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Das Geheimnis des weißen Bandes

Das Geheimnis des weißen Bandes

Titel: Das Geheimnis des weißen Bandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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gesagt haben. Es wurde doch vor diesem Gericht nichts Fragwürdiges oder Unglaubwürdiges behauptet.«
    »Nein? Da erlaube ich mir aber, anderer Meinung zu sein, Lestrade. Ich habe gleich mehrere unglaubwürdige Dinge gehört. Fangen wir mal mit dem guten Doktor Ackland an. Fanden Sie es nicht überraschend, dass er zwar nicht erkennen konnte, wer die Schüsse abgefeuert hatte, weil es zu dunkel war, dass er aber im selben Atemzug behauptet hat, er hätte den Revolver rauchen sehen? Das Sehvermögen von diesem Doktor Ackland muss ganz ungewöhnlich sein, scheint mir. Und dann Harriman selbst. Vielleicht sollten Sie mal überprüfen, ob es wirklich einen Bankeinbruch in der White Horse Road gegeben hat. Das erscheint mir ein wenig zu viel der göttlichen Fügung.«
    »Warum denn?«
    »Weil ich, wenn ich eine Bank ausrauben wollte, bis nach Mitternacht warten würde, wenn die Straßen nicht mehr so belebt sind. Außerdem würde ich mir ein Geldinstitut in Mayfair, Kensington oder Belgravia vornehmen, wo die Kunden ein bisschen Geld in die Kassenräume getragen haben, das zu stehlen sich wirklich lohnt.«
    »Und Perkins?«
    »Constable Perkins war der einzige ehrliche Zeuge. Watson, ich überlege gerade, ob ich Sie vielleicht bitten könnte …«
    Aber noch ehe Holmes ausreden konnte, erschien Harriman mit hochrotem Kopf in der Tür. »Was zum Teufel geht hier vor?«, fragte er. »Warum ist der Gefangene nicht auf dem Weg in die Zelle? Wer sind Sie, Sir?«
    »Ich bin Inspektor Lestrade.«
    »Lestrade! Sie kenne ich doch! Aber das hier ist mein Fall. Was mischen Sie sich da ein?«
    »Mr. Holmes ist mir sehr gut bekannt –«
    »Mr. Holmes ist sehr vielen Leuten bekannt. Wollen Sie die alle herbringen?« Harriman wandte sich dem Polizisten zu, der Holmes aus dem Gerichtssaal heruntergebracht hatte und der jetzt mit sichtlichem Unbehagen neben uns stand. »Wachtmeister! Geben Sie mir Ihren Namen und Ihre Nummer! Sie werden in dieser Angelegenheit noch von mir hören. Für den Augenblick können Sie Mr. Holmes in den Hof begleiten, wo der Gefängniswagen auf ihn wartet, der ihn zu seinem nächsten Wohnsitz bringt.«
    »Und wo wird das sein?«, fragte Lestrade.
    »Er wird im Zuchthaus Holloway untergebracht.«
    Ich erbleichte bei dieser Auskunft. Ganz London kannte die erbärmlichen Bedingungen in diesem riesigen, grimmigen Bau. »Holmes!«, rief ich. »Ich werde Sie besuchen –«
    »Ich bedaure, Ihnen widersprechen zu müssen, aber Mr. Holmes wird keinerlei Besuche empfangen, bis ich meine Ermittlungen völlig zum Abschluss gebracht habe.«
    Es gab nichts mehr, was Lestrade oder ich hätten tun können. Holmes machte keinen Versuch, sich zu wehren. Er erlaubte dem Polizisten, ihn hochzuziehen und aus dem Raum zu führen. Harriman folgte ihnen, und wir beide blieben allein zurück.

13

Gift
    Am Montag nach der Verhaftung meines Freundes berichteten dann auch die Zeitungen über den Tod von Sally Dixon und die Verhandlung. Einen dieser Berichte habe ich aufbewahrt, auch wenn das Papier im Lauf der Jahre so mürbe geworden ist wie ein Stück Seidenpapier.
     
    Ein schweres und besonders abscheuliches Verbrechen wurde in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag am Coppergate Square in der Nähe des Limehouse Basin verübt. Kurz nach Mitternacht hörte Constable Perkins von der Abteilung H bei seinem Streifengang einen Revolverschuss und begab sich umgehend an den Ort der nächtlichen Ruhestörung. Dort traf er leider zu spät ein, um das Opfer, ein sechzehnjähriges Schankmädchen aus einer Londoner Gastwirtschaft, noch zu retten, das in der Nähe gewohnt hat. Es wird vermutet, dass sie sich auf dem Heimweg befand, als sie ihrem Mörder begegnete, der gerade aus einer der berüchtigten Opiumhöhlen kam, für die dieser Stadtteil bekannt ist. Als Täter wurde Mr. Sherlock Holmes, ein Privatdetektiv aus dem Londoner Westend, identifiziert und an Ort und Stelle verhaftet. Obwohl er jede Beteiligung an der Tat abstreitet, trat vor dem Magistratsgericht in der Bow Street gleich eine ganze Reihe von hochrespektablenZeugen gegen ihn auf, darunter Dr. Thomas Ackland vom Westminster Hospital und Lord Horace Blackwater, der in Hallamshire Äcker und Weideland von über tausend Morgen bewirtschaftet. Mr. Holmes ist jetzt ins House of Correction in Holloway verlegt worden. Der traurige Vorfall wirft erneut ein erschreckendes Schlaglicht auf die fatale Rolle der Drogen in unserer Gesellschaft, die in solchen, vom Gesetz

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