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Das Geheimnis des weißen Bandes

Das Geheimnis des weißen Bandes

Titel: Das Geheimnis des weißen Bandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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aufgelöst, und obwohl es noch immer sehr kalt war, strahlte die Sonne. Die Menschen strömten in die Warenhäuser und wieder heraus, und die Straßenhändler schoben ihre Karren zwischen ihnen herum und priesen ihre Herrlichkeiten laut an. An der Wimpole Street hatte sich eine große Menge um einen italienischen Drehorgelspieler versammelt, der eine traurige neapolitanische Weise erklingen ließ, was wiederum eine ganze Reihe von Schwindlern und Schnorrern angelockt hatte, die unter den Zuschauern herumgingen und ihre mitleiderregenden Geschichten erzählten. Praktisch an jeder Ecke waren irgendwelche Straßenkünstler im Einsatz, und ausnahmsweise schien niemand den Ehrgeiz zu haben, sie zu verscheuchen.
    Wir speisten im Café de l’Europe, wo man uns eine exzellente Wildpastete servierte, und Holmes schien bester Laune zu sein. Er sprach nicht über den Fall, jedenfalls nicht direkt,aber ich entsinne mich, dass seine Gedanken um die bildenden Künste kreisten, und wie man sie zur Lösung von Kriminalfällen einsetzen könnte.
    »Erinnern Sie sich an die vier verlorenen Constables, von denen uns Carstairs erzählt hat? Es handelte sich um Ansichten aus dem Lake District von der Jahrhundertwende, die der Künstler gemalt hatte, als er in düsterer Stimmung war. Die Farben auf der Leinwand ließen Rückschlüsse auf seine Psyche zu, und wenn sich jemand so etwas an die Wand hängt, erfahren wir auch etwas über dessen Seelenzustand. Ist Ihnen zum Beispiel die Kunst aufgefallen, die in Ridgeway Hall ausgestellt war?«
    »Der größte Teil davon war französisch. Es gab eine Landschaft aus der Bretagne, und das Bild einer Brücke über die Seine. Ich fand, es waren sehr schöne Bilder.«
    »Sie haben sie bewundert, aber keinerlei Schlüsse daraus gezogen?«
    »Sie meinen, im Hinblick auf Edmund Carstairs’ Charakter? Das Landleben scheint er der Stadt vorzuziehen. Die Unschuld der Kindheit gefällt ihm, und er umgibt sich mit leuchtenden Farben. Ich nehme an, dass man einiges aus den Bildern schließen kann, die wir an seinen Wänden gesehen haben. Aber man kann nicht unbedingt davon ausgehen, dass Carstairs jedes Stück selbst ausgesucht hat. Seine Frau oder die verstorbene Mutter könnten dabei mitgewirkt haben.«
    »Sie haben recht.«
    »Und außerdem kann selbst ein Gattenmörder eine mildere Seite in seiner Natur haben, die ihren Ausdruck in seinem Kunstgeschmack findet. Erinnern Sie sich an die Geschichte von Horace Abernetty. Er hatte an den Wänden sehr feinsinnige Studien der örtlichen Pflanzenwelt, soweit ich mich erinnere. Und doch war er ein ganz übles, tückisches Subjekt.«
    »Nun, wenn Sie es schon erwähnen, dann möchte ich doch darauf hinweisen, dass es sich nach meiner Erinnerung vor allem um Giftpflanzen handelte.«
    »Und wie sieht es mit der Baker Street aus, Holmes? Wollen Sie mir ernsthaft versichern, dass ein Besucher in Ihrem Salon aus der Betrachtung der Bilder an Ihren Wänden Rückschlüsse auf Ihren Charakter ziehen kann?«
    »Nein. Aber man könnte eine Menge über meinen Vorgänger erfahren. Denn ich kann Ihnen versichern, Watson, dass sich kaum ein Bild in meiner Wohnung befindet, das nicht schon dort gewesen wäre, als ich dort einzog. Sie werden ja wohl kaum davon ausgehen, dass ich aus dem Haus gegangen und jenes Porträt von Henry Ward Beecher gekauft hätte, das über Ihren Büchern gehangen hat. Ein bewundernswerter Mann, nach allem, was man von ihm weiß, und seine Ansichten über Sklaverei und Intoleranz sind höchst lobenswert, aber es ist eine Hinterlassenschaft von irgendjemand, der diesen Raum vor mir bewohnt hat, und ich habe lediglich darauf verzichtet, es zu entfernen.«
    »Haben Sie nicht das Bild von General Gordon erworben?«
    »Nein. Aber ich habe es restaurieren und rahmen lassen, nachdem ich ihm versehentlich eine Kugel verpasst hatte. Und auch das habe ich nur deshalb getan, weil Mrs. Hudson darauf bestanden hat. Wissen Sie, ich könnte eigentlich eine kleine Monographie darüber schreiben: Der Nutzen der Kunst für die Detektivarbeit.«
    »Holmes, Sie bestehen offenbar darauf, sich als Roboter zu betrachten.« Ich lachte. »Selbst ein Meisterwerk ist für Sie nur ein Beweisstück auf der Jagd nach Verbrechern. Vielleicht sollten Sie Ihr Kunstverständnis schulen, um etwas menschlicher zu werden. Ich muss darauf bestehen, dass Sie mich in die Royal Academy begleiten.«
    »Heute haben wir schon die Galerie von Carstairs & Finch auf unserer Tagesordnung, und ich

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