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Das Geheimnis von Digmore Park

Das Geheimnis von Digmore Park

Titel: Das Geheimnis von Digmore Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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nichts weiter als ein verlassenes Turmzimmer, mein Gott, was sollte daran denn gefährlich sein?
    „Können Sie schon etwas entdecken?“, vernahm Elizabeth Myladys aufgeregte Stimme hinter sich. „Warum gehen Sie denn nicht endlich hinein? Ach, ist das nicht aufregend!?“
    Also gut, wenn Lady Bakerfield darauf bestand, ihr den Vortritt zu lassen, so wollte sie nicht länger zögern. Sie beugte den Kopf und trat ein. Das Turmzimmer entpuppte sich als quadratischer Raum, der durch zwei kleine, grifflose Fenster an beiden Seiten in das warme goldene Licht der abendlichen Sonne getaucht wurde. Fraglos wäre das Licht noch viel stärker gewesen, hätte in den letzten Jahren irgendjemand einmal die Scheiben geputzt. Elizabeth blickte sich um. Der Raum war eingerichtet: Anscheinend hatte hier jemand einige Zeit gelebt. Es gab ein Holzbett, das einen überraschend einladenden Eindruck machte. Daneben stand ein solider Stuhl. An der fensterlosen Stirnseite, neben einer Tür, stand eine Kommode mit drei Schubladen, darüber hing ein alter, fast blinder Spiegel. Auf der Kommode stand ein Krug Wasser mit einem Glas, ferner eine irdene Schale, gefüllt mit Obst. Ein Stück Brot lag daneben. Elizabeth war verdutzt. Was mochte das bedeuten? Wie konnte das sein in einem Zimmer, das allem Anschein nach seit Jahren nicht mehr betreten worden war? Sie wollte sich eben umdrehen, um ihre Gastgeberin zu fragen, ob sie sich einen Reim darauf machen konnte, als sich die Tür hinter ihr schloss und ein kleines Geräusch nur allzu deutlich verkündete, dass der Schlüssel von außen im Schloss herumgedreht worden war.
    Mit einem Satz war Elizabeth an der Tür. „Was soll denn das! Sperren Sie sofort wieder auf! Lady Bakerfield!“
    Nichts rührte sich.
    „Lady Bakerfield! Ich gebe zu, der Scherz ist Ihnen gelungen. Sie haben mir wahrlich einen Schreck eingejagt! Aber jetzt sperren Sie bitte wieder auf!“
    Lady Bakerfield war auf der kleinen Plattform stehen geblieben und betrachtete zufrieden den Schlüssel in ihrer Hand. Sie hörte jedes Wort, das Elizabeth ihr nachrief, doch sie sah keine Veranlassung zu antworten. Mit einem kleinen, zufriedenen Lächeln schritt sie langsam die Treppe hinab.

29. Kapitel
    Dewary wanderte in seinem schäbigen Gasthauszimmer auf und ab. Fünf Schritte bis hin zur abgeschlagenen Waschschüssel, umdrehen, fünf Schritte bis zur Zimmertüre zurück. Mehr ließen die engen Verhältnisse nicht zu. Er wünschte, er könnte ausschreiten, mit langen Schritten, so wie er es vor jeder Schlacht getan hatte, Andrew McPherson an seiner Seite, um die Strategie des nächsten Angriffs zu besprechen, in einem ruhigen, sachlichen Ton, im Wissen um das, was sie erwartete. Heute hingegen war alles anders. Was nutzte ihm all seine Erfahrung im Krieg in diesem neuen, viel persönlicheren Kampf? McPherson war weit weg, er war allein mit sich und seinen düsteren Gedanken. Ein schneller Blick auf seine Taschenuhr, wohl zum hundertsten Mal an diesem Tag.
    Auf einmal klopfte es an der Tür. Dewary fuhr zusammen. „Wer ist da?“
    „Ich bin’s, Milly, Sir. Ich bringe das Essen für Sie. Machen Sie die Tür auf, Sir.“
    Ach ja, das Mittagessen. Er hatte keinen Hunger. Und Appetit schon gar nicht. Wahrscheinlich gab es doch nur wieder zerkochtes Gemüse und eine Art Haferschleim so wie in den letzten Tagen. Er öffnete die Tür, und Milly trat mit dem Tablett in den Raum. Ein seltsamer Mann war das. Verbrachte, von einem Ausritt am Vormittag und Nachmittag abgesehen, die meiste Zeit auf seinem Zimmer. Dort ging er dann unentwegt auf und ab. Man konnte seine schweren Schritte im Schankraum nur allzu deutlich hören. Was mochte dieser Mann wohl ausgefressen haben, dass er sich hier, in dieser abgelegenen Schänke, versteckte? Sie selbst hatte ja keine andere Wahl gehabt, im Gegenteil, sie hatte sogar froh sein müssen, dass Tante Mary sie hierherholte, nachdem Vater mit dem Saufen begonnen hatte. Aber der Mann da, der konnte sich sicher eine etwas komfortablere Bleibe leisten, so wie der aussah. „Nicht nachdenken! Nicht fragen!“, hatte Tante Mary befohlen, als sie ihr von ihren Mutmaßungen erzählt hatte. Und sie hatte wohl recht, manche Geheimnisse blieben besser im Dunklen.
    „Meine Tante hat einem der Hühner den Kragen umgedreht. Drum gibt’s heute einmal zur Abwechslung etwas Besseres, Sir.“
    Dewary stellte zufrieden fest, dass das Gericht auf dem Teller bei Weitem verlockender aussah als alles, was er in den

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