Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis von Digmore Park

Das Geheimnis von Digmore Park

Titel: Das Geheimnis von Digmore Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
Vom Netzwerk:
Jahreszeit am frühen Abend noch so hell war, dass er die Zeiger unschwer erkennen konnte. Dafür würde man auch ihn leichter entdecken als an einem Winterabend, wenn sich schon früh die Dunkelheit über das Land gelegt hätte. Wie auch immer, er hatte keine Wahl. Es war Viertel nach sechs. Jetzt saßen alle beim Abendessen. Dewary klopfte Jupiter auf die Hinterhand. „Mach’s gut, Alter, und wünsch mir Glück! Ich hoffe, wenn wir uns das nächste Mal sehen, dann geschieht dies unter glücklicheren Umständen!“
    Das Pferd schüttelte die Mähne und senkte dann wieder das Haupt, um zu grasen. Dewary atmete tief durch und straffte die Schultern. Also dann, auf in den Kampf!
    Ein Glück, dass die Hecke bis zum Waldrand reichte. Hoffentlich war sie in letzter Zeit nicht allzu sehr geschnitten worden. Wenn er sich über Gebühr ducken musste, würde er nur sehr langsam vorwärtskommen. Doch nein, die Hecke war offensichtlich nicht gestutzt worden, sie machte einen ungewohnt verwilderten Eindruck. Und dann die Fußspuren im weichen Boden. Die Männer hatten tatsächlich den schönen Rasen zertrampelt, auf den Mr. Hammond immer so stolz gewesen war.
    „Irgendwas Neues, Jack?“, hörte er eine Stimme, nicht allzu weit entfernt. Dewary zuckte zusammen. Anscheinend waren doch nicht alle Burschen im Gemüsegarten. Was, um Himmels willen, sollte er jetzt tun?
    „Ach, woher denn! Der Saukerl lässt sich einfach nicht blicken!“
    „Na, dann geh ich mal rüber zu den anderen. Du bleibst hier am Hintereingang!“
    „Immer bin ich der Dumme! Das seh ich gar nicht ein. Bleib gefälligst hier und leiste mir Gesellschaft!“
    „Bist du verrückt, lass sofort meinen Ärmel los! Du sollst meinen Ärmel loslassen, habe ich gesagt!“
    Ein lauter Schmerzensschrei war die Folge. Dann ein: „Na warte, dir werd ich’s geben!“ Ein dumpfer Aufprall war zu vernehmen. Anscheinend war ein Mann zu Boden gegangen.
    Dewary nutzte die Gelegenheit. Während sich die beiden Männer prügelten, würden sie nicht um die Ecke kommen. Er durfte nicht länger warten. Vielleicht würde die Schreierei die anderen Männer herbeilocken. Also holte er tief Luft und überquerte mit großen Schritten den Vorplatz. Laut und vernehmlich knirschte der Kies unter seinen Stiefeln. Doch keine barsche Stimme forderte ihn auf stehen zu bleiben, keine Gewehrsalve durchdrang die Luft. Ein rascher Blick über die Schulter, dann die drei Stufen zum Eingang hinauf. Mit klopfendem Herzen öffnete er das schwere Tor. In abendlicher Stille lag die große Eingangshalle vor ihm. Die alte Standuhr tickte, sonst war kein Laut zu hören. Vorsichtig schloss er die Tür hinter sich. Die schweren Teppiche auf dem Marmorboden schluckten das Geräusch seiner Schritte. Aus dem Speisezimmer klangen gedämpfte Stimmen, das Klirren von Geschirr. Ein vertrautes Lachen drang an sein Ohr. Er lief die Treppe hoch, nahm immer drei Stufen auf einmal, so, wie er es als Jugendlicher immer getan hatte, wenn er Gefahr lief, sich zum Dinner zu verspäten. Auf der Galerie ein rascher Blick nach rechts und links, dann weiter in den linken Flügel. Dewary lief den langen Gang hinunter bis zu seiner Zimmertür, ja, der Schlüssel steckte im Schloss. Glücklich ein Mann, der solche Helfer hatte! Er trat ein und zog die innere Tür hinter sich zu. Aufatmend lehnte er sich an das Türblatt.
    „Geschafft!“
    Er hätte am liebsten laut gejubelt. Er war zu Hause! Erleichtert blickte er sich um. Alles war noch an seinem Platz, genau so, wie er es verlassen hatte. Sein Bett, die Kommode mit der Waschschüssel, der ausladende Schrank neben dem Fenster, das Porträt von Mama. Das Heimweh, das ihn überfiel, war unermesslich groß. Heimweh in seinem eigenen Zimmer, in dem er sich soeben befand? War er denn verrückt geworden?! Es war besser, nicht zu denken, er musste handeln! Mit raschen Schritten war er bei der Tapetentür, riss sie auf, trat in das Priesterversteck hinein … und dann musste er feststellen, dass etwas nicht an seinem Platz lag. Das Blatt mit der Adresse von Mr. Jennings war verschwunden.
    Das war doch nicht möglich! Er hatte niemandem von diesem Versteck erzählt, außer den Damen Porter, und die würden doch nie … Dewary sank auf die Bettkante. Er schüttelte den Kopf. Nein, das waren Hirngespinste! Wieso sollte Lady Portland ihm so übel mitspielen wollen? Oder gar Elizabeth! Nein, es musste jemand anderer hinter dieses Versteck gekommen sein! Schwer stützte er seinen Kopf in

Weitere Kostenlose Bücher