Das Geheimnis von Digmore Park
liebenswert und …, setzte sie in Gedanken hinzu.
„So einen Mann habe ich mir immer für dich gewünscht, Lizzy! Ich bin sicher, er würde einen großartigen Gatten für dich abgeben.“
„Aber Mama!“, rief Elizabeth erschrocken. Es war eines, sich solchen Träumereien hinzugeben, aber es war etwas anderes, sie aus mütterlichem Mund zu hören! Solche Worte erweckten Hoffnungen – Hoffnungen, die sich doch nie erfüllen würden. Je eher Mama schwieg, desto besser für ihren eigenen Gemütszustand! Sie deutete in Richtung Kutschbock. „Die Diener können uns hören, Mama!“
Doch wie immer ging ihre Mutter geflissentlich über derartige Einwände hinweg. „Diener sind nicht dazu da, um Gespräche der Herrschaft zu belauschen. Ich bin sicher, sie sind vollauf damit beschäftigt, den Wagen zu lenken.“
Also versuchte Elizabeth einen anderen Weg, um ihre Mutter zum Schweigen zu bringen. „Du vergisst, Mama, dass der Major verlobt ist.“
„Was soll denn das für eine Verlobte sein, Lizzy, ich bitte dich! Steht sie an der Seite des Mannes, dem sie in Zukunft angehören soll, jetzt in diesen schwierigen Zeiten?“
Elizabeth schüttelte den Kopf. Sie war ehrlich erstaunt. Seit wann war ihre Mutter der Ansicht, eine Frau hätte irgendwelche Pflichten gegenüber ihrem Gatten? Soweit sie sich zurückerinnern konnte, hatte nur Papa ihr gegenüber Pflichten gehabt. Er musste sie umsorgen und verwöhnen, ihr Abwechslung verschaffen und jede Schwierigkeit von ihr fernhalten. Ein Gutes hatten Mamas Worte jedoch: Sie säten einen neuen Keim der Hoffnung in ihrem Herzen.
26. Kapitel
„He, du da, Bursche, wie war noch mal dein Name? Was treibst du dich hier in der Küche herum?“
Die Köchin hatte ihre feisten Arme in die Taille gestemmt, und nicht nur ihre herabgezogenen Mundwinkel verrieten ihre Ungehaltenheit. Charlie konnte sich gerade noch einen derben Fluch verkneifen. Um diese Stunde machte die Köchin für gewöhnlich ein Nickerchen in ihrer Stube. Die Küchenmädchen nutzten die freie Zeit, um mit den Wachen zu schwatzen. Sie hatten im Allgemeinen wenig mit den Burschen zu schaffen, die sie nicht schon von klein auf kannten, da waren die Männer, die das Haus bewachten, eine höchst willkommene Ablenkung. Gestern, am Donnerstag, hatte der Butler zu dieser frühen Nachmittagsstunde am Küchentisch Zeitung gelesen. Doch heute war er nach Winchester gefahren, um Kerzen zu kaufen. Die Luft war also rein gewesen, als er sich zur Küchentreppe hatte schleichen wollen. Leider jedoch nicht ganz rein!
Am liebsten hätte er wortlos das Haus verlassen, aber an der massigen Gestalt von Mrs. Lotterby gab es kein Vorbeikommen.
„Ich bin Charlie, Mrs. Lotterby!“ Er zog höflich die Mütze vom Kopf.
„Und was willst du hier in meiner Küche, … Charlie?“
Nun war guter Rat teuer. Er konnte schwerlich sagen: „Die Schlüssel zu Major Dewarys Zimmer holen!“ Doch leider war das das Einzige, was ihm im Augenblick einfiel. Also schwieg er lieber.
„Hosentaschen ausleeren! Gestohlen wird hier nicht!“
„Also bitte, was denken Sie denn von mir! Ich bin ein ehrlicher Mensch!“ Nun war Charlie wirklich entrüstet.
„Ja, ja, ja!“, entgegnete die Köchin und sah noch keinen Grund nachzugeben. „Das werden wir gleich sehen. Taschen ausleeren!“
Sie klopfte mit ihrem dicken, roten Zeigefinger auf die Tischplatte. „Alles, was du da drin hast, hierher!“
Charlie schnaubte unwillig und tat, wie ihm geheißen. Jetzt musste er sich noch einen Dieb schimpfen lassen! Der Major rutschte immer tiefer in seine Schuld! Auf dem Tisch stand noch der Kessel mit dem Eintopf, den es als Mittagsgericht gegeben hatte. Kaum jemand hatte ordentlich zugelangt. Kein Wunder, denn das Essen war am Boden angebrannt und stank zum Himmel.
Die Köchin besah sich die Dinge, die der Stallknecht auf den Tisch gelegt hatte. „Ein Taschentuch, zwei Kieselsteine, ein Kerzenstummel, ein angebissener Apfel … ist das alles? Lass mich sehen!“
Ohne Nachsicht stülpte sie seine Hosentaschen nach außen. Außer ein paar Krümeln, die auf den Küchenboden fielen, waren sie leer.
„Na, da hast du ja noch einmal Glück gehabt, Bursche!“, sagte sie, nun etwas milder. Das sollte wohl die Entschuldigung für ihre Verdächtigung darstellen. „Nun heraus mit der Sprache: Warum bist du hier?“
Wenn bloß der Eintopf nicht so schrecklich stinken würde. Er war ja schon völlig benebelt!
„Es war wegen dem Eintopf“, stammelte er
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