Das Geheimnis von Digmore Park
dumm! Du weißt genau, wer meine Verlobte war. Du hast sie schließlich geheiratet!“
Die Augen des Friedensrichters folgten ungläubig seiner Rechten, die zu Lady Bakerfield hinüberwies. Mylady legte in einer theatralischen Geste die linke Hand an ihr Herz.
„Ich? Ich ? Ich war doch nie und nimmer mit Ihnen verlobt, Sir! Edward, so unternimm doch etwas! Lass es nicht zu, dass mich dieser Mann so schändlich beleidigt!“
Ein prüfender Blick unter weißen Augenbrauen ließ sie verstummen. „Sie haben diesen Mann noch nie gesehen, Mylady?“
„Na ja, gesehen werde ich ihn wohl schon haben, denn schließlich ist er der Cousin meines Mannes. Doch verlobt waren wir beide nie. Fragen Sie doch meinen Vater, Lord Bendworth, ob Major Dewary bei ihm um meine Hand angehalten hat. Er wird Ihnen bestätigen, dass dem nicht so war.“
Lord Streighton wandte sich um. „Haben Sie bei Lord Bendworth um die Hand seiner Tochter angehalten, Sir?“
Noch bevor Dewary antworten konnte, ließ sich die höhnische Stimme von Lord Bakerfield vernehmen. „Ich darf Sie bitten, diese Frage etwas genauer zu stellen. Mein Vetter hat tatsächlich einmal um die Hand einer Tochter von Lord Bendworth angehalten. Allerdings wollte er nicht …“, er zeigte auf Lady Bakerfield, „Louise, sondern Abigail, ihre ältere Schwester, zur Frau, und diese hat ihm eine Abfuhr erteilt!“
„Haben Sie bei Lord Bendworth um die Hand von … Miss Louise angehalten, Sir?“
Dewary schüttelte wahrheitsgemäß den Kopf.
„Dann verstehe ich allerdings nicht, warum Sie ihr Ihren Siegelring überlassen haben sollten. Ganz abgesehen davon, dass die junge Dame, mit der Sie verlobt zu sein vorgaben, ganz offensichtlich mit Ihrem Vetter vermählt ist!“
Dewary schwieg. Was hätte er auch sagen sollen? Der sittenstrenge ältere Herr hätte es nie und nimmer gutgeheißen, dass er sich ohne die Zustimmung ihres Vaters mit Miss Bendworth verlobt hatte. Warum er dies überhaupt getan hatte, war ihm jetzt völlig rätselhaft. Wie hatte er sich nur so in ihr täuschen können? Sie war eine Bendworth, das hätte ihm doch zu denken geben müssen! Wie hieß es doch so richtig: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm!
„Das sieht nicht gut für Sie aus, Major!“ Der Friedensrichter schüttelte bedauernd den Kopf. „Vielleicht wollen Sie uns ja jetzt Ihre Sicht der Dinge schildern?“
Dewary nickte und rückte an die Stuhlkante. Doch als er anhob zu erzählen, wie es zu der heimlichen Abreise seiner Tante mit dem Kammerdiener seines Vaters, den sie zu ehelichen gedachte, gekommen war, da stürzte sich Bakerfield schon auf ihn und begann ihn mit beiden Händen zu würgen.
„Du unverschämter Tunichtgut! Dir werde ich’s zeigen, das Andenken meiner verstorbenen Mama so schamlos zu entehren! Eine Lady Bakerfield hätte nie und nimmer einen Bediensteten geheiratet!“
„Fassen Sie sich, Mylord!“ Der Friedensrichter ging nicht nur mit befehlsgewaltiger Stimme, sondern auch mit energischen Griffen zwischen die beiden Streithähne. „Nehmen Sie Ihre Hände von Major Dewary und stellen Sie sich wieder zum Kamin!“
Bakerfield tat, wie ihm geheißen, rückte seinen samtenen Rock zurecht und sah wutentbrannt zu seinem Cousin hinüber.
„Deine Lügengeschichten kannst du dir sparen!“
„Wirklich, Sir“, meldete sich nun auch Sir Streighton zu Wort, „da muss ich seiner Lordschaft recht geben. Es wäre uns allen, und vor allem auch Ihnen, geholfen, wenn Sie bei der Wahrheit blieben.“
„Aber ich sage die Wahrheit! Tante Barbara hatte tatsächlich vor, Mr. Jennings zu heiraten!“
Wieso klangen diese Worte nun selbst in seinen eigenen Ohren so wenig glaubwürdig? Zuerst hatte er behauptet, mit der Frau seines Cousins verlobt zu sein, einer Frau, die dies heftigst abstritt. Als Nächstes hatte er gesagt, die Witwe eines Adeligen, die Schwester eines Earls, wolle einen Kammerdiener heiraten. Beides entsprach der Wahrheit. Und doch würde ihm nun kein Mensch auch nur ein weiteres Wort mehr glauben. Dewary lockerte seine Halsbinde, die ihm plötzlich viel zu eng erschien. Er konnte förmlich spüren, wie sich die Schlinge langsam um seinen Hals zuzog.
„Ich wünsche, dass man meinen Vater zu dieser Unterredung hinzuzieht!“, forderte er unvermittelt.
Bakerfield lachte auf. „Sieh an, der kleine Junge ruft nach seinem Vater! Der wird dir auch nicht helfen können, Frederick. Dein Vater ist alt und krank und nicht mehr Herr seiner Sinne …“
Da ging
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