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Das Geheimnis des weißen Bandes

Das Geheimnis des weißen Bandes

Titel: Das Geheimnis des weißen Bandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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kümmert sich gerade darum. Es wird mindestens eine Stunde dauern, ehe sie fertig ist.«
    »Ich bin gern bereit zu warten«, sagte ich. »Aber wenn ich darf, würde ich die Zeit gerne nutzen, um die Küche zu inspizieren. Wenn Ihre Schwester so fest davon überzeugt ist, dass etwas mit ihrem Essen nicht stimmt, dann sollte man sich vielleicht mal des Ortes annehmen, wo man es zubereitet.«
    »Aber natürlich, Mr. Watson. Und bitte entschuldigen Sie, wenn ich eben etwas unhöflich war. Ich wünsche Mr. Holmes alles Gute und freue mich sehr, Sie zu sehen. Es ist bloß, dass dieser Albtraum nie aufhört. Erst Boston, dann meine arme Mutter, die schreckliche Geschichte in diesem Hotel, und jetzt Eliza. Erst gestern habe ich eine Gouache aus der Schule vonRubens erworben, eine schöne Studie von Moses am Roten Meer. Aber allmählich frage ich mich, ob ich nicht von schlimmeren Plagen heimgesucht werde als der Pharao seinerzeit.«
    Wir gingen ins Souterrain und betraten eine große, helle, gut belüftete Küche, die so mit Töpfen und Pfannen, dampfenden Kesseln und Hackbrettern vollgestellt war, dass man den Eindruck größter Betriebsamkeit hatte, obwohl eigentlich gar nicht viel passierte. Drei Personen waren im Raum. Die eine erkannte ich gleich: Kirby, der Butler, der uns seinerzeit eingelassen hatte, als wir zum ersten Mal nach Ridgeway Hall kamen, saß am Tisch und schmierte sich gerade Butter aufs Brot. Am Herd stand eine pummelige Rothaarige, ein wahrer Pudding von einer Frau, und rührte in einer Gemüsesuppe mit Rindfleisch, deren feines Aroma die Luft füllte. Die dritte Person war ein verschlagen wirkender junger Mann, der in der Ecke saß und das Besteck putzte.
    Kirby war sofort aufgestanden, als wir hereintraten, aber der junge Mann blieb sitzen und sah uns nur über die Schulter an, als wären wir Eindringlinge, die kein Recht hatten, ihn zu stören. Er hatte langes blondes Haar, ein Gesicht, das sehr mädchenhaft wirkte, und war ungefähr achtzehn oder neunzehn. Ich erinnerte mich, dass Carstairs vom Neffen von Kirbys Frau erzählt hatte, Patrick – das musste er wohl sein.
    Carstairs stellte mich vor. »Das ist Dr. Watson. Er versucht, die Ursache für die Krankheit meiner Schwester zu finden. Es kann sein, dass er Ihnen einige Fragen stellt, und ich möchte Sie bitten, diese Fragen so genau und ehrlich zu beantworten, wie es nur geht.«
    Obwohl ich ja selbst darum gebeten hatte, in die Küche gelassen zu werden, war ich mir keineswegs sicher, wo ich mit meiner Untersuchung beginnen sollte. Ich fing mit der Köchin an, die mir von den dreien am zugänglichsten schien. »Sie sind Mrs. Kirby?«, sagte ich.
    »Ja, Sir.«
    »Und Sie kochen das gesamte Essen?«
    »Alles wird hier in der Küche gekocht, Sir. Von mir und meinem Ehemann. Patrick schält die Kartoffeln und hilft beim Abwaschen, wenn man ihn dazu überredet, aber alles Essen geht durch meine Hände, und wenn in diesem Hause etwas vergiftet wird, Dr. Watson, dann nicht in der Küche. Meine Küche ist makellos. Wir putzen sie jeden Monat einmal mit Karbol. Sie können auch gern die Speisekammer ansehen. Es ist alles an Ort und Stelle, und es gibt genug frische Luft. Alle Lebensmittel werden hier am Ort gekauft, und was nicht frisch ist, kommt nicht durch die Tür.«
    »Verzeihung, aber an Miss Carstairs Erkrankung ist nicht das Essen schuld, Sir«, grummelte Kirby mit einem Blick auf den Hausherrn. »Sie und Mrs. Carstairs essen dasselbe wie Ihre Schwester, und Ihnen beiden fehlt nichts.«
    »Wenn Sie mich fragen, dann ist etwas Fremdes in dieses Haus gekommen«, sagte Mrs. Kirby.
    »Was wollen Sie damit sagen, Margaret?«, fragte Catherine Carstairs.
    »Ich weiß nicht, Ma’am. Ich will gar nichts sagen. Aber wir machen uns alle die größten Sorgen um die arme Miss Carstairs, und irgendwie hat man das Gefühl, dass irgendwas mit diesem Haus nicht mehr stimmt. Aber was immer es sein mag: Mein Gewissen ist rein, und wenn jemand sagt, ich wäre schuld, würde ich morgen gleich meine Sachen packen und gehen.«
    »Niemand gibt Ihnen die Schuld, Mrs. Kirby.«
    »Aber sie hat doch recht. Es ist wirklich was faul hier.« Es war der Küchenjunge, der plötzlich das Wort ergriff, und sein Akzent erinnerte mich nur allzu deutlich daran, dass Mr. Carstairs gesagt hatte, er käme aus Irland.
    »Ihr Name ist Patrick, nicht wahr?«, fragte ich.
    »Das stimmt, Sir.«
    »Und woher kommen Sie?«
    »Aus Belfast, Sir.«
    Es war sicher nur ein Zufall, aber Rourke

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