Das Geheimnis von Digmore Park
man ihr keinen Glauben schenkte! „Ich werde herausfinden, ob es Mr. Jennings war!“
Dewary nickte. Es gefiel ihm, dass sie nicht so leicht aufgab. „Dafür wäre ich Ihnen außerordentlich verbunden! Dennoch müssen wir Pläne schmieden, was zu tun ist, wenn es sich bei dem Reiter nicht um Mr. Jennings gehandelt hat!“
Als die Kutsche sich schließlich in Bewegung setzte, um nach Digmore Park zurückzufahren, wusste jeder der Insassen genau, welche Rolle er in den nächsten Tagen zu spielen hatte. War Mr. Jennings tatsächlich nach Digmore Park zurückgekehrt, würde Charlie seinen Herrn umgehend verständigen. Falls nicht, würde ihnen keine andere Wahl bleiben, Dewary musste heimlich in sein Elternhaus eingeschleust werden, um an das Blatt mit der Adresse heranzukommen.
„Ich halte das für keine gute Idee!“, hatte Elizabeth heftig widersprochen.
Mama mochte alles für ein spannendes Abenteuer halten. Doch Elizabeth konnte den Gedanken nicht ertragen, den Mann, den sie liebte, in Lebensgefahr zu wissen. Ja, sie liebte ihn, mochte er noch so verlobt sein! „Es besteht nicht die geringste Möglichkeit, an all den Bewaffneten vorbeizukommen! Das sind doch alles Männer aus der Gegend, die erkennen Sie auch mit Vollbart.“
„Also, ich bin mir sicher, dass einige der Männer nicht aus der Nähe von Digmore Park kommen“, meldete sich John zu aller Überraschung zu Wort, „ich habe mich erst gestern mit zwei Burschen unterhalten, die stammten aus einem Ort namens Shoreham-by-Sea!“
„Wissen Sie, wo dieser Ort liegt?“
„Aber Lizzy, das ist doch völlig einerlei!“ Mylady wurde ungehalten. „Es schert mich nicht im Geringsten, woher diese rauen Gesellen kommen, die jedes gute Benehmen vermissen lassen und die schönen Blumen zertrampeln …“
„Überlege doch, Mama. Wenn die Wachen keine Pächter von Digmore Park sind, dann haben Sie auch keine Beziehung zum Haus Digmore. Und umso weniger Skrupel werden sie haben, den Major zu töten!“
Ihre Sorge rührte Dewary. Wie hatte er je auch nur einen Augenblick annehmen können, sie sei kalt und habe ein Herz aus Stein?
„Shoreham-by-Sea liegt in West Sussex, nicht weit von Worthing entfernt“, erklärte er schnell. Er hatte im letzten Sommer mit Vivian einen Ausflug dorthin unternommen. Es war ein wunderschöner Augusttag gewesen, und er hatte sich so darauf gefreut, endlich wieder etwas Zeit mit seiner Verlobten zu verbringen. Leider war ihre Schwester Sylvia mit von der Partie gewesen. Sie hatte an allem und jedem etwas zu bemängeln gehabt, so war es am Ende ein schrecklicher Ausflug geworden!
„Andererseits“, sagte Charlie langsam, und man merkte ihm an, dass es in seinem Hirn arbeitete, „wenn die Leute aus West Sussex stammen, dann erkennen sie den Major nicht. Also kann er vielleicht doch unerkannt ins Haus gelangen.“
„Du hast recht, Charlie. Und es wird deine Aufgabe sein, den Schlüssel zu meinem Zimmer aufzutreiben. Du müsstest ihn am oberen Ende der Treppe finden, die von der Küche hinunter in den Weinkeller führt. Dort hängt ein kleines Holzkästchen mit allen Schlüsseln des Hauses. Und soweit ich mich erinnern kann, ist es unverschlossen.“
„Wie weiß ich, welcher Schlüssel der richtige ist, Major? Es würde sicher auffallen, wenn ich alle Schlüssel mitnähme, um sie auszuprobieren!“
Darauf wusste John eine Antwort. „Mr. Richard hat alle Schlüssel mit einem Schild versehen. Das habe ich vor wenigen Tagen festgestellt, als ich den Schlüssel für den Geräteschuppen suchte.“
Dewary atmete auf. „Na, da bin ich aber froh, dass unser Butler so ordnungsliebend ist! Es sollte also ein Leichtes für dich sein, Charlie, den richtigen Schlüssel zu erkennen.“
Man einigte sich darauf, dass er diesen Schlüssel an Elizabeth übergeben sollte, die den Raum aufsperren und den Schlüssel im Schloss stecken lassen sollte. Charlie würde sich ins Haus schleichen und den schweren Riegel vor dem Eingangstor zurückschieben.
„Am besten geschieht das während des Dinners!“, befand Mylady. „Da sind beide Bakerfields im Salon und beanspruchen die Aufmerksamkeit sämtlicher Diener.“
Elizabeth nickte. „Gewiss, Mama. Um diese Zeit wird sich kaum jemand in der Halle aufhalten.“
„Das Wachpersonal wird um dieselbe Zeit von den Küchenmädchen verköstigt“, warf John ein.
Charlie lachte. „Da sind so hübsche Mädchen dabei, da kann ich mir gut vorstellen, dass die Burschen ihre Augen woanders
Weitere Kostenlose Bücher