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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Vorbestellung durchgegeben. Von einem öffentlichen Telefon aus, natürlich. Alles andere hätte die Kripo nachverfolgen können.
    Noch immer nagte der fehlgeschlagene Racheakt in Niederrad an ihm. Fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit kam das Taxi um die Ecke gebogen. Sein Fahrrad stand am eisernen Zaun der Wallschule, er selbst am geschlossenen Hinterausgang der Apfelweingaststätte Zum gemalten Haus. Es regnete in Strömen. Sein grauer Anzug klebte am Körper.
    „Guten Abend“, begrüßte ihn der Fahrer. „Nach Oberrad, wie immer?“
    Er nahm auf der Rückbank Platz und gurtete sich an. „Oberrad. Ja.“
    Als Jens Auer bemerkte, wie durchnäßt sein Fahrgast war, fragte er: „Oh, hätte ich das gewußt, wäre ich früher gekommen. Bin ich zu spät?“
    „Nein, nein. Alles in Ordnung. Bei dem Sauwetter kann man ja fast schwimmen.“
    „Wem sagen Sie das?! Morgen soll’s aber wieder besser werden.“
    „Na, hoffen wir’s mal.“
    An der Textorstraße setzte der Fahrer den Blinker nach links. Er war froh, daß Jens Auer alles andere als eine Plaudertasche war. Die Ruhe tat ihm gut. Durch die Schlieren sah er nach draußen. Sachsenhausen wirkte wie ausgestorben. Nur vereinzelt brannten noch Lichter in den Wohnungen. Die Tüte mit der Perücke lag auf seinem Schoß. Er wünschte sich nach Hause. Ja, heute würde er sich ausnahmsweise einen Cognac gönnen. Er konnte ihn fast schon schmecken.
    Die Versuchung war da, noch immer steckte die Drahtschlinge in der Außentasche seines Jacketts. Aber er beherrschte sich. Jens Auer sollte sein Leben am Kuhhirtenturm beenden und nirgendwo sonst. Am Kuhhirtenturm, dort, wo alles begann. Und zwar am 4. Juli, keinen Tag eher, keinen Tag später. Ingolf Decker war da schon fast egal. Eine Randerscheinung sozusagen.
    Wieder gab er großzügig Trinkgeld, als der Wagen im Goldbergweg hielt.
    „Einen schönen Abend noch, Herr Müller“, wünschte ihm Jens Auer beim Aussteigen.
    Herr Müller. So hatte er sich ihm vor langer Zeit vorgestellt. Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Gedacht nur für den Fall, daß Jens Auer Kollegen gegenüber von dem spendablen Fahrgast aus Oberrad erzählen sollte.
    „Ja, Ihnen auch. Kann sein, daß ich nächste Woche mal wieder ein Taxi brauche. Am nächsten Freitag fahren Sie doch, oder?“
    „Ja, rufen Sie an, wenn Sie mich brauchen.“
    Mit dem Cognacglas in der Hand saß er dann in seinem Sessel. Das sanfte Wiegen der Baumkrone vor seinem Fenster wirkte einschläfernd. Es dauerte eine Stunde, bis das Glas leer war. Ingolf Decker arbeitete auch samstags. Morgen war Samstag. Auf ein Neues!
    – Ende der Rückblende –
    Herrn Schweitzer interessierte weder das Chesterfield-Sofa noch der zweitürige Biedermeier-Kleiderschrank noch das Jugendstil-Vertiko. In seinem Fokus befand sich der Miele-Kühlschrank. Darin war ein Schatz verborgen. Für viele war ein Snickers nichts anderes als ein süßer Snack für zwischendurch. Für Herrn Schweitzer war es mehr als eine göttliche Offenbarung. Nach wie vor hatte er seine Diät zur Top-secret-Angelegenheit deklariert. Hastig riß er das Papier ab. Mit zwei Bissen war das Snickers verschlungen. Hätten sich in der Schatz-Kühltruhe noch mehr Leckerlis befunden, sie alle wären dem temporären Diätabtrünnigen zum Opfer gefallen.
    Erst danach grüßte er Ferdi, der ihm die Tür aufgemacht und ihm entgeistert nachgestarrt hatte. „Hallo. Geht’s dir gut?“
    „Mir schon.“
    „Mir jetzt auch. Sag mal, du hast nicht zufällig noch ein Snickers einstecken?“
    „Was ein Pech aber auch! Eine grüne Betonmischmaschine, einen Gabelstapler und einen Chemiebaukasten, all das trage ich immer am Mann. Aber Snickers? Nee, du, Simon. Sorry, die habe ich in der Hektik heute morgen glatt vergessen.“
    Bis dato war Herrn Schweitzer Ferdis Humor gar nicht aufgefallen. „Irre lustig. Ham mer heute einen Clown gefrühstückt?“
    „Nee. Aber ein paar Snickers. Die waren echt lecker, hm.“
    Blödmann, dachte der Gelegenheitsdetektiv, verarschen kann ich mich auch selber. „Sag mal, wer kommt eigentlich noch? Ich meine, der Schrank, den können wir doch unmöglich zu zweit da runterwuchten.“
    „Nein, nein, keine Bange. Eigentlich sollten Weizenwetter und Buddha Semmler längst hier sein.“
    Weizenwetter war okay. Der trank zwar öfter als ihm guttat einen über den Durst, war aber ansonsten noch recht gut beieinander. Bei Buddha Semmler, dem urigen Apfelweinkellner, sah die Sache allerdings schon anders aus. Der

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