Das Geheimnis von Mulberry Hall
selbst zubereiten. Ich gehe hoch und pack meine Sachen, damit wir nachher schneller los können.“ Damit marschierte sie aus der Küche.
Sie mochte aufsässig und stur wie ein Esel sein, trotzdem hatte Lucan nie eine süßere, witzigere Frau als sie kennengelernt. Und genau dort lauerte die Gefahr …
„Nun?“
Lucan lehnte sich entspannt auf seinem Stuhl zurück, als Lexie in der Tür erschien. „Nun, was?“ Seelenruhig saß er am Tisch und kaute auf seinem Toast herum.
„Na, falls du es nicht bemerkt hast, es hat aufgehört zu schneien“, erklärte sie ungeduldig.
„Ist mir nicht entgangen.“
„Und?“
„Und w…?“
„Wenn du jetzt Und was? sagst, schlag ich dich“, informierte sie ihn kühl, nachdem sie ihm mit einer eindeutigen Handbewegung das Wort abgeschnitten hatte. Dabei war sie so wütend, dass sie am liebsten den nächstbesten Teller an die Wand geschleudert hätte.
Lucan zog beide Brauen hoch. „Ich wollte dich die ganze Zeit schon fragen, was so Wichtiges in London auf dich wartet.“
„Zivilisation!“, schleuderte sie ihm entgegen.
Wieder einmal musste er über die Situationskomik lachen. Lexie versuchte ja nicht einmal, ihrer vorlauten Zunge Einhalt zu gebieten. Ein erfrischender Charakterzug für einen Mann, der über alles, was er anderen gegenüber von sich gab, gründlich nachdachte. Von Lucans wohlüberlegten Worten hingen oft Millionen von Pfund und Tausende von Arbeitsplätzen ab, da konnte man leicht verlernen, spontan zu handeln. Es war ein Leben, in dem wenig Raum für individuelle Verrücktheiten blieb.
„Die wird auch morgen noch da sein“, sagte er mild.
„Ich will aber heute zurück!“
Gelassen hob er die Schultern. „Wir bekommen aber nicht immer, was wir wollen.“
„Jetzt wirst du wieder albern. Wieso sträubst du dich so gegen die Abreise?“
„John erwähnte gestern, er müsste noch ein paar Angelegenheiten mit mir durchsprechen, bevor ich wieder für längere Zeit weg bin.“
„Geht es ums Grundstück?“, fragte Lexie mit erstickter Stimme und befürchtete schon das Schlimmste. Hatte Johns Frau Cathy etwa schon ihre Schlüsse gezogen?
„Glaub schon.“
„Aha.“ Gut, überlegte Lexie. Demnach hat Lucan auch einen triftigen Grund, noch zu bleiben.
Sie dachte daran, wie er gerade eben gelacht hatte. Es veränderte sein ganzes Gesicht, und seine Augen begannen Wärme auszustrahlen. Auf den Wangen bildeten sich Grübchen, und kleine Falten ließen seine Miene plötzlich fast herzlich wirken. Ein fataler Anblick, wie Lexie fand, denn Lucan war in diesem Moment einfach nur zum Verlieben.
Gütiger Himmel! Ständig musste sie an Sex denken, sobald sie sich in der Nähe dieses Kerls befand. Seine Ausstrahlung allein war die pure Verführung. Sex oder Liebe machen? Rein körperlich mit einem Mann intim zu werden, kam für Lexie nie infrage. Vermutlich war sie daher auch mit vierundzwanzig Jahren noch Jungfrau!
Dennoch, es gab keinen Zweifel mehr daran, dass sie sich Lucan St. Claire als ihren ersten Liebhaber wünschte. Nur ihn und niemanden sonst.
War ihre Großmutter vor all den Jahren etwa in die gleiche Falle getappt? Besaß Lucan dieselbe magische Anziehungskraft, die schon sein Vater auf Nanna Sian ausgeübt hatte? Eine Macht, gegen die selbst eine für gewöhnlich äußerst vernünftige, logisch denkende Frau keine Chance hatte?
Das wollte Lexie auf keinen Fall!
„Wenn das so ist …“, murmelte sie etwas versöhnlicher.
„Danke für dein Verständnis.“
„Gern geschehen.“ Sie konnte ihren Blick nicht von seinen dunklen Augen losreißen, als er ihr unerwartet eine Hand an die Wange legte. „Was machst du denn da?“, fragte sie heiser.
Er lächelte schief. „Du siehst ein bisschen … aufgeregt aus.“
Sie war viel mehr als nur aufgeregt. Erregt traf es wohl eher!
„Du wirst doch wohl nicht krank werden?“
Was soll ich denn haben, dachte sie ironisch. Lucanitis?
Sie musste unbedingt etwas sagen, irgendetwas Unverfängliches. Egal was! Hauptsache, es brach den erotischen Bann zwischen ihnen. „Trägst du deine Haare eigentlich immer so kurz?“
Mit der freien Hand strich Lucan sich über den Kopf. „Gefällt es dir nicht?“ Seine Stimme war zu tief, um gleichgültig zu klingen.
Scheinbar nachdenklich und zögernd schob Lexie die Lippen vor. „Es macht dich irgendwie …“
„Älter?“
„Ich wollte ernst sagen“, korrigierte sie ihn.
Sein spöttisches Grinsen verriet, dass er ihr kein Wort glaubte. „Ich
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