Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis von Digmore Park

Das Geheimnis von Digmore Park

Titel: Das Geheimnis von Digmore Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
Vom Netzwerk:
eine Schwester für ihn.“
    Dass das kein so guter Schachzug war, stellte sich umgehend heraus. „Ah, dann ist dir diese Bürgschaft also besonders viel wert. Dann werden ein oder zwei Küsse als Gegenleistung nicht ausreichen! Da werden’s schon etwas mehr Küsse sein müssen.“
    Er trat zu Elizabeth hinüber, und ehe sie es sich versah, hatte er sie in seine Arme gerissen und seinen harten Mund auf ihre Lippen gedrückt. Einige Schrecksekunden lang verharrte sie reglos, doch dann kam wieder Leben in sie. Sie strampelte mit beiden Beinen, es gelang ihr, sich umzudrehen und ihn in die Schulter zu beißen. Er hielt ihre Arme fest an sich gepresst wie in einem Schraubstock. Sein Atem roch nach Kautabak und Bier. Sie biss noch einmal zu, diesmal fester.
    Er schrie auf. „Da habe ich mir ja eine Wildkatze geangelt! Jetzt kommst du mit Küssen allein nicht mehr davon, Darling! Von jemandem, der mich beißt, verlange ich etwas anderes.“
    Er hob sie hoch und warf sie sich über die Schulter, als wäre ihr Gewicht nicht der Rede wert. Jetzt hatte sie zumindest eine Hand frei und konnte mit aller Gewalt auf seinen Rücken trommeln. Dabei strampelte sie mit den Beinen und warf ihren Kopf hin und her.
    Doch Mr. Nuckels lachte nur. „Ich bringe dich jetzt hoch in eine Kammer, und besser, du denkst gar nicht dran, zu schreien! Das würde nur noch mehr Kumpels anlocken, bei unserem Spiel mitzumachen, und ich möchte dich zuerst gerne nur für mich alleine haben!“
    Und wieder trommelte ihre Hand auf seinen Rücken. Doch sie wusste, dass sie gegen ihn nichts würde ausrichten können. Zu all der Verzweiflung über ihre Aussichtslosigkeit mischte sich die Wut über Linworth, über Billy und nicht zuletzt über ihre eigene Dummheit. Mr. Nuckels näherte sich mit der Last auf seinen Schultern dem Hintereingang. Er trat zur Seite, da in diesem Augenblick zwei Männer das Gasthaus verließen. Einer der beiden war recht groß, seine derbe braune Hose steckte in glänzenden schwarzen Reitstiefeln. Die Augen, mit denen er das Schauspiel beobachtete, das sich ihm hier unerwartet bot, waren tiefblau und verengten sich zu schmalen Schlitzen, als ihm aufging, was da gerade geschah. Seine Hände waren lang und schmal. Doch das sollte niemanden täuschen, denn er war es gewohnt, hart zuzupacken und die Zügel in der Hand zu halten. Und er war es gewohnt, rasche Entscheidungen zu treffen. Und eine dieser raschen Entscheidungen traf er nun. Er ballte seine rechte Hand zur Faust, holte aus und ließ sie mit voller Wucht auf den Schädel von Mr. Nuckels niedersausen.

17. Kapitel
    Der Geldverleiher stöhnte auf und ließ Elizabeth los. Zum Glück landete sie wohlbehalten auf den Beinen. Über dem Rücken von Mr. Nuckels hängend, hatte sie die beiden Männer nicht kommen sehen. Umso überraschter war sie, dass Mr. Nuckels wie vom Blitz getroffen in sich zusammenklappte und sie freikam. Rasch drehte sie sich um und war dann noch überraschter, ihren Stallmeister vor sich zu sehen. Er betrachtete sie ernst und rieb sich dabei sein schmerzendes Handgelenk. „Miss Porter, Sie gestatten, dass ich Sie nach Hause bringe?“
    Ihre Freude, ihn zu sehen, war dermaßen groß, dass sie ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre. Er war ihr Retter! Sie suchte nach den richtigen Worten, ihm zu danken. Sie wollte ihm etwas Nettes sagen, ein Kompliment machen. Doch irgendetwas in seiner strengen Miene, irgendetwas in seinem förmlichen Tonfall ließ sie den Mut verlieren. „Ich bitte darum, Mr. Michaels“, sagte sie schlicht. Gerade so, als hätte sie ein junger Mann im Tanzsaal gefragt, ob er ihr etwas zu trinken bringen dürfe. Dewary überlegte nicht lange. Er öffnete das Tor zum Pferdestall, und Jupiter kam schnaubend ins Freie. „Charlie, du nimmst das Pferd.“
    Der Bursche nickte mechanisch. Er war noch ein wenig verwirrt angesichts des Geschehens, das sich eben vor seinen Augen abgespielt hatte. Kannte der Major etwa die junge Dame im schwarzen Kleid? Und was um Himmels willen hatte sie hinter dem Gasthaus seiner Schwester zu suchen? Hier war nicht das richtige Pflaster für Damen der höheren Gesellschaft.
    „Wenn Sie meinen, dann nehme ich den Gaul. Scheint ein passabler Renner zu sein und kommt uns billiger, als wenn ich erst einen leihen müsste. Aber wissen will ich schon, was das alles zu bedeuten hat …“
    Ein kleines Lächeln schlich sich auf Dewarys Lippen. „Das kann ich mir vorstellen, Charlie. Aber deine Neugier muss warten.

Weitere Kostenlose Bücher