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Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm

Titel: Das Geheimnis vom Kuhhirtenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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hatte sich derweil mit Feuereifer ins Phantombild vertieft. Aus der Brötchentüte hatte er sich ein paar Schnipsel herausgerissen, mit denen er die Frisur bedeckte. Klar, so ein Mörder läuft ja nicht alle Tage mit demselben Haarschnitt herum, zumal dann nicht, wenn er halbwegs was in der Birne hat und sämtliche Zeitungen sein Konterfei veröffentlicht haben. Er, Herr Schweitzer, würde es genauso machen, wären die Bullen mit Mann und Maus hinter ihm her. Eine bahnbrechende Erkenntnis war das aber nicht gerade.
    Optimistisch stimmte ihn der Umstand, daß der Esterházy, falls er es tatsächlich sein sollte, für sein Alter sehr jung wirkte. Nase und Mundpartie stimmten auch überein. Nur die Augen standen in Wirklichkeit etwas enger zusammen als auf dem Phantombild, wenn auch nur minimal. Insgesamt jedoch waren die Übereinstimmungen dazu angetan, noch etwas länger am Ball zu bleiben, es könnte sich lohnen. Herr Schweitzer sah eine weitere Sternstunde der Verbrechensbekämpfung auf sich zukommen.
    Und dann ereilte ihn auch noch ein bißchen Glück. Das Leben ist halt doch gerecht. So, wie der Hüne ein Tiefschlag war, wurde nun für einen Ausgleich gesorgt.
    Drüben öffnete sich die Tür und der Glatzkopf erschien in kurzer schwarzer Sporthose und Turnschuhen. Bereits auf dem Gehweg fing er zu joggen an.
    Sofort dachte Herr Schweitzer an Joschka Fischer und wie Extremsport des Menschen Erscheinungsbild radikal veränderte.
    Nach etwa zehn Metern blieb der vermeintliche Mörder stehen und tauschte ein paar Sätze mit einer adretten Dame aus. Dann setzte er sich wieder in Trab.
    Justament als er den Motor starten wollte, um die Verfolgung aufzunehmen, öffnete die Dame das Gartentor, aus dem kurz zuvor der Kahlköpfige getreten war. Wenn auch Herr Schweitzer im übrigen Leben eher behäbig und träge daherkommen mag, jetzt blühte er förmlich auf. Wieselflink, oder besser, so schnell, wie man es einem Mann seiner Gewichtsklasse kaum zugetraut hätte, entstieg er dem Käfer und huschte über die Straße.
    Zugute kam ihm, daß es die adrette Dame nicht eilig hatte. Während sie noch ihren Schlüssel in der Handtasche suchte, was bei Frauen aus Tradition ein langwieriger Prozeß ist, hatte Herr Schweitzer bereits die eloxierte Aluminiumtür erreicht. Er klingelte bei Esterházy.
    „Den Herrn Esterházy haben Sie gerade verpaßt. Der ist joggen.“
    Darauf hatte Herr Schweitzer gebaut. Wäre das also auch geklärt. „Oh, danke. Dann probiere ich’s später noch mal.“
    Von einer weiteren Verfolgung nahm er Abstand. Früher oder später mußte er ja wieder auftauchen. Eine Flucht in Sportklamotten und ohne Papiere konnte nahezu ausgeschlossen werden.
    Doch auch Esterházy war schwer auf Draht. An der Ecke zur Mathildenstraße blieb er stehen und tat, als sei ein Schnürsenkel aufgegangen. Hinter einem schwarzen Opel Corsa bückte er sich. Aus den Augenwinkeln sah er seine Nachbarin, die Stewardeß, wie sie sich mit dieser Karikatur von Privatbullen unterhielt. Offenbar erteilte sie ihm gerade freigiebig Auskunft. Natürlich, der Dicke fragt sie über mich aus, dachte er.
    Esterházy joggte über die Oberräder Gärten, durch die Unterführung beim alten Bahnwärterhäuschen und weiter bis zur Gerbermühle. An den Tennisplätzen absolvierte er noch ein paar Dehnübungen, dann setzte er sich auf eine Bank. Unter anderem fehlte es ihm heute an Biß.
    Ein Frachtschiff aus Polen fuhr durch das geöffnete Schleusentor. Rosa Unterwäsche baumelte an einer Leine und ein Schäferhund bellte zum Ufer rüber.
    Der Serienkiller überdachte sein weiteres Vorgehen.
    Herr Schweitzer tat gerade dasselbe. Er saß wieder im Käfer und schwitzte. Das Seitenfenster ließ sich nicht öffnen, weil das Gewinde der Kurbel plötzlich durchdrehte.
    Er wußte nicht mehr weiter, war an seine Grenzen angelangt. Die Chancen, daß dieser Esterházy tatsächlich mit dem Phantombild identisch war, schätzte er gar nicht mal so schlecht ein. Doch von nun an wäre professionelle Hilfe nötig. Herr Schweitzer konnte ja schlecht ins Haus gehen, Esterházys Wohnungstür aufbrechen und nach der Mordwaffe suchen. Ganz zu schweigen davon, daß er gar keine Schlösser knacken konnte. Er fühlte sich vom Oberkommissar im Stich gelassen. Der Schmidt-Schmitt war doch sonst auch immer auf seiner Seite. Warum bloß diesmal nicht? Er grübelte und grübelte.
    Auch nach zehn Minuten war dabei noch nichts Brauchbares herausgekommen. Herrn Schweitzers Optimismus

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