Das Geheimnis von Digmore Park
„Gewiss ist sie das!“ Die Verlobte scherte ihn in Wahrheit nicht besonders. Vielmehr brannte er auf die Antwort auf folgende Frage: „Und dein Siegelring befindet sich mit Sicherheit in Worthing?“
„Natürlich tut er das! Wie sollte der Schmuck auch von dort nach Digmore Park gekommen sein? Hast du meinen angeblichen Ring gesehen? Es muss sich um eine Fälschung handeln.“
Der Geistliche nickte. „Ja, Dewary, ich habe mich mit meinen eigenen Augen überzeugen können. Der Ring gleicht dem deinen aufs Haar. Ein schlichter Goldring mit deinen Initialen, beiderseits besetzt mit leuchtenden Rubinen.“
„Ja, genau so sieht mein Ring aus“, bestätigte Dewary. „Alle, die mich kennen, wissen das. Es muss ein Leichtes gewesen sein, den Ring nachmachen zu lassen.“
Bishop zögerte einen Moment mit seiner Antwort und dachte nach. Anscheinend hatte auch dein Cousin dieselben Zweifel wie du, mein Freund. Und so wurde der Goldschmied gerufen, der deinen Siegelring anlässlich deiner Volljährigkeit angefertigt hat. Der Mann schwört Stein und Bein, dass das genau der Ring ist, den er vor acht Jahren für dich gemacht hat. Er behauptet, jede seiner Arbeiten aus Tausenden heraus zu kennen. Doch dies sprach der Geistliche nicht laut aus. Welchen Sinn hatte es, seinen Freund weiter zu beunruhigen? Und auch ein Goldschmied konnte sich einmal irren.
„Ja, gut möglich, dass der Ring gefälscht ist“, sagte er stattdessen und räusperte sich wieder. Dann saßen sie einige Zeit schweigend da, jeder tief in seine Gedanken versunken.
„Was den Friedensrichter zudem noch stutzig machte, war die Aussage der Dienerschaft, du habest ursprünglich vorgehabt, noch zwei Tage länger zu bleiben“, fiel Mr. Bishop ein. „Dann hast du jedoch plötzlich die Koffer gepackt und bist abgereist. Zur gleichen Zeit ist Lady Barbara verschwunden. Bitte nimm es mir nicht übel, Frederick, aber es ist kein Wunder, dass man hier zu dem für dich so unerfreulichen Schluss kommt.“
„Ich bin doch nur abgereist, damit meine Tante aufbrechen konnte, ohne entdeckt zu werden! Außerdem war mir das gar nicht so unrecht, denn ich hatte ohnehin ein schlechtes Gewissen, gerade zu der Zeit nicht bei meiner Truppe zu sein.“
„Ich versteh dich, Frederick. Alles, was du sagst, klingt nachvollziehbar. Dennoch sieht man auf Digmore Park die Dinge derzeit anders. Vor allem der Friedensrichter …“
„Ich kann mir schon denken, wer Lord Streighton eingeschaltet hat. Dem guten Edward ist wohl jedes Mittel recht, sich meiner zu entledigen.“
„Mögt ihr euch so wenig?“ Dewary erwog die Frage leidenschaftslos. „Edward ist zwei Jahre älter als ich. Wir waren schon als Kinder nicht die besten Freunde. Was uns nicht abhielt, miteinander in den Wäldern zu spielen. Und da wir die Leidenschaft für die Jagd teilen, hat er mich so manches Mal auf Jagdgesellschaften begleitet. Es geht gar nicht darum, ob wir uns mögen. Unzweifelhaft käme es ihm gelegen, wenn ich ohne Erben sterbe und der Titel und das ganze Vermögen an ihn fallen. Dennoch überrascht es mich, dass er so skrupellos vorgeht …“
Der Pfarrer schüttelte nachdenklich den Kopf. „Ich denke, du tust deinem Cousin unrecht. Ich habe ihn zwar nur einmal gesprochen, doch er scheint mir recht vernünftig zu sein. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er dir Böses will. Im Gegenteil, er schien aufrichtig besorgt.“
Dewary traute seinen Ohren nicht. „Bist du sicher, dass es wirklich Edward war, mit dem du gesprochen hast?“
„Aber natürlich! Mr. Nolens hat mich am zweiten Tag zum Tee ins Herrenhaus mitgenommen. Ich habe mich mit deinem Cousin unterhalten, während Lady Bakerfield uns auf das Freundlichste bewirtete.“
Der Major starrte seinen Freund wie vom Donner gerührt an. „Wovon sprichst du denn, verdammt noch mal? Eben sagtest du, meine Tante sei tot, und jetzt soll sie euch auf einmal freundlich bewirtet haben? Hast du den Verstand verloren?!“
„Ich spreche doch nicht von deiner Tante“, entgegnete der Pfarrer würdevoll, „ich spreche von der Frau deines Cousins.“
Diese Worte brachten sein Gegenüber vollends aus der Fassung. „Edward ist nicht verheiratet, Simon, ganz gewiss nicht! Ich habe ihn doch auf Irenes Hochzeit vor zwei Monaten gesehen, und da war weit und breit nichts von einer Lady Bakerfield zu sehen. Bist du sicher, dass du dich nicht irrst?“
„Aber hundertprozentig! Dein Cousin hat mir die junge Dame doch ausdrücklich als seine Gattin
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