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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Ohren. „Wollen wir noch enger zusammenarbeiten?“ fragte sie ein paar Stunden später, als das Weinlokal dichtmachte. „Ich wohne hier um die Ecke.“
    „Besser um die Ecke wohnen, als jemanden um die Ecke bringen“, nahm der Oberkommissar das Angebot an.
    – Rückblende –
    Noch regnete es nicht, was sich aber von einer Sekunde auf die andere ändern konnte. Für sein Vorhaben war es nicht von Bedeutung. Ich bin doch kein Schönwetterrächer, dachte er. Der Gedanke stimmte ihn froh. Er stand in derselben Toreinfahrt, in der er über viele Abende verteilt schon etliche Stunden verbracht hatte. Die Schlinge hatte er sich um die rechte Faust gewickelt. Er hätte gerne gewußt, wie er mit der Perücke aussah, jetzt, da ihm die durchnäßten Haare glatt über der Schulter hingen. Der Regenschauer hatte ihn auf Höhe des Spielparks Louisa erwischt. Wie beim ersten Mal war er ein bißchen nervös. Pausenlos sah er auf die überdimensionierte Uhr vom Uhren-Walther. Nur zäh rückte der Zeiger vorwärts.
    Dann war es endlich soweit. Im Flur ging das Licht an. Er trat einen Schritt zurück. Die Drahtschlinge verlieh ihm Stärke. Etwas Magisches ging von ihr aus und übertrug sich auf ihn.
    Als die Tür zugefallen war und Ingolf Decker sich die obligatorische Zigarette angezündet hatte, wartete er noch ein paar Sekunden. Dann folgte er ihm. Zu seinem Entsetzen erblickte er die Silhouette des Opfers mit einem aufgespannten Regenschirm, obwohl es doch bloß nieselte. Sein Plan sah vor, dem Bäcker in dem Moment die Schlinge über den Kopf zu ziehen, wenn dieser sich leicht nach vorne beugte, um sein Auto aufzuschließen. Der Schirm aber war nicht vorgesehen. Würde er mit der rechten Hand aufschließen und den Schirm dabei in der linken halten? Dann könnte es zu Komplikationen kommen, überlegte er, je nachdem, wie weit er den Regenschirm vom Kopf entfernt hielt. Er merkte, wie er viel zu schnell ging. Er merkte auch, daß sein Puls raste. Sein erster Impuls war, die ganze Sache abzublasen und zu verschieben, denn wenn er das hier vermasselte, würde vielleicht Jens Auer davonkommen. Alternativ könnte er dem Bäcker auch das Leben schenken und sich voll und ganz auf den Taxifahrer konzentrieren. Letzteren würde er ja gleich noch sehen. Das war die Pirouette, die er sich ausgedacht hatte und auf die er mächtig stolz war.
    Nachdem er ein paar langsamere Schritte eingelegt und sich zu tieferen Atemzügen gezwungen hatte, beruhigte sich auch sein Puls wieder. Vorsichtig spähte er in die Herzogstraße.
    Noch bevor Ingolf Decker in den Hof bog, in dem sein Auto stand, blieb er kurz stehen und schüttelte die wenigen Tropfen vom Schirm.
    Das nahm er als Zeichen. Kein gespannter Regenschirm, keine Probleme. Gleich, mein Lieber, dachte er, gleich wird dein Alltag mit seinen kleinen Dramen für immer der Vergangenheit angehören. Er spürte das Adrenalin in den Adern. Seine Mission nahm ihren Lauf.
    Doch gerade, als er den letzten Richtungswechsel vollziehen wollte, um die restlichen fünf oder sechs Meter zum Opfer zurückzulegen, hörte er Schritte. Schritte, die es um diese Uhrzeit in Niederrad gar nicht geben dürfte.
    Und dann auch noch Stimmen.
    „Wieso müssen wir jetzt schon runtergehen? Blödsinn. Das Taxi ist erst für halb bestellt.“ Männliche Stimme.
    „Jetzt fang nicht schon wieder mit dem Theater an. Du weißt doch, wie aufgeregt ich bin. Immer muß alles nach dir gehen. Immer!“ Weibliche Stimme.
    „Wer wollte denn nach Malle fliegen? Du doch.“
    „Was hat das damit zu tun? Sag schon, was?“
    Kinderstimme: „Mami, hast du Bärli? Wo ist Bärli?“
    Sie kamen aus dem Hinterhaus und trugen schwere Koffer. Als sie den Mann in der weißen Bäckeruniform sahen, hörten sie zu streiten auf und grüßten freundlich.
    Fast hätte ihn das Intermezzo paralysiert. Als Übersprungshandlung tat er, als binde er sich die Schuhe. Als er sich wieder aufrichtete, blickte er direkt in Ingolf Deckers Augen. Dieser wirkte genauso irritiert wie er selbst. So viele Menschen um diese Uhrzeit. Was sollte das?
    Und um das Maß vollzumachen, kam auch noch das Taxi. Der Fahrer schaute ein wenig verwundert, als er die Straßenseite wechselte. Er hatte angenommen, er wäre der Fahrgast, da sonst noch keiner zu sehen war. Zum Glück war es nicht Jens Auer, das hätte ihm gerade noch gefehlt. Schnellen Schrittes entfernte er sich. Er behielt die Richtung bei, alles andere hätte noch mehr Aufmerksamkeit erregt. Nachdem der zweite

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