Das Geheimnis von Ella und Micha: Ella und Micha 1 - Roman (German Edition)
blöde Sachen gibt es überall. Vor denen kann man sich nicht verstecken.«
»Wie weise.« Ich klappe das Handy zu und stecke es ein.
»Die doofen Sachen zeigen sich eben nur in unterschiedlichen Formen«, fährt Lila fort. »Mal ist es der Drogendealer an der Ecke, mal sind es korrupte Reiche, mal die Wald-und-Wiesen-Arschlöcher.«
Ich weiß nicht viel über Lila, außer dass sie reich ist, ihr Dad Anwalt und ihre Mom Hausfrau. Lila selbst begeistert sich für Klamotten, kann verteufelt gut mit Zahlen umgehen und war der einzige Grund, dass ich die Matheprüfung bestanden habe.
Bei meinem Bruder steht die Tür offen, und er kommt heraus, als wir an seinem Zimmer vorbeigehen. Er hat ein schwarz-rotes Polohemd und eine Cargohose an. Sein Haar glänzt komisch; wahrscheinlich hat er es gegelt.
»Hey, hast du Dad gesehen?«, fragt er mich und nickt Lila zu.
Ich zeige auf die geschlossene Tür am Flurende. »Ich glaube, ich habe ihn gestern Abend spät nach Hause kommen gehört.«
»Ja, er war zu Hause, aber heute Morgen war er schon auf.« Er lehnt sich in seinen Türrahmen und verschränkt die Arme. »Ich habe gehört, wie er in dem Badezimmer herumpolterte und heulte, und jetzt kann ich ihn nicht finden, habe aber auch nicht gemerkt, dass er weggegangen ist. Die von seiner Arbeit haben angerufen und gesagt, dass er nicht erschienen ist.«
Ich balle die Fäuste, sodass mir meine Fingernägel in die Haut schneiden. »Hast du im Bad nachgesehen?«
Deans Blick wandert zur Badezimmertür, und er verneint. »Habe ich nicht und werde ich auch nicht.«
»Hi, ich bin Lila«, schaltet sich da Lila ein und reicht ihm die Hand. »Du musst Ellas Bruder Dean sein.«
Dean ist verhalten amüsiert und schüttelt ihr die Hand. »Ja. Woher kennst du Ella?«
»Ich war ihre Mitbewohnerin«, antwortet sie, presst eine Hand an ihre Brust und gibt sich übertrieben empört. »Hat sie mich etwa nie erwähnt?«
»Wir sprechen uns nicht so oft.« Ich sehe zum Badezimmer, und mir zieht sich der Magen zusammen. »Wir müssen Dad suchen.«
»Ich gehe nicht in das Bad, Ella, aber wenn du willst, bitte.«
Meine Knie sind weicher als zerkochte Nudeln, als ich den dunklen Flur hinuntergehe und vor der Tür stehen bleibe. Die Erinnerung an den Tag, an dem meine Mom starb, holt mich ein. Die Tür war geschlossen und das Haus still, bis auf das Rauschen des laufenden Wassers. Mit zitternden Händen öffne ich.
Der Raum ist kahl, die Wanne leer und der Fliesenboden sauber bis auf einen kleinen Fleck. Es hängen keine Handtücher an den Haken, und der Spiegel an der Wand gegenüber wirft mein Bild zurück. Mein Haar ist tadellos gelockt, meine Lippen sind mit Lipgloss geschminkt, und meine grünen Augen sind sehr groß und verraten alles.
»Hier ist Dad nicht«, sage ich zu Dean, unfähig, meinen Blick vom Spiegel zu lösen. »Bist du sicher, dass du nicht gehört hast, wie er aus dem Haus ist?«
»Er kann natürlich gegangen sein, ohne dass ich etwas gehört habe«, antwortet er. »Aber wann ist er jemals leise gewesen, wenn er ging?«
Hastig schlage ich die Badezimmertür zu, als wollte ich ein Feuer ausklopfen, und renne zurück den Flur entlang. »Jemand muss ihn suchen. Hast du es auf seinem Handy probiert?«
»Klar, hältst du mich für unterbelichtet?« Er verdreht die Augen. »Er geht nicht ran.«
Lila tritt unbehaglich von einem Fuß auf den anderen und wechselt das Thema. »Also du spielst Schlagzeug, Dean?«
Er weist auf das Schlagzeug in der Mitte seines kleinen Zimmers. Der Fußboden und das Bett stehen voller Kartons und Kisten, und die Vorhänge sind aufgezogen, sodass die Sonne hineinscheint. »Früher mal, inzwischen kaum noch. Ich habe einen Job und eine Verlobte.«
»Verlobte?«, wiederholen Lila und ich im Chor.
»Ja, hört ihr schlecht?« Wieder verdreht Dean die Augen und geht zurück in sein Zimmer. »Das kommt vor, wenn zwei Leute richtig lange zusammen sind.«
»Warum hast du mir nichts erzählt?«, frage ich und folge ihm ins Zimmer.
Er hebt einen kleinen Karton hoch und lässt ihn auf den Boden fallen. »Interessiert es dich denn?«
Ich schiebe den Karton vorsichtig mit dem Fuß aus dem Weg. »Du bist mein Bruder. Natürlich interessiert es mich.«
»Na ja, es ist ja nicht so, als hätten wir uns jemals gut verstanden. Ich habe seit einem Jahr nicht mal mehr mit dir geredet. Gott, bis vor einer Woche hatte ich keine Ahnung, dass du auf dem College bist.«
Er hat recht, was traurig ist. Ich kenne ihn
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