Das Geheimnis von Melody House
Irrtum, wie esie geststellen musste. Als sie dagegen prallte, wachte sie auf. Benommen blieb sie stehen und versuchte, die letzten Bilder ihres Traums abzuschütteln.
“Darcy?” Sie hörte hinter sich seine Stimme, die überrascht und besorgt klang.
Darcy traute sich nicht, sich umzudrehen, weil sie fürchtete, in seinen Augen nur Ablehnung zu entdecken. Mit gesenktem Kopf lief sie zum Bett, schnappte sich ihren Morgenrock, schlüpfte hinein und floh auf den Balkon. Draußen atmete sie die frische Nachtluft tief ein.
Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihr folgen und seine Hände auf ihre Schultern legen würde, aber seine warme, starke Präsenz hinter ihr tat ihr gut.
“Ist alles in Ordnung mit dir, Darcy?” Seine Stimme war tief und ernst.
“Ja. Hör zu, es tut mir wirklich Leid …”
“Es braucht dir nicht Leid zu tun. Was ist passiert?” fragte er. “Was war denn los? Hast du ein Geräusch gehört? War es im Haus?”
“Nein, nichts. Gar nichts. Nur ein Traum.”
“Erzähl mir davon.”
“Ich … da gibt es nichts zu erzählen. Ich habe ihn vergessen”, log sie.
“Darcy, bitte, erzähl mir …”
“Ich kann nicht. Ich weiß nicht mehr, was ich geträumt habe.”
“Okay, dann sag mir einfach …”
“Du willst nichts damit zu tun haben … mit mir, und das ist okay so, wirklich …”
“Ehrlich, Darcy, das Problem ist, dass ich einfach nicht genau weiß, was ich glauben oder nicht glauben soll. Ich wünschte, du würdest mir mehr darüber erzählen.”
Als sie herumfuhr, stellte sie erstaunt fest, dass in seinen Augen nicht wie vermutet Abscheu, sondern allein Zärtlichkeit stand. Seltsamerweise aber bestärkte sie das in ihrem Entschluss, sich zurückzuziehen. Er verstand wirklich nicht einmal die Hälfte von allem. Er glaubte es immer noch nicht. Denn wenn er es glauben würde, würde er sich von ihr abwenden.
Sie hob die Hände. “Es ist schwierig, etwas zu erklären, was man selbst nicht ganz versteht.”
“Gut. Dann lass mich dir helfen.” Er strich ihr das Haar zurück, das ihr der Nachtwind übers Gesicht wehte. “Hast du diese … Visionen schon immer?”
Sie schüttelte den Kopf. “Nein.”
“Und seit wann hast du sie?”
Sie musste sich von ihm abwenden und umklammerte die Balkonbrüstung. In der Ferne zeichneten sich die Berge blauschwarz vor dem vom Mondlicht erhellten Horizont ab. Die ganze Welt schien friedlich zu schlafen. Nur in ihr tobte ein unerbittlicher Kampf.
“Auf der High School war ich eng mit Adam Harrisons Sohn Josh befreundet. Ich habe ihn sehr gemocht. Aber er war ein Außenseiter, von dem sich die meisten fern hielten. Sie fanden ihn seltsam. Manchmal war er selbst mir unheimlich. Er hatte diese Gabe … Er konnte vorhersagen, wann es regnen oder schneien würde, wann der Teich richtig fest zugefroren sein oder wann das Eis brechen würde. Aber das war nicht alles. Einmal hat er behauptet, wir würden einen Test schreiben, obwohl nichts angekündigt war, und als wir ins Klassenzimmer kamen, erfuhren wir, dass es tatsächlich so war. Oder er wusste, dass Mrs. Malone eine ganze Weile nicht da sein würde, weil ihr Mann sterben würde. Nun wusste er auch nicht alles. Aber es kam eben vor, dass er Dinge wusste, die er eigentlich nicht hätte wissen können.”
“Und was macht Adams Sohn jetzt? Arbeitet er auch mit euch zusammen?”
Darcy schüttelte langsam den Kopf. “Josh ist tot.”
“Oh. Das tut mir Leid”, sagte Matt. “Wirklich sehr Leid.” Und dann, eine Sekunde später: “Was ist passiert?”
Darcy schüttelte wieder den Kopf und holte tief Luft. “Er ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ich saß mit ihm zusammen im Wagen. Ich war damals mit Hunter zusammen, einem Mitschüler aus der High School, aber kurz vor dem Abschlussball hatten wir Krach, deshalb fragte ich Josh, ob er nicht Lust hätte, mit mir zu dem Ball zu gehen. Das hat für einige Eifersüchteleien gesorgt, und einer von Hunters Freunden beschloss, Josh nach dem Abschlussball ein bisschen einzuheizen, indem er das Auto, in dem Josh und ich saßen, mehrmals rammte. Die Sache geriet außer Kontrolle, und es kam zu einem schweren Unfall, bei dem Josh und Hunters Freund ums Leben kamen, während Hunter und ich überlebten. Und dann …”
“Und dann?” drängte er sanft, als sie nicht weitersprach.
Es dauerte noch eine Weile, bis sie den Kopf wandte und ihm in die Augen schaute. “Bei der Beerdigung hatte ich das Gefühl, als ob Josh ebenfalls
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