Das Geheimnis von Melody House
von ihr abfiel.
Sie verharrte einen Moment reglos, dann sagte sie: “Ich bin Ihr unerwünschter Gast und wollte gerade auf den Balkon gehen, als mir ein Windstoß den Vorhang ins Gesicht wehte. Und gleich darauf packte mich jemand äußerst unsanft.”
Sie spürte, wie sich der Schraubstock langsam löste. Für einen Sekundenbruchteil genoss sie es, von Matts muskulösen Armen umfasst zu werden, genoss die Wärme, die sein Körper abstrahlte, das angenehme Gefühl, gehalten zu werden, das pulsierende Leben, seine Männlichkeit und Sexualität. Darcy geriet leicht ins Taumeln.
Dann gaben seine Arme sie frei.
Eilig versuchte sie, ihr Gleichgewicht wieder zu finden, während er sie aus dem Vorhang wickelte, in dem sie sich hoffnungslos verheddert hatte.
Mit geröteten Wangen und zerzaustem Haar sah sie ihn an. “Was machen Sie auf meinem Balkon?” fragte sie energisch.
Matt verschränkte die Arme vor der Brust. “Zum einen ist es
mein
Balkon, und zum anderen bin ich nicht herumgeschlichen. Aber ich gebe die Frage gern an Sie weiter: Was bitte treibt Sie mitten in der Nacht auf den Balkon?”
“Ich habe etwas gehört.”
“Mich offensichtlich.”
“Aha – und was hat Sie nach draußen getrieben?”
“Ich habe etwas gehört – offenbar Sie.”
Sie schüttelte den Kopf. “Ich bin mir sicher, dass ich erst etwas hörte und dann auf den Balkon ging.”
“Ich gestatte mir, anderer Meinung zu sein.”
“Ich bitte Sie, das Ganze bekommt langsam etwas Lächerliches.”
Er musterte sie mit hochgezogener Augenbraue, und aus seinem Gesichtsausdruck ließ sich schließen, dass für ihn allein die Situation, sie in seinem Haus zu haben, etwas Lächerliches hatte.
Sie atmete tief aus. “Hören Sie, Ihre Nacht war unruhig genug … Da außer uns beiden niemand hier draußen ist, finde ich, dass wir jetzt beide wieder beruhigt ins Bett gehen können.”
“Sie sollten Ihre Balkontür künftig abschließen”, sagte Matt trocken.
“Und warum, wenn ich fragen darf?”
“Weil Ihnen jemand offensichtlich einen Streich spielen will.”
“Dann nehmen Sie also an, die Gefahr kommt von außerhalb?”
“Von wo sonst?”
“Warum weigern Sie sich so bloß so hartnäckig zu glauben, dass nicht alles auf der Welt rational erklärbar ist?” fragte sie leise.
“Ich weigere mich nur, an Gespenster zu glauben, sonst gar nichts.”
“Falls sich in diesem Haus wirklich bedrohliche Dinge zutragen, dann kommen sie von
innen”
, beharrte Darcy.
“Aber Sie wollen trotzdem weiter im Lee-Zimmer bleiben?”
Sie senkte den Kopf und betete um Geduld. “Warum haben Sie sich eigentlich bereit erklärt, uns in Ihr Haus zu lassen, wenn Sie so ein unverbesserlicher Skeptiker sind?”
“Weil ich Adam kenne. Und weil ich weiß, dass er jeden Hokuspokus, den jemand hier aufführt, aufdecken kann.”
“Adam ist ebenfalls zutiefst davon überzeugt, dass es Phänomene gibt, die sich jeder rationalen Erklärung entziehen. Und er glaubt an mich”, fügte sie hinzu.
Matt zuckte mit Schultern, dann ging er an ihr vorbei und betrat das Lee-Zimmer.
“Ich habe hier schon unzählige Nächte verbracht”, brummte er. In seinen Worten schwang ein Ton mit, den sie nicht recht einordnen konnte. Dann drehte er sich um und sah ihr direkt in die Augen. “Wirklich sehr viele Nächte. Und doch habe ich nie etwas Ungewöhnliches bemerkt. Ich habe auch kein Flüstern in der Dunkelheit gehört. Oder kalte Luftzüge gespürt.”
Sie presste die Lippen aufeinander. “Etwas Derartiges habe ich auch nie behauptet. Ich sagte doch, ich habe schlecht geträumt.”
“Richtig. Deshalb sind Sie schreiend die Treppe hinuntergerannt.”
“Es war ein wirklich scheußlicher Albtraum.”
Er machte einen Schritt auf sie zu, legte seine Hände auf ihre Schultern und schaute ihr tief in die Augen. Die körperliche Nähe elektrisierte Darcy. Sie roch seinen männlichen Duft, und die schlichte Berührung wirkte wie eine Liebkosung. Darcy versuchte sich einzureden, dass sie schon zu lange keinem so vitalen, faszinierenden Mann mehr begegnet war und ihre Sinne sich deswegen schärften, aber ganz gelang es ihr nicht. Sie neigte normalerweise nicht zu solchen Reaktionen, und das wusste sie.
“Darcy, auch ich glaube, dass hier etwas Ungutes vor sich geht. Aber etwas sehr Reales. Und ich will nicht, dass Ihnen etwas zustößt.”
Seine Worte klangen aufrichtig. Die unterschwellige Feindseligkeit war vollständig aus seinem Ton verschwunden, und Darcy
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