Das Geheimnis von Compton Lodge
lag feiner Nebel in der Luft. Holmes klärte mich darüber auf, dass es sich um einen Herrensitz aus dem späten 18. Jahrhundert handelte.
»Wie, um alles in der Welt, können Sie sich nicht mehr an Ihren Besuch hier erinnern?«, fragte er mich.
»Wenn ich es wüsste, wären wir wohl kaum hier.«
Er sah sich um. Den Eingang des Haupthauses hatte man mit einer Vorhängekette verriegelt, und wie sich herausstellte, waren alle Fenster im Erdgeschoss mit Klappläden verschlossen.
»Das war zu erwarten«, murmelte mein Gefährte vor sich hin. Er trat an eines der Fenster auf der Rückseite des Haupthauses, inspizierte die schmale Balustrade und winkte Butler zu sich heran.
»Hier sind wir richtig, die Küche. Geben Sie mir das Stemmeisen aus der Werkzeugtasche.«
Butler trat zu Holmes und reichte es ihm. Dieser besah es kurz und nickte zufrieden.
»Sie wissen sicherlich, dass Läden in der Küche durch den häufigen Gebrauch und die zusätzliche Feuchtigkeit von innen für gewöhnlich weniger widerstandsfähig sind als die übrigen.«
Dabei setzte er das Eisen im unteren Drittel des Holzes an und nach zwei, drei energischen Zügen brach eine schmale hohe Planke ab. In rascher Folge öffnete er Laden und Fenster. Mit der eingeschalteten Blendlaterne stieg Holmes in die Küche von Compton Lodge ein. Ich folgte. Butler wurde angewiesen, drauÃen auf uns zu warten. Der Küchenraum sah verlassen aus. Keinerlei Anzeichen deuteten auf einen eiligen oder unerwarteten Aufbruch hin. Auch die Zimmer der Bediensteten schienen mit Sorgfalt geräumt worden zu sein. Allerdings waren vereinzelte Einrichtungsgegenstände noch vorhanden. Die Halle war herrschaftlich, einem Landsitz des 18. Jahrhunderts angemessen.
Im Empfangszimmer blieb Holmes mit einem Mal mitten im Raum stehen, kniete sich hin und suchte den Boden ab. Derselbe Vorgang wiederholte sich in Salon und Bibliothek. Den ersten Stock untersuchte er weniger genau, er wanderte von Raum zu Raum, strich gedankenverloren mit der rechten Hand über ein Sofa in einem Ankleidezimmer und warf einen näheren Blick auf den Kamin in einem der Wohnzimmer.
»Das dürfte Sir Edwards privates Raucherzimmer gewesen sein.«
Holmes ging zur rechten Seitenwand und betrachtete einen goldgefassten Spiegel, den man zurückgelassen hatte und der antik zu sein schien. Ich war erstaunt, dass sich mein Gefährte ausgiebig darin besah, denn Eitelkeit in Bezug auf sein Aussehen gehörte nun wirklich nicht zu seinen Schwächen.
»Kommen Sie bitte einmal her und werfen Sie einen Blick auf sich.«
Erst wollte ich ablehnen, doch Holmes insistierte.
»Er stellt sehr gut dar, das Abbild ist kaum verzogen. Für sein Alter ein exquisites Stück«, bemerkte ich.
»Natürlich, was hatten Sie denn erwartet? Sonst noch etwas?«
Ich warf einen erneuten Blick auf mein Spiegelbild, aber auÃer der Tatsache, dass ich an den Schläfen immer weiter ergraute, konnte ich nichts von Belang feststellen.
»Für den Moment habe ich genug gesehen, Butler erwartet uns sicher schon«, stellte er fest. Wir stiegen die Treppe nach unten, erreichten die Küche und waren im nächsten Augenblick wieder zurück auf dem Grundstück. Unser Begleiter schloss Fenster und Laden. Das abgebrochene Stück Holz schob er geschickt in seine ursprüngliche Position zurück. Der Schaden war nur bei genauem Hinsehen zu entdecken. Wir gingen gemeinsam zur Vorderseite des Hauses und setzten uns dort auf eine flache Steinmauer, die den Kiesweg begrenzte.
»Watson, ich sollte Sie endlich darüber aufklären, um wen es sich bei Jason Butler überhaupt handelt.«
»Wenigstens denken Sie jetzt daran.«
Natürlich überhörte er meine Bemerkung geflissentlich.
»Er ist der Sohn von Admiral Reginald Butler, einem ehemaligen Offizier der Britischen Armee, der zu den wenigen Freunden von Sir Edward zählte. Seltsamerweise verschwand der Admiral dann einige Wochen nach dem Ableben Ihres GroÃvaters. Sein Sohn ist überzeugt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden seines Vaters und dem Tod, beziehungsweise der Testamentseröffnung von Sir Edward gibt.«
»Ihr Vater übernahm wohl die Aufgabe, das Erbe seines Freundes zu verwalten?«, wollte ich von Butler wissen.
»Ja, so könnte man sagen«, pflichtete er mir bei.
»Was genau wissen Sie denn über
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