Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis von Compton Lodge

Das Geheimnis von Compton Lodge

Titel: Das Geheimnis von Compton Lodge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Jackob
Vom Netzwerk:
und sah, wie Kingslay aufstand, den Toten noch einmal in Ruhe betrachtete und das Zimmer verließ. Was auch immer sich hier abspielte, es war ungeheuerlich. Wie nur in aller Welt war ein Vertreter der Krone zu so etwas fähig? Ich konnte meine Empörung nur mit Mühe zügeln und hoffte, nicht mehr zurück in das Gebäude zu müssen. Es vergingen nur ein paar Minuten, dann kamen der Erzbischof, der Coroner, der Archidiakon und Holmes in das Zimmer. Man entzündete mehrere Kerzen und bat meinen Freund wohl, die Leiche näher zu untersuchen. Dieser vermittelte mit traumwandlerischer Sicherheit den Eindruck, als sei dies der erste Blick auf den Toten. Der von Kingslay in Montgomerys Hosentasche platzierte Gegenstand blieb von ihm unentdeckt. Mit wem steckte der hiesige Inspektor unter einer Decke? Und was bezweckte er mit diesem Vorgehen? Ich machte mich auf und ging zurück zum Hauseingang. Ohne darüber nachzudenken, stand ich kurz darauf in dem zuvor beobachteten Zimmer. Mein Gefährte schien ein wenig überrascht, stellte mich dann aber den beiden kirchlichen Würdenträgern vor.
    Â»Erzbischof Lanning, das ist Dr. Watson.«
    Â»Erzbischof, es ist mir eine Ehre, Sie kennenlernen zu dürfen.«
    Â»Dr. Watson, Sie werden es nicht glauben, aber ein paar Beschreibungen der Fälle Ihres Freundes haben auch den Weg auf meinen Nachttisch gefunden und mir einige recht unterhaltsame Stunden beschert. Dies ist im Übrigen mein enger Vertrauter und Referent, der Archidiakon Franklin Slight.«
    Ich tauschte die üblichen Freundlichkeiten mit dem Diakon aus, der einen ruhigen und konzentrierten Eindruck auf mich machte, aber trotz seines deutlich höheren Alters im Vergleich zum Erzbischof nicht alt neben diesem wirkte. Der Coroner meldete sich zu Wort.
    Â»Hochwürden, können wir jetzt bitte zum eigentlichen Problem zurückkommen. Es muss eine Einigung zwischen uns erzielt werden. Wie ich schon sagte, Sie verstoßen gegen das Gesetz, wenn Montgomery von Ihnen nicht freigegeben wird.«
    Â»Bischof Montgomery, bitte«, ließ die Antwort des Kirchenoberhauptes nicht lange auf sich warten, »und Sie vergessen, dass der Bischof auf kirchlichem Boden ermordet worden ist. Ihm gehörten, wie seinem Neffen Jason Butler, Teile des Landguts und er hatte diese schon vor vielen Jahren an die Kirche überantwortet. Wenn man annimmt, dass dieser törichte Stallbursche der Mörder ist und über den Bischof bei der Kirche angestellt war, gibt aus unserer Sicht keinen Grund, die staatliche Seite mehr als unbedingt nötig einzubinden. Wir können und wollen gar nicht verhindern, dass die Administration der Britischen Krone Nachforschungen anstellt, aber wir würden es sehr begrüßen, wenn dies zumindest teilweise zu unseren Bedingungen geschieht. Mehr möchte ich dazu auch nicht sagen müssen.«
    Coroner Minges sah den Erzbischof mit großen Augen an, als würde er nicht recht fassen können, was dieser gerade gesagt hatte. Er beorderte Bradstreet zu sich und ging mit ihm nach draußen. Als sie zurückkamen, verkündete der Coroner in beinahe feierlichem Ton:
    Â»Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Hochwürden. Die Untersuchung könnte gemeinsam durchgeführt werden. Ich arbeite unter Ihrer Aufsicht.«
    Ohne, dass es zu der von mir erwarteten Auseinandersetzung kam, stimmte Albert Lanning zu. »Gut, ich denke, darauf können wir uns einigen. Wir wollen ja keinen weiteren Investiturstreit«, sagte er schmunzelnd.
    Der Erzbischof spielte auf das Machtverhältnis zwischen Kirche und Staat an. Ein leidiges Thema, das mit der Ermordung von Thomas von Canterbury, dem wohl berühmtesten Erzbischof der englischen Kirche, etwa fünfzig Jahre nach der Beilegung des besagten Streits im Jahre 1122, einen weiteren traurigen Höhepunkt erlebt hatte. Es klopfte an der Tür. Einer der Constables erschien und wandte sich an Bradstreet.
    Â»Wir haben diesen Burschen Tom Plummer ins Kaminzimmer gebracht. Er kann jetzt verhört werden.«
    Holmes meldete sich zu Wort.
    Â»Meine Herren, ich arbeite derzeit noch an einem anderen Fall. Sollten Sie mich benötigen, was ich jedoch aufgrund der zusammenwirkenden Kräfte von Kirche und Staat nicht vermute, stehe ich gerne zu Ihrer Verfügung. Habe die Ehre.«
    Wieso wollte er nicht bei der Vernehmung des Stallburschen dabei sein? In der Halle trafen wir noch einmal auf Jason Butler,

Weitere Kostenlose Bücher