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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Karel Esterházy zu beschäftigen. Es war zum Heulen. Nicht daß er Wert auf soziale Kontakte gelegt hätte. Nein, das nicht gerade. Aber allzu gerne hätte er jetzt jemanden gehabt, dem er sich mitteilen konnte. Es war aber nicht das von Kriminalpsychologen propagierte Bedürfnis eines vermeintlich jeden Mörders, sich die Pein von der Seele zu reden. Vielmehr sehnte sich Esterházy nach Bestätigung, nach jemandem, der ihm sagte, daß er das mit den Morden ganz gut hinbekommen habe. Und zwar deshalb, weil er es genau so gemacht hätte, wäre er an seiner Statt gewesen.
    Werde der, der du bist. Dieser Rat aus der Antike fiel ihm ein, als er zum bestimmt tausendsten Mal den Vorhang zur Seite schob, um einen Blick auf die Kulissen der realen Welt, die der seinigen schon lange nicht mehr entsprachen, zu werfen. Ich bin der, der ich geworden bin, nicht deshalb geworden, weil ich es werden wollte, sondern weil mich das Schicksal dazu gezwungen hat, dachte Esterházy. Die spinnen, die Römer. Manifestieren halbgare Ideen einfach zu allgemeingültigen Weisheiten, ohne ernsthaft zu hinterfragen.
    Doch Esterházy hatte nun sehr viel Zeit, also hinterfragte er. Bin ich ein Massenmörder oder bin ich ein Serienkiller?
    Er ging in die Küche und holte sich eine Tomate, die er halbierte und mit Salz und Pfeffer bestreute. Dann setzte er sich aufs Sofa, aß und ging der Frage nach ‚Morde ich Massen oder kille ich in Serie?’
    Bestimmt sechs Minuten stand das Problem im Raum. Nach reichlichem Nachdenken schloß er den Massenmörder aus, schließlich hatte er seine Opfer schön der Reihe nach abgemurkst, und nicht in einem Aufwasch. Ein Massenmörder wäre ich nur dann gewesen, so sagte er sich, wenn ich die drei Herren zu einem Treffen geladen und ihnen binnen eines kurzen Zeitraums, sagen wir mal zehn Sekunden bis zwanzig Minuten, die Lichter ausgepustet hätte, so wie es nach amerikanischem Vorbild Brauch ist, wenn mal wieder ein mißverstandener Jüngling auf seine prekäre psychische Verfassung hinweisen möchte.
    Esterházy gab sich mit der Serienkillerrolle zufrieden. Wenn man nicht übertrieb und sich mit falschen Federn schmückte, dann konnte man als Meister auch nicht vom Himmel fallen, so lautete sein Urteil. Obwohl, auch ein gutplazierter Massenmord hatte was. Zum Beispiel alle Turbokapitalismusmanager der Lehman-Brothers in einem Raum, dazu ein paar geladene Uzis in guten Händen und …
    Weiter kam er mit seinen durchaus sympathischen Gedanken nicht. Es klopfte an der Tür. An seiner Tür. Was eigentlich gar nicht sein konnte, denn die Haustür unten wurde stets geschlossen gehalten. In all den Jahren, in denen die Esterházys schon hier wohnten, war es noch nie vorgekommen, daß Leute einfach so hereinspazieren konnten. Zuerst dachte er auch, sich verhört zu haben. Aber da war es wieder, das Klopfen, diesmal etwas lauter.
    Von der Gesichtsfarbe her könnte man Esterházy getrost in die Kreidezeit stecken. Sein Blut war gefroren, seine Haut schneeweiß. Automatisch griff er nach der SIG Sauer.
    Da waren sie also. Sie kamen ihn verhaften. Lange hatte es gedauert. War ihm also doch irgendwo ein Fehler unterlaufen, tz, tz, tz.
    Doch kampflos wollte er sich nicht in die Klauen der Staatsmacht begeben. Nun, da die Würfel gefallen waren, wollte er noch ein paar von denen mit in die ewigen Jagdgründe nehmen.
    Auf Zehenspitzen schlich er in den Flur und guckte durch den Spion. Prinzipiell wäre er darauf vorbereitet gewesen, beim Anblick einer grünen Uniform die Tür aufzureißen, sich in Deckung zu schmeißen und wie wild um sich zu ballern, bis eine gnädige Kugel der Gegenseite ihn selbst erledigte.
    Aber es war seine Nachbarin, die schwedische Stewardeß, die mit gesenktem Kopf vor der Tür stand. Sein Hirn ratterte auf Hochtouren. Was wollte sie? Noch nie zuvor hatte sie bei ihm geklingelt.
    Ein Trick? War sie von der Kripo als Türöffnerin vorgeschickt worden, damit man seine Wohnung leichter erstürmen konnte? Lauerten sie mit entsicherten Sturmgewehren auf der Treppe, bereit loszuschlagen, sobald sich die Tür den ersten Spalt öffnete? Hier war guter Rat teuer. Esterházy zögerte.
    Einen flüchtigen Moment lang fand er die Vorstellung eines Exitus triumphalis sogar ganz passabel. Einfach in den Kugelhagel reinstürmen und zack, aus die Maus.
    Doch dann gewann erneut die Vernunft die Oberhand. Zumindest in Deutschland gehörte es zum Ehrenkodex eines jeden Polizisten, nicht das Leben Unschuldiger zu

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