Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis von Digmore Park

Das Geheimnis von Digmore Park

Titel: Das Geheimnis von Digmore Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
Vom Netzwerk:
waren sie nicht früher am Vormittag losgefahren? Sie konnten doch nicht zu so unpassender Stunde in ein wildfremdes Haus einfallen und sich ohne Einladung dort breitmachen. Sicher saßen alle bereits bei Tisch. Natürlich, es war eine glückliche Fügung, dass Mama mit Lady Digmore befreundet gewesen war. Dennoch, Lady Digmore war tot, ihr verwitweter Gemahl alt und gebrechlich, und der Elan, mit dem sie Dewary zu helfen versprochen hatte, war bitterer Enttäuschung gewichen. Er war verlobt! Und er hatte es sehr eilig gehabt, ihr seine Heiratspläne zu offenbaren, kaum dass sie gewusst hatte, wer er wirklich war. Sollte ihm doch seine Verlobte helfen! Wo blieb denn da die Gerechtigkeit? So musste sie sich, anstelle der Unbekannten, den Unbilden einer Reise und der Gefahr aussetzen, zur Helfershelferin eines Mörders zu werden! Denn wer sagte denn, dass Mr. Michaels – oder Dewary, wie er ja eigentlich hieß – tatsächlich unschuldig war? Immerhin hatte sie auch gedacht, er sei nicht verlobt. In ihrem Inneren wusste sie, dass diese Schlussfolgerung nicht ganz logisch war. Aber seit wann war Logik die große Stärke von Frauen mit Liebeskummer? Und es war ja wirklich ungerecht, dass seine Verlobte sicher und geborgen in ihrem warmen Bett schlafen konnte, während sie an der Seite ihrer aufgekratzten Mutter in einer zugigen Eingangshalle stand und nicht wusste, was sie als Nächstes erwartete. Aber es half nichts. Sie hatte versprochen, Dewary beizustehen, und einen Unschuldigen (und sie hielt ihn in ihrem Herzen weiter für unschuldig) vor dem Galgen zu retten, war ja auch ihre christliche Pflicht. Außerdem hätten sie jetzt ohnehin nicht mehr umkehren können, denn Mama war Feuer und Flamme für dieses Unterfangen. Außerdem würde Claras Mann sie für verrückt halten, wenn sie wieder nach Hause zurückkehren würde. Er hatte eigens seinen Bruder gebeten, für ein paar Wochen zu ihm zu ziehen, um ihn dabei zu unterstützen, neben seinem Landsitz auch noch ein Auge auf Portland Manor zu haben. Da konnte sie wohl schwerlich bereits am nächsten Tag wieder den Türklopfer betätigen!

    „Meine liebe Lady Portland, ich freue mich ja so sehr, Sie in unserem Haus willkommen zu heißen!“ Die Dame, die ihnen nun entgegeneilte, um sie wärmstens zu begrüßen, war die hübscheste junge Lady, die Elizabeth je zu Gesicht bekommen hatte. „Im Hause des Onkels meines Gatten muss es natürlich richtigerweise lauten.“ Sie schenkte den beiden Gästen ein um Verzeihung heischendes Lächeln. „Aber wissen Sie, ich liebe Digmore Park so sehr, dass ich gern von ‚unserem’ Haus spreche!“
    Mylady reichte ihr huldvoll zwei Finger zur Begrüßung. Lady Bakerfield knickste und lächelte so freundlich zu Lady Portland empor, dass diese gar nicht anders konnte, als von ihr höchst angetan zu sein. Auch Elizabeth war freudig überrascht über den herzlichen Empfang.
    „Guten Abend, Miss Porter, Sie wissen gar nicht, welch große Freude Sie mir mit Ihrem Besuch bereiten. Ich wuchs mit einer großen Schar Schwestern auf und vermisse sie alle sehr. Es ist schön, wieder eine gleichaltrige Gefährtin zu haben. Ich hoffe, Sie beide bleiben sehr, sehr lange hier. Es war sehr still und einsam in letzter Zeit …“
    Elizabeth reichte ihrer kleinen und überaus zierlichen Gastgeberin die Hand und beeilte sich, den freundlichen Gruß zu erwidern. Sie bewunderte die Art, wie Lady Bakerfield ihr dunkles Haar trug. Ein kleiner schwarzer Schleier steckte im kunstvoll verzierten Kamm, der ihre Locken zurückhielt. Auch ihre dunkle Kleidung war ein deutlicher Hinweis darauf, dass es in letzter Zeit einen Todesfall im Haus gegeben hatte. Elizabeths Gefühl tiefer Peinlichkeit wuchs ins Unermessliche: Daran hatte sie ja gar nicht gedacht! Lady Barbara war ermordet worden, die Familie war in tiefster Trauer!
    Da sagte Lady Bakerfield auch schon: „Sie müssen entschuldigen, wir sind derzeit nicht auf Besuch eingerichtet. Meine Schwiegermutter ist vor wenigen Wochen … gestorben, und wir stehen alle noch unter Schock, denn ihr Tod kam sehr plötzlich. Wenn Sie aber damit vorliebnehmen, in einem Haus der Stille und der Trauer beherbergt zu werden, dann seien Sie uns herzlich willkommen.“
    Elizabeth atmete auf. Das klang nicht so, als würde ihr Besuch als die reinste Zumutung empfunden. Mylady ergriff die Hand der jungen Gastgeberin und tätschelte sie mütterlich.
    „Das sind ja erschütternde Neuigkeiten, meine liebe Lady Bakerfield, mein

Weitere Kostenlose Bücher