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Das Geheimnis von Digmore Park

Das Geheimnis von Digmore Park

Titel: Das Geheimnis von Digmore Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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jugendlichen Freund aus. Billy schien die Worte des Älteren sehr ernst zu nehmen. Gut, die Ermahnung vor Kurzem am Frühstückstisch, die hätte er sich besser gespart. Dann würden die Grauen sicher weiter im Familienbesitz bleiben. Lieber nicht daran denken! Der Tag war zu schön, um sich die gute Laune verderben zu lassen.
    Sie war bei den Stallungen angekommen und warf einen Blick durch die weit geöffneten Tore. Die Boxen waren ordentlich ausgemistet worden. Joseph war gerade dabei, frisches Heu zu verteilen. Seine Hose war sauber, sein gewaschenes Hemd ordentlich geknöpft. Elizabeth wurde warm ums Herz. Es war wieder wie früher, Ordnung und Disziplin waren zurückgekehrt. Der Bursche begrüßte sie mit einer angemessenen Verbeugung. Nein leider, er wisse nicht, wo Mr. Michaels sich aufhielt. Vielleicht fand sie ihn drüben an der Koppel. Sie hatten gestern alle Pferde zum Grasen hinübergebracht. Alle Pferde? Auch die vier Grauen? Alle. Das war seltsam. Mr. Simmons hatte nichts davon gehalten, Kutschpferden zu viel Freiheit zuzugestehen. Elizabeth nickte Joseph zu und setzte ihre Suche fort. Natürlich ließ sich der Gedanke an die Grauen nicht verdrängen: Ob Billy bereits einen Käufer für das Gespann gefunden hatte? Ein Hoffnungsschimmer keimte in ihr auf. Vielleicht war er durch all die sportlichen Betätigungen gar nicht dazu gekommen, einen zu suchen? Was trieben vornehme Männer wohl so alles, wenn sie unter sich waren? Bis Mittag blieben sie wahrscheinlich im Bett liegen. Doch womit verbrachten sie ihre Nachmittage und Abendstunden? Vielleicht war es gut, nicht alles zu wissen. Jedenfalls war sie froh, dass ihr junger Bruder in Begleitung eines Erwachsenen unterwegs war – eines intelligenten, höflichen und in allen Konventionen der adeligen Gesellschaft bestens bewanderten Erwachsenen. Da seine Lordschaft darüber hinaus auch noch äußerst attraktiv aussah, war er auch in modischen Dingen Billys Vorbild. Wenn sie sich nicht irrte, dann hatten die beiden am Morgen der Abreise ihre Halsbinden auf genau die gleiche Art gebunden gehabt: modische Kunstwerke, die sich von Mr. Bavis‘ Versuchen, elegant zu sein, in höchstem Maße unterschieden. Noch nie hatte sie solch einen weltmännischen Mann wie Mr. Linworth aus der Nähe erlebt. Gegen dieses Mitglied der Londoner Gesellschaft wirkten alle Adeligen aus der Umgebung wie unbeholfene Bauernburschen. Ob sie ihn wohl überreden konnte, seinen Besuch auf Portland Manor zu verlängern? Musste er wirklich in spätestens drei Tagen nach Norden aufbrechen, um seine Tante zu besuchen? Es wäre zu schön, um wahr zu sein, wenn er die Soiree, die Mama plante, mit seiner Anwesenheit krönte. Bestimmt hätte er sie um den Eröffnungstanz gebeten. Elizabeth seufzte. Lord Linworths Tante gehörten ausgedehnte Besitzungen in Yorkshire, und sie hatte ihren Neffen eingeladen, einige Wochen bei ihr zu verbringen. Die Aussicht auf die bevorstehende Fuchsjagd und fischreiche Seen hatten Billy mit Freuden die Einladung seines Freundes, ihn zu begleiten, annehmen lassen. Fuchsjagd und Fische hatten für Lord Linworth sicher eine viel höhere Anziehungskraft als ein Abend hier auf dem Lande …

    Sie war an der Koppel angelangt, in der die Pferde friedlich nebeneinander grasten. Schwer atmend lehnte sie sich gegen den Holzzaun. Auch hier war weit und breit nichts von ihrem Stallmeister zu sehen. Sie ließ sich auf dem Strunk eines gefällten Kastanienbaumes nieder, den schon Mr. Simmons als Sitzgelegenheit verwendet hatte, und streckte aufatmend die Beine von sich. Ah, wie gut das tat! Der Knöchel hatte arg zu schmerzen begonnen. Es war Zeit, dass sie ihm wieder Ruhe gönnte. Summerwind kam angetrabt. Das lahmende Bein schien ihm noch immer zu schaffen zu machen. Wenn sie sich nicht irrte, dann war sein Gang allerdings schon wieder etwas rhythmischer.
    „Na, mein Süßer, wie ist es dir ergangen in den letzten Tagen? Hat Joseph regelmäßig die Salbe aufgetragen?“
    Bei näherem Hinsehen hatte es allerdings nicht den Anschein. Nachdem sie mit Mr. Michaels gesprochen hätte, würde sie zum Stall zurückkehren und mit Joseph ein ernstes Wort reden. Doch vorerst blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als zu warten und den sonnigen Tag zu genießen. Sie hätte einen Schirm mitnehmen sollen. Mama wäre sicher entsetzt, wüsste sie, dass sie ihren makellosen Teint der prallen Sonne aussetzte. Ob es Lord Linworth wohl störte, wenn sich auf ihrer Nase einige vorwitzige

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