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Das Geheimnis von Digmore Park

Das Geheimnis von Digmore Park

Titel: Das Geheimnis von Digmore Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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in die ihren senkten. Wie es wohl war, seine Lippen auf den ihren zu spüren? Wie es wohl war, einem Mann so nah zu sein, seinen Atem auf der Haut spüren zu können? Seine muskulösen Oberarme zu berühren? Von diesen umfasst zu werden? Elizabeth verbot es sich, die Szene weiter auszumalen, es war so schon aufregend genug. Aufregende, verbotene und leider völlig aus der Luft gegriffene Traumbilder. Doch was war das? Ein seltsames Geräusch fuhr kaum vernehmlich, doch gnadenlos in ihre Gedankenwelt. Elizabeth war mit einem Schlag hellwach. Die kleinen Härchen in ihrem Nacken stellten sich auf. Sie wagte kaum zu atmen. Langsam ging sie rückwärts vom Fenster weg, vorsichtig, um niemanden auf sich aufmerksam zu machen. Das Geräusch wiederholte sich: Metall schabte an Holz, daran bestand kein Zweifel. Sie musste etwas unternehmen, sie musste Hilfe holen! Doch wo bekäme sie Hilfe zu so später Stunde? Das Zimmer ihres Bruders lag neben dem ihren, doch das nützte nichts. Zu dumm, dass Billy und Lord Linworth noch nicht zurückgekehrt waren. Ob sie Mr. Michaels wecken sollte? Nein, das war doch zu peinlich. Sie konnte nicht im Morgenmantel auf seiner Schwelle auftauchen! Vor allem nicht nach all dem, was sie eben über ihn gedacht hatte! Und Mama zu wecken hatte überhaupt keinen Sinn. Die würde nicht im Traum daran denken, sich um irgendwelche Geräusche zu kümmern, und wäre ihrer Tochter nur böse, weil sie sie in ihrer wohlverdienten Nachtruhe gestört hatte. Nein, es war wie so oft: Sie musste sich allein um die Angelegenheit kümmern. Seufzend trat sie wieder einen Schritt nach vorn und beugte sich aus dem Fenster. Nach wie vor drangen die Geräusche an ihr Ohr, und schließlich klang es so, als würde Holz zerbersten. Dann war es still. Langsam blickte sie von den Stallungen hinüber zum linken Flügel des Hauses, in dem die Küche und die Vorratskammer lagen. Darüber befanden sich ihr Büro, die Bibliothek und das Musikzimmer und darüber die Kammern der Köchin, ihrer Zofe Molly, der Küchenmädchen und der Haushälterin. Alles lag wieder ruhig und friedlich vor ihr, so als hätte es die seltsamen Laute nie gegeben. Ob sie wohl besser im Treppenhaus lauschen sollte? Vielleicht waren die Geräusche aus dem Inneren des Gebäudes gekommen? Sie wollte sich eben umdrehen, als sie einen schwachen Lichtschein bemerkte, so als ob jemand eine Kerze angezündet hätte. Sie kniff die Augen zu kleinen Schlitzen zusammen. Ja, es bestand kein Zweifel: Jemand hatte eine Kerze angezündet, und zwar in ihrem Büro! Flugs schnappte sie ihren Morgenmantel, fuhr hinein und band den breiten Gürtel fest um ihre Taille. Sie schlüpfte in ihre samtenen Hausschuhe und machte sich, ohne zu zögern, auf den Weg. In ihrem Büro hatte niemand etwas zu suchen! Was auch immer der Einbrecher dort wollte, sie würde sich ihm entgegenstellen. Denn das Büro war ihr Heiligtum. Darin sah man sich nicht ungestraft um. Dort suchte man nicht ungestraft nach … nach was eigentlich? So lautlos und geschmeidig wie eine Katze schlich sie in das untere Geschoss. Sie war noch nicht auf Idee gekommen, sich zu bewaffnen. Aber als sie am hohen Kamin der Eingangshalle vorbeikam, schien ihr der Schürhaken doch sehr verlockend. Entschlossen nahm sie ihn an sich und huschte am Speisezimmer vorbei, danach am rosa Salon. Alles war ruhig. Einzig die Uhr tickte laut auf dem Kaminsims. Das Mondlicht, das durch die hohen Fensterscheiben fiel, wies Elizabeth den Weg. Während das Haupthaus aus dem 17. Jahrhundert stammte, war der linke Flügel erst ein gutes Jahrhundert später angebaut worden. Ein schmaler Gang verband die beiden Gebäudeteile. Erschrocken hielt sie die Luft an. Jetzt drangen wieder Geräusche an ihr Ohr. Ein Lichtschein fiel durch den offenen Spalt der Bürotür auf den Flur hinaus. Das war ja allerhand! Der Eindringling hatte es nicht einmal für der Mühe wert befunden, die Tür hinter sich zu schließen! Den Lauten nach zu urteilen, öffnete er eben die Schubladen ihres Schreibtisches. Dieser war doch verschlossen gewesen! Papa hatte ihr eingeschärft, den Schreibtisch und die Bürotür jeden Abend eigenhändig abzusperren. Der Eindringling musste die Tür aufgebrochen haben. Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als sie durch den offenen Türspalt lugte. Die Vorhänge waren aufgezogen worden, um das Mondlicht einzulassen. Die einzelne Kerze, die auf dem Schreibtisch entzündet worden war, war dem Einbrecher wohl keine ausreichende Lichtquelle

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