Das Geheimnis von Islay Island
Speisezimmers.
Von da an hellte sich die Stimmung des Kochs auf. Zu einer Flasche von Sir Thomas’ bestem Wein, den ich aus dem Keller stibitzte, ließen wir uns den Fisch schmecken.
Später nahm ich den letzten Rest mit in die Gärtnerhütte – angeblich als Wegzehrung für den nächsten Tag.
»Mit Empfehlung des Hauses, Gorgonzola.«
Geschickt nahm sie jeden Bissen einzeln vom Teller und bekundete mit einem sonoren Schnurren ihre Anerkennung. Im Unterschied zu Sir Thomas und seinen Gästen wusste Gorgonzola den hervorragenden schottischen Lachs zu schätzen, wenn sie ihn unter die Nase bekam.
Da ich nun von Ann-Marie erfahren hatte, dass es kein neues Lager gab, in dem die fehlenden Fässer vielleicht zu finden waren, lag auf der Hand, wieso es den Herrschaften beim Abendessen den Appetit verschlagen hatte: Sir Thomas, Waddington und Gabrielle, anscheinend Morans Komplizin bei seinen kriminellen Machenschaften, sahen sich durch Winstanley wohl in ihren höchst einträglichen Plänen bedroht.
Auf einmal kam mir ein Gedanke: Chang – wieso hatte sie ebenfalls kaum gegessen? Ich war mir ziemlich sicher, dass sie in das Whisky-Komplott nicht eingeweiht war und auch nichts von Winstanley wusste. Weshalb hatte es ihr dann trotzdem nicht geschmeckt?
In dieser Nacht fand ich kaum Schlaf. Ewig grübelte ich über Changs Verhalten und machte mir Sorgen um den Koch und Ann-Marie. Würden sie meinen Rat befolgen und dichthalten?
10
A m nächsten Morgen schon um Viertel vor acht – eine Stunde, nachdem Waddington und Sir Thomas mit dessen Geländewagen weggefahren waren – fand ich heraus, was Chang so zu schaffen gemacht hatte. Die Gegensprechanlage summte, als ich gerade in der Küche stand und dem Koch nach unserem eigenen vorverlegten Frühstück beim Abwasch half, während Ann-Marie nach oben geflitzt war, um in Sir Thomas’ Zimmer die Bettwäsche zu wechseln und sauber zu machen.
»Falls das die Madame ist, die ihr Frühstück eine halbe Stunde vor der üblichen Zeit haben will, dann bekommt sie ihr Ei eine Minute gekocht und dazu ungekochtes Wasser als Tee.« Der Küchenchef schien keine Witze zu machen. »Und«, fügte er hinzu, »keinen Toast, nur Brot.«
Ich lachte. »Und wie soll ich ihr das erklären? Plötzlicher Stromausfall in der Küche?«
»Das lässt sich einrichten.« Seine Augen wanderten zum Hauptsicherungskasten. Doch es war nicht Gabrielle in der Leitung.
»Ms Chang am Apparat. Bitte Sie bestellen Taxi zur Fähre. Ich reise ab.« Die wenigen Worte kamen in einem angespannten Staccato. »Taxi bald da?«
Es gelang mir, mein Staunen zu unterdrücken. »Wir liegen hier ein gutes Stück von Port Ellen entfernt, Madam. Ich denke, das Taxi braucht ungefähr …«, ich rechnete überschlägig die Zeit nach, die ich gebraucht hatte, »eine Dreiviertelstunde hierher und dieselbe Zeit zurück nach Port Ellen. Ich rufe das Taxi auf der Stelle. Sie müssten dann bis zur Abfahrt des Schiffs reichlich Zeit haben.«
Als das Taxi schließlich eintraf, trug ich Changs Koffer hinaus und wartete auf der Eingangstreppe, bis der Wagen davongefahren war. Bei der erstbesten Gelegenheit würde ich unter ihrem Bett nachsehen, ob das Päckchen ebenfalls verschwunden war.
Ich befand mich in der Küche und bereitete Gabrielles Frühstückstablett vor, als Ann-Marie mit einem Armvoll Bettwäsche zur Tür hereinkam und sie auf einen Haufen vor der Waschmaschine warf.
»Also, das Zimmer des Herrn und Meisters wäre dann fertig. Wenn Robillard und Chang geruhen aufzustehen, ziehe ich auch bei denen die Betten ab.«
»Bei Ms Chang kannst du gleich anfangen.« Ich arrangierte eine einstielige Rose diagonal über der Ecke des Frühstückstabletts. »Sie ist gerade abgereist, um die Fähre zu bekommen.«
»Die kann von Glück sagen, dass sie nicht mit dem Flieger wegwollte.« Ann-Marie stopfte die Wäsche in die Maschine und drückte auf den Startknopf. »Beim Bettenmachen hab ich in Sir Thomas’ Radio gehört, dass der Flug von heute Morgen gestrichen wurde.« Sie blickte aus dem Fenster. »Wahrscheinlich wegen der niedrigen Wolken. Die Flieger landen dann nicht.«
Ich starrte nachdenklich in den verhangenen Himmel. Was Ann-Marie da sagte, konnte auch für mich wichtig werden und bestätigte mich in meiner Skepsis, meine Flucht von Allt an Damh vorrangig per Flugzeug zu planen. Zum einen würde Moran meinen Wagen auf dieser langen, geraden Straße zum Flughafen leicht verfolgen – und abfangen – können, und
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