Das Geheimnis des Wuestenprinzen
Sie konnte ihn unmöglich begehren.
âAm Rand des Flussbetts gibt es die nächsten Kilometer viele Steine. Ziehen Sie die hier anâ, sagte sie wenige Minuten später und warf ihm ein Paar Lederhandschuhe zu. âSie werden darin schwitzen, aber es ist immer noch besser, als eine Blutspur zu hinterlassen.â
âDankeâ, erwiderte er leise, bevor er die Handschuhe anzog. Tatsächlich waren seine Hände schon abgeschürft und seine Sachen durchlöchert.
âKommen Sieâ, flüsterte Hana ungeduldig.
Erst nach zwei Stunden, als die Sonne bereits hell strahlte, legten sie wieder eine Pause ein.
âDieser Ãberhang ist ideal zum Schlafenâ, verkündete Hana. Sie lehnte sich unter dem Felsvorsprung an die Wand und streckte sich, bevor sie in ihrem Rucksack zu wühlen anfing.
Da ihr Anblick ihn zu sehr durcheinanderbrachte, sah Alim nach vorn, während er sich neben sie setzte und ebenfalls die schmerzenden Arme und Beine dehnte. Ãberrascht stellte er fest, dass er trotz seiner Schmerzen und der Erschöpfung Appetit hatte.
Umso fassungsloser war er, als sie ihm nur einen Energieriegel reichte.
âEssen Sie ihn ganz langsam. Ich habe nur das Nötigste für die Flucht beiseitegeschafft, es gibt also immer nur halbe Rationen.â Forschend betrachtete sie ihn. âSie haben Schmerzen. Trinken Sie etwas von dem Weidenrindenextrakt, bevor Sie sich hinlegen.â
Aus Ãrger darüber, dass sie ihn ständig herumkommandierte und ihn immer noch als Patienten betrachtete, machte er eine wegwerfende Geste. âNachher wird es mir besser gehen.â
âSeien Sie nicht so stur! Trinken Sie es, und nehmen Sie noch eine Schmerztablette.â
Allmählich ging ihr belehrender Tonfall ihm auf die Nerven. Aber sie hatte recht. Also gehorchte er.
âNa los, sagen Sie es schonâ, meinte sie amüsiert.
Als er sich zu ihr umwandte, sah er das Funkeln in ihren Augen. Bisher hatte er noch nie eine Frau zum Lachen gebracht, es sei denn, er hatte einen Witz gemacht. âWas?â
âSie wissen schon. Sie sind der Mann und würden mich zu gern in meine Schranken weisen. Tun Sie sich keinen Zwang an, ich kann damit umgehen.â Als sie lächelte, bildeten ihre weiÃen Zähne einen faszinierenden Kontrast zu ihrem staubbedeckten Gesicht.
Sofort verflog sein Zorn. âMerkt man es mir so sehr an?â, erkundigte Alim sich zerknirscht. Als sie lachend nickte, fügte er steif hinzu: âIch habe kein Recht, meine Autorität auszuüben.â Er war es nicht gewohnt, sich zu entschuldigen, aber erstaunlicherweise ging es ihm jetzt besser.
âWar das nun so schlimm?â
Er seufzte. âWas Ihre Einstellung angeht, sind Sie eine echte Australierin, stimmtâs? Ihr Vater muss es schwer gehabt haben, wenn er in seinen Traditionen verwurzelt war â¦â
Sofort verstummte er, als er den Ausdruck in ihren Augen sah, denn er verriet unendlichen Schmerz. Und Trotz.
âHana â¦â
Doch sie ging nicht darauf ein, sondern legte sich hin. âIch schlafe jetzt und rate Ihnen, es auch zu tun. Heute Nacht müssen wir schneller vorankommen.â Dann drehte sie sich um.
Alim bereute seine unbedachten Worte. Hana wollte keine Entschuldigung hören, weil er sie verletzt hatte, eine Frau, die ihr Leben riskierte und ihr Zuhause für ihn aufgegeben hatte, einen Mann, den sie kaum einen Tag kannte.
âEs sollte ein Scherz sein, Hana, aber ich habe Sie gekränkt. Es tut mir leid. Ich werde das Thema nicht mehr anschneiden.â
Nach einem Moment nickte sie. âIch schlafe jetztâ, brachte sie hervor.
âGute Nachtâ, erwiderte er leise. Und wieder verspürte er ein Gefühl, das ihm früher völlig fremd gewesen war â Scham.
Trotz seiner Erschöpfung lag er noch lange wach â und Hana auch, wie er annahm.
Als Hana irgendwann aus dem Schlaf schreckte, spürte sie Alims Arm um sich.
Es war tröstlich. Und gleichzeitig erregte seine Nähe sie. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte sie sich beim Aufwachen nicht so mutterseelenallein.
Doch sie hatte sich geschworen, nie wieder dem Willen und den Bedürfnissen eines Mannes nachzugeben, weil es sie damals beinah umgebracht hätte.
âLassen Sie mich los!â, befahl sie ruhig. Zwar war Alim nicht wie Mukhtar, der ihr mit seinen kriminellen Aktivitäten, seiner Besessenheit und seinem Egoismus das
Weitere Kostenlose Bücher