machte, mit ihm zu reden, anstatt ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen.
Trotz der Kälte zog sich Mattes die Mütze vom Kopf und fuhr sich durchs Haar. Eine allmählich vertraute Geste. »Ich war mit Fado spazieren.«
»Fein. Dann sieh zu, dass du rasch weiterkommst. Es dämmert bereits.«
Mattes blinzelte, als habe sie ihm eine Ohrfeige verpasst. »Das werde ich auch, ich wollte dir nur die Fotoabzüge vorbeibringen.«
»Danke, aber es reicht vollkommen, wenn du mir die Negative wiedergibst, dann werde ich mich selbst um Abzüge kümmern. Und keine Sorge: Die Aufnahmen, die in welchem Zusammenhang auch immer mit deiner Familie stehen, kümmern mich einen feuchten Kehricht. Die Familie Ennenhof interessiert mich nicht, weder ihre Vergangenheit noch ihre Gegenwart.«
»Das habe ich durchaus verstanden.« Was jedoch nicht dazu führte, dass Mattes verschwand. Stattdessen stülpte er in nervtötender Gründlichkeit die Wollmütze um, als sei ein Spickzettel in ihr verborgen. Dabei wäre sie deutlich besser auf seinem Kopf aufgehoben gewesen, wie seine geröteten Ohren bewiesen. »Ich wollte die Angelegenheit nur nicht so im Raum stehen lassen, Adele hat mir nämlich erzählt, dass eure Unterhaltung nicht einmal ansatzweise in die Richtung gegangen ist, die ich vermutet hatte. Es tut mir leid, dass ich dir aus dem Blauen heraus solche Vorwürfe gemacht habe.«
Das war ja eben eine Entschuldigung … Dieser ausgemachte Sturkopf ist soeben tatsächlich zurückgerudert.
Unwillkürlich musste Greta schlucken und hoffte, dass man ihr nicht ansah, wie ihre Wut nachließ. Sonst kam Mattes noch auf die Idee, dass seine Unterstellung sie nicht sonderlich gekränkt hatte und dass es ihm durchaus zustand, beliebig Beschuldigungen auszusprechen, anstatt sein Temperament zu zügeln und erst einmal zuzuhören.
»Ist schon gut«, antwortete sie ausweichend. »Es hat ganz den Anschein, dass wir uns beide in dem anderen getäuscht haben. Ich bin nicht halb so neugierig und versessen, wie du gedacht hast. Und du bist eben auch nur ein Mensch, der Fehler macht. Na ja, dass du Fehler machst, habe ich ja schon bei unserem ersten Zusammenstoß mitbekommen, aber irgendwie habe ich das zwischenzeitlich wohl vergessen gehabt. Wenn du mir also einfach die Negative gibst …«
»Könnte ich nicht reinkommen, und wir sprechen in Ruhe miteinander? Ich war an dem Abend ziemlich durch den Wind, nachdem Trude mir dein vertrauliches Gespräch mit Mathilde auf die Nase gebunden hat. Die Art, wie ich diese Beziehung beendet habe, war nicht gerade rühmlich. Ich hätte es dir eines Tages gern selbst erzählt, weil man meine Entscheidung leicht missverstehen kann. Und – ehrlich gesagt war ich auch ein wenig sauer, dass du Mathilde aufgesucht hast.«
»Willst du mir jetzt etwa unterstellen, dass ich deine Exfreundin nur aus dem einen Grund angesprochen habe? Um alles über dein Verhalten in Liebesdingen herauszufinden?« Greta deutete an, die Tür zuschlagen zu wollen, doch Mattes schüttelte hastig den Kopf.
»Nein, das nun nicht. Ich mache mir nur Sorgen, was du jetzt von mir hältst. Schließlich lässt mich die Art, wie ich mich von Mathilde getrennt habe, in einem verdammt schlechten Licht dastehen. Es war ja unleugbar meine Schuld, dass wir keinen Weg gefunden haben, um zusammenzubleiben. Aber es ging nun einmal nicht, weil ich eben ich bin. Seitdem habe ich mir unablässig den Kopf zermartert, ob mir ein solcher Fehler beim nächsten Mal wieder
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