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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Hausstrecken, die er unzählige Male bewältigt hatte, um den Kopf frei zu bekommen, zu reinigen von allem Unrat. Er fragte sich, ob er nun Opa wäre, wenn … ja, wenn das damals am Kuhhirtenturm nicht passiert wäre. Ein kurzer Moment nur, der das Leben dreier Menschen für immer zerstört hatte. Nur einen Tag später hatte er seinen Führerschein verbrannt. Nicht zum ersten Mal wünschte er sich, Gott zu sein, oder wenigstens die Macht zu besitzen, alle Autos dieser Welt mit einem Schlag zu vernichten. So wie ein Auto seine Familie vernichtet hatte. Ein sarkastisches Lachen entfuhr ihm, als ihm bewußt wurde, daß er sich gerade ungeduldig ein Fahrzeug herbeisehnte. Die Ironie des Schicksals, dachte er betrübt.
    Die SIG Sauer lag auf dem Couchtisch. Er nahm sie in die Hand und setzte sich den Lauf an die Schläfe. Sie war geladen. „Nein, falsch, du Idiot“, sprach er leise. Er hatte mal gelesen oder im Fernsehen gesehen, so genau wußte er es nicht mehr, daß die Schädeldecke recht stabil war und ein Schuß von außen nicht zwangsläufig zum Exitus führte. Er steckte sie sich in den Mund und spielte mit dem Abzug. Vielmehr, er streichelte ihn, denn so genau konnte er sich nicht mehr erinnern, wo der Druckpunkt lag. Er hatte sie nur einmal ausprobiert. Am Flughafen, an einem Verkehrsschild an der Umgehungsstraße nach Mörfelden-Walldorf, morgens um vier, als gerade ein Flugzeug startete. Ohne irgendwelche Erfahrungen auf diesem Gebiet hatte er aus zehn Metern genau in die Mitte gezielt und getroffen. Im April 2008 hatte er sie an der Luzerner Waffenbörse erstanden. Natürlich nicht an einem Stand, das wäre wegen der Sicherheitsbestimmungen auch gar nicht möglich gewesen. Aber er hatte sich die Besucher genau angeschaut und war dann zwei Typen, die aussahen, wie man sich Ganoven eben so vorstellt, bis zu ihrem Hotel gefolgt. Welcher Nationalität sie angehörten, wußte er nicht. Vielleicht Araber, vielleicht Südosteuropäer. Jedenfalls hatte er von vornherein dreitausend Euro geboten, um den nötigen Anreiz zu schaffen. Und sich dann gewundert, wie schnell alles gegangen war. Sie hatten ihn in ihrem Mercedes mitgenommen und waren zu einem schäbigen Haus etwas außerhalb der Stadtgrenze gefahren. Mehrere Frauen hatten leicht bekleidet an einer Bar gesessen. Da an der Fassade keine Leuchtreklame angebracht war wie bei diesen Etablissements sonst üblich, hatte er auf ein illegales Bordell getippt. Hundert Schuß Munition wären inklusive gewesen. Er hatte aber nur zehn Patronen gewollt. „Mein Bedarf ist begrenzt“, hatte er damals gescherzt, den Ganoven damit aber kein müdes Lächeln entlocken können. Sogar die Rückfahrt mit dem Taxi hatten sie ihm bezahlt. Ihm war natürlich klar, daß der Preis für die SIG Sauer viel zu hoch war. Aber wozu hätte er Geld sparen sollen? Für eine Reise um die Welt? Für die Aussteuer seiner Tochter? Haha. Geld hatte für ihn den ungefähren Stellenwert einer Glasscherbe im Rinnstein. Neun Patronen hatte er noch.
    Der Müllwagen holte ihn aus der Vergangenheit zurück. Verwirrt betrachtete er die Pistole. Den nassen Lauf wischte er am Ärmel seines Hemdes trocken. Dann schnappte er sich die Tasche und ging.
    Kurz bevor der Wagen die Hochhäuser in der Wiener Straße erreicht hatte, warf er die blaue Plastiktüte aus seiner Sporttasche in einen riesigen Müllcontainer. Dann ging er zu den Briefkästen und tat, als studiere er eine Rechnung oder sonstwas, was der Briefträger gebracht hatte. Als das Beweismaterial sicher im Bauch des Müllwagens gelandet war, schlenderte er zurück und zog sich um.
    Heute schaffte er es sogar bis zur Autofähre am Rumpenheimer Schloß. Nach dem Duschen legte er eine CD ein und sich ins Bett. Nur die ersten Takte der Ungarischen Tänze von Johannes Brahms nahm er bei vollem Bewußtsein wahr, dann glitt er über in einen traumlosen Schlaf von vierzehn Stunden.
    – Ende der Rückblende –
    Seit Herr Schweitzer auf dem Pfad der Gesundheit wandelte, fühlte er sich von Tag zu Tag besser. Hatte sein Körper, im Speziellen sein Bauch, am Anfang noch Sperenzchen gemacht, indem er schlapp in den Seilen hing und vor sich hin maulte, so ging es nun mit seinem Wohlbefinden peu à peu aufwärts. Es wunderte ihn selbst und er hätte es auch nie gedacht, aber irgendwas mußte dran sein an dem, was diverse Frauenzeitschriften ihren Leserinnen in puncto Diät ständig zu vermitteln versuchten. Heute hatte er sich mit vier Bananen und zwei Scheiben

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