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Das Geheimnis von Digmore Park

Das Geheimnis von Digmore Park

Titel: Das Geheimnis von Digmore Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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beunruhigt. Sein Freund würde sich doch nicht zu unüberlegten Handlungen hinreißen lassen und am Ende gar selbst nach Digmore Park reiten? Die Wachen waren einfache Bauerntölpel. Es war nicht ausgeschlossen, dass ihn einer ohne viel Federlesen niederstreckte, wenn er ihm vor die Flinte kam.
    Doch Dewary hatte zum Glück andere Pläne. „Noch heute werde ich nach Southampton aufbrechen und mit Charlie sprechen. Mein Bursche wohnt, wie du weißt, derzeit im Gasthaus seiner Schwester.“
    „Wie soll dir denn ausgerechnet dein Bursche helfen können?“, fragte der Pfarrer. Wenn ich dir schon nicht helfen konnte?, setzte er in Gedanken dazu.
    Dewary bemerkte die leichte Verstimmung in den Worten seines Freundes nicht.
    „Charlie trat erst in meinen Dienst, als ich bereits in Spanien war. Sein Herr war gefallen, und da ihn in der Heimat einzig seine Schwester erwartete, suchte er nach einer neuen Stelle. Auch auf meiner Reise vor zwei Monaten hat er mich nicht begleitet. Niemand kennt ihn auf Digmore Park.“
    Er stand auf und streckte dem Geistlichen auffordernd seine Rechte entgegen. „Bitte verzeih mir, alter Freund, aber ich komme nicht umhin, mir noch einmal Geld von dir zu leihen. Charlie muss sich neu einkleiden, um als Bursche eines noblen Haushaltes auftreten zu können. Und noch etwas: Ich benötige ein Empfehlungsschreiben für ihn, damit er auf Digmore Park vorstellig werden kann. Ich hoffe, du bist bereit, eines auszustellen.“

16. Kapitel
    Je näher Elizabeth den Stadtmauern von Southampton kam, desto größer wurde ihre Aufregung. Hätte sie doch Mr. Michaels eingeweiht! Ein Mann hatte ganz andere Möglichkeiten, mit missliebigen Zeitgenossen fertig zu werden, als eine Frau. Ganz besonders dieser Mann. Der so klug war und stark und … Schluss mit diesen Gedanken, die zu nichts führten! Wie hätte sie sich ihm anvertrauen können, ohne Billys Dummheiten ans Tageslicht zu bringen? Es ging doch nicht an, dass der Stallmeister einen schlechten Eindruck von seinem eigenen Herrn bekam! Mit einem tiefen Seufzer brachte sie die Pferde zum Stehen. Jetzt war es ohnehin zu spät. Jetzt musste sie zusehen, wie sie allein zurechtkam. Entschlossen hob sie ihren Reithut an und drehte ihn so, dass ihr der schwarze Schleier über das Gesicht fiel. Bisher war sie zügig vorangekommen. Ein Glück, dass sie die Strecke so gut kannte! Papa war ein leidenschaftlicher Bewunderer großer Segelschiffe gewesen. An manch sonnigem Sommertag hatte er seine Kinder in Begleitung der Nanny zum Hafen mitgenommen, um mit ihnen gemeinsam die stolzen Dreimaster zu bewundern. Auch später, als Elizabeth längst dem Kindermädchen entwachsen war, waren Vater und Tochter noch oft in Southampton gewesen. Papa hatte es genossen, seiner Tochter einen Hauch der großen weiten Welt zu zeigen, und sie hatte es genossen, ihren Vater ganz für sich allein zu haben. Nie hätte Elizabeth gedacht, dass sich diese Ausflüge einmal als derart nützlich erweisen würden. So würde sie ohne Schwierigkeiten zum Hafen finden. Ob sie allerdings das Wirtshaus „Zum lachenden Kapitän“ finden würde, das war eine andere Frage. Papa war nämlich nie auf die Idee verfallen, sie in eine derartige Hafenspelunke auszuführen.
    Jetzt, mit dem Schleier über dem Kopf, kam sie nur mehr langsam voran. Zum Glück war er so durchsichtig, dass sie die Straße noch schemenhaft erkennen konnte. Dennoch erforderte der letzte Rest der Wegstrecke ihre volle Aufmerksamkeit. Hoffentlich konnte sie die Rückfahrt noch vor der Dämmerung antreten!
    Hatte sie angenommen, der Schleier würde sie vor neugierigen Blicken schützen, war das nur insoweit richtig, als man ihr Gesicht nicht mehr erkennen konnte. Offensichtlich bot sie einen derart ungewöhnlichen Anblick, dass immer mehr Leute stehen blieben, um sie anzugaffen. Wann bekam man schon eine tief verschleierte schwarze Witwe zu Gesicht, hoch oben auf einem Kutschbock? Die noch dazu eigenhändig zwei feurige Rappen lenkte? Eine alte Frau, die mit gekrümmtem Rücken langsam des Weges kam, hielt inne, riss die Augen weit auf und bekreuzigte sich rasch. Elizabeths Aufregung stieg. Um wie viel lieber säße sie jetzt, vom Pöbel unbemerkt, in einer geschlossenen Kutsche und könnte es dem Diener überlassen, nach dem Weg zu fragen! Doch welchen Diener hätte sie mitnehmen sollen? Joseph und Jacob wären der Aufgabe sicher nicht gewachsen gewesen. Und John traf sich öfter mit Freunden im Wirtshaus. Da hätte sie sich

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