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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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prompt zu einem Schwesterngespräch verdonnert. Zuerst hatte sich Greta drücken wollen, nicht bloß weil es sie zu Mattes zurückzog, sondern auch weil sie im Gesicht ihrer Schwester ein abfälliges Zucken zu bemerken glaubte, als Wencke das Gespräch auf den »Fischer« von »diesem gottvergessenen Sandhaufen im Meer« brachte. Doch zu Gretas Verwunderung hatte sie sich bei einem Glas Wein in Ruhe angehört, warum und an wen ihre Schwester ihr Herz verloren hatte. Anstelle von biestigen Kommentaren und Unterstellungen hatte Wencke sogar Gretas Sorge vor einem Leben auf Beekensiel gemildert. »Heutzutage ist man doch nicht mehr von der Welt abgeschnitten, nur weil man auf einer Insel sitzt! Es gibt da diese kleine Erfindung namens Internet, über das kannst du deine veganen Klamotten bestellen und in Foren mit Gleichgesinnten über den Sinn des Lebens diskutieren. Wobei ich zugeben muss, dass Beekensiel außer Sand und Seegras wirklich nicht viel zu bieten hat. Andererseits bist du auch noch nie versessen darauf gewesen, ein Leben zwischen Betonklötzen zu führen, denk nur an Berlin. Und dir wird bestimmt eine sinnvolle Aufgabe einfallen, falls es dir schlussendlich nicht doch noch gelingt, den Fischer von seiner Insel herunterzubekommen.« Offenbar hatte sich Wencke nach ihrem letzten Streit Gedanken darüber gemacht, wie sie mit ihrer Schwester umsprang – anders konnte sich Greta diesen erfreulichen Wandel nicht erklären.
    Jetzt wollte Wencke die Chance nutzen, einen Blick auf den neuen Mann an Gretas Seite zu werfen. »Hallo, ich bin Wencke«, begrüßte sie Mattes, dem gleich der Parka von den Schultern rutschte, als er ihr die Hand reichte. Bei diesem Wetter war ein geschienter Arm, der durch keinen Ärmel passte, ein einziges Ärgernis. »Mensch, Sie sehen aus, als hätte ein Trupp Schläger Sie in die Mangel genommen, vollkommen zerstört und verbeult. Kaum zu glauben, dass einem so etwas auf dem Meer passieren kann.«
    »Ja«, sagte Mattes. »Ich wusste gleich, dass ich mir mit dem Bootsunglück eine ziemlich schwache Geschichte aus den Fingern gesaugt habe, um die Prügelaffäre zu kaschieren. Aber verraten Sie es bitte nicht weiter.«
    Ein Sekunde stand Wencke wie angefroren da, dann lächelte sie. Es war ein echtes, warmes Lächeln, wie man es bei ihr nur selten zu sehen bekam. »Sie haben ja Humor. Den werden Sie brauchen, falls Sie es länger mit Greta aushalten wollen. So, ich muss jetzt los. Till ist mit den Kindern schon mal an den Strand vorgegangen, und vermutlich befindet er sich bereits am Rande eines Nervenzusammenbruchs, weil sie nicht auf ihn hören. Wir sehen uns dann heute Abend zum Essen?«
    Mattes nickte. »Auf jeden Fall. Obwohl es schade ist, dass der Rest der Familie schon abgereist ist, um alles für Arjens Rückkehr vorzubereiten. Aber so oder so, das wird bestimmt nett.«
    »Natürlich wird es nett. Mindestens.« Bevor Wencke ging, nahm sie Greta noch rasch beiseite. »Okay«, flüsterte sie. »Der Kerl ist zwar nicht einmal ansatzweise so smart wie Erik, aber der hat definitiv was, auch wenn er es hinter seiner rauen Schale verbirgt. Da hast du dir einen ordentlichen Fisch an Land gezogen.«
    Greta gab ihrer Schwester einen Kuss auf die Wange, dann ging sie zu Mattes, der seinen Parka gerade vom Boden aufklaubte.
    »Hätte ich mir diesen verflixten Arm nicht im Sommer brechen können?«
    »Ich für meinen Teil hätte gut ganz darauf verzichten können, bis auf die Narbe über der Braue, die wird dir bestimmt einen Hauch von Verwegenheit verleihen. Und?«, fragte Greta, nachdem sie sich versichert hatte, dass Wencke außer Hörweite war. »Wie findest du sie?«
    »Ist ein ganz umgänglicher Mensch, deine Schwester. Ich weiß gar nicht, was du hast.«
    Greta drohte ihm mit dem Zeigefinger. »Übertreib es nicht, deine Schonfrist wird schon bald ein Ende haben, und dann werde ich mich für deine Frechheiten rächen. Ich habe ein Elefantengedächtnis.«
    »Und ich einen guten Draht zu deiner großen Schwester. Also womit willst du mir drohen?«
    »Entzug von etwas, das du nur von mir bekommst.«
    Mit gespieltem Entsetzen zog Mattes die Brauen hoch, was wegen des Pflasters gründlich misslang. Stattdessen ließ er den Parka, wo er war, und legte seinen Arm um Gretas Taille. Sie spürte seine Lippen an ihrem Ohr … seinen Atem, wie er zum Flüstern ansetzte … um im nächsten Moment erschrocken zusammenzufahren.
    »Mattes, mein Junge, du bist ja schon da!« Trude stürmte aus der

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